Insgesamt fand ich es wirklich super!
Ich bin ja mit sehr hohen Erwartungen nach Bad Salzungen gekommen. Wer schon ein paar Beiträge von mir gelesen hat, weiß vielleicht, dass es nicht einfach war, dorthin zu kommen, und ich auch schon ziemlich viele, merkwürdige Erlebnisse mit Orthopäden hatte, die ich wegen meiner Skoliose aufgesucht hatte.
Zu mir noch mal kurz: Ich bin weiblich, 25 Jahre alt. Meine Skoliose wurde relativ früh entdeckt (wohl auch, weil ich wegen anderem Kram schon als kleines Kind zur Krankengymnastik gegangen bin), aber leider nicht ausreichend therapiert. Da ich mit 16 Jahren nur eine recht moderate Krümmung von ~23° (allerdings im Liegen geröntgt, wenn ich mich recht entsinne), bekam ich nie ein Korsett („nicht mehr nötig“) und machte nur noch sporadisch KG. Ein relativ später Wachstumsschub bescherte mir dann eine Krümmungszunahme auf über 40°.
Soo, jetzt zu BaSa, Es gibt ja schon einen sehr ausführlichen Bericht von Klaus, also schreibe ich nur ein paar Sachen, die ich wichtig fand und die vielleicht interessant für andere sind:
Der Start:
Am Anreisetag war die Aufnahmeuntersuchung. Mein Stationsarzt war der Herr Miller, der wirklich ein netter Typ ist.Ich hatte Röbis (Ganzaufnahmen im Stand) mitgebracht, die er ausmaß. Ich war dann erst mal ein bisschen geschockt. Ich war von 37° (2001) und 42° (2005) ausgegangen, hier wurden 40° bzw. 47° gemessen

Die erste Einstufung, also welches Skoliosemuster vorliegt, erfolgte durch die Physiotherapeuten, ebenfalls am ersten Tag. Ich wurde als 4BH links eingeordnet (ich weiß nicht, ob diese Begriffe an anderer Stelle im Forum erklärt werden??). Tja, mein Skoliosemuster: Ich habe einen langen Bogen thorakolumbal nach rechts. Oben ist eine Art kleiner Gegenschwung nach links (deshalb zunächst die 4BH links) und unten am Becken geht’s auch ein wenig nach links los (?). Meine prominente Hüfte steht links raus. Naja. Am Freitag wurde ich dann zu 3BH rechts, da die Übungen so einfach „besser passten“. Wegen dieser Umstellung (zuhause war ich auch 4BH links) hatte ich relativ viel „Gesprächsbedarf“ und meine Fragen wurden zum Glück auch recht geduldig beantwortet. Freitag morgens ist wohl immer die Besprechung der Ärzte und Therapeuten, zu der auch Dr. Steffan kommt. Bei mir wäre wohl beides möglich, hieß es hinterher. Als 3BH rechts fühlte ich mich aber eigentlich wohler

Eine Woche wurde in der sog. Einführungsgruppe geschrothet. Dazu wollte ich jetzt nicht allzu viel schreiben, nur soviel: ich habe jetzt schon lange ambulant Schroth bei einer kompetenten Therapeutin gemacht. Aber ich habe erst in der Reha richtig verstanden, was zu tun ist. Also unterstütze ich die Aussage, dass man Schroth am besten (oder nur) richtig in einer entsprechenden Reha lernt! Nach der ersten Woche kam ich in eine 3B-Gruppe, zu Jens. Den fand ich wirklich sehr nett. Ich will ja immer alles ganz genau wissen (ein paar andere in der Gruppe auch), und er hat sich auch die Zeit genommen, unsere vielen Fragen zu beantworten.
Chefarztvisite:
Die Chefarztvisite ist normalerweise montags nach der Anreise. Weil da aber ein Feiertag war, fand sie erst nach 1,5 Wochen statt. Als ich dann vor Dr. Steffan stand, hatte ich natürlich alle Fragen vergessen (also macht euch besser nen Zettel J). Er fand aber, dass ich nach etwas über einer Woche Schroth schon ganz gut dastehe, und da ich noch ziemlich flexibel bin (ich wurde hin und her gebogen), könnte ich auch noch einiges erreichen, womit er recht behalten sollte. Grade noch rechtzeitig fiel mir ein, dass ich meine Kieferprobleme und mein Zähneknirschen erwähnen wollte. Er meinte, man könnte das mal mit speziellen Schuheinlagen versuchen. Ich war erst etwas irritiert (Schuheinlagen für den Kiefer?!), aber ich bin ja generell bereit, alles mal zu versuchen.

Also ging es zum Orthopädietechniker Winkler in Bad Salzungen. Den fand ich wirklich sehr nett. Meine komplette Kiefer-Story gehört hier irgendwie nicht her, aber was ich sagen wollte, ist, dass Herr Winkler sehr sorgfältig war, viele Fragen stellte, meine geduldig beantwortete und mir sogar eine Adresse gab (von ihm recherchiert), die mir bei der Zahnarztsuche helfen sollte.
Der Tag:
Um 8:00 gings los, fertig war ich um 16:15, manchmal auch später. Neben Schroth in der Gruppe (2x 1h am Tag) und im freien Üben (auch meistens 2x 50-60 min täglich) gab es Fango (2x/Woche), Atemmassage (1x/Wo). Mehrmals pro Woche war Atemtherapie in der Gruppe. Außerdem hatte ich meistens 2x wöchentlich Sequenztraining und 2x wöchentlich Fahrradergometer. Wegen meiner Totalverspannung gabs später noch Hydrojet. Schön fand ich, dass es etwas Abwechslung gab: Nordic Walking um den See mit der Gruppe, Klettern an der kleinen Kletterwand oder gegenseitige Massage der Atemstellen bei der Atemtherapie. Weil ich wegen dem vorangegangen Stress (Diplomarbeit) noch ziemlich fertig und durcheinander war (das hat der arme Herr Miller auch zu spüren gekriegt

Die Nacht:
Die ersten 1,5 Wochen bin ich um 21 Uhr eingepennt, falls die pubertierenden Krawallmacher im Zimmer neben mir das zuließen

Das Wochenende:
Ich war in Eisenach und auf der Wartburg, ein Mal nur im Keltenbad (Solebad), ein wenig Wandern und v.a. Kaffee trinken und Kuchen essen... Übernachtungsgäste hatte ich auch, dazu wurde ein Zustellbett in mein Ein-Bett-Zimmerchen gestellt (mit Frühstück 23 Euro). Das gab irgendwie ein wenig Klassenfahrt-Feeling.

Schroth und Aua:
Ich war am Anfang etwas zu brutal. Da ich das mit dem Atmen noch nicht so hingekriegt habe, habe ich mit viel Kraft „gerafft“, was das Zeug hält. Nach ein paar Tagen waren dann Nacken und Schultern total verspannt, meine Ohren gingen zu und mir war richtig schwindelig. Das besserte sich dann aber nach zwei Wochen, vor allem, als ich mein Kissen von zuhause endlich hatte. (Die Klinikkissen gehen ja gar nicht!! Und das zur Verfügung gestellte Tempur leider auch nicht.) Es hatten eigentlich fast alle Probleme mit Verspannungen, v.a. in der ersten Zeit. Ansonsten tat mit mein Paketchen weh vom energischen Raffen und am Anfang allgemein das Kreuz. Schmerzen anderer Art, wie zuhause, hatte ich erfreulicherweise nicht. Das zeigte mir, dass meine Probleme wohl vor allem durch zu langes Sitzen und Bewegungsmangel ausgelöst werden (gut, dagegen kann man ja was tun!).
Die Mitpatienten:
Ich habe wirklich viele nette Leute kennengelernt. Was mich allerdings von Anfang an irritiert hat, war, wie einfach manche Leute offenbar an ihre Kur gekommen waren: Da gab es eine Erwachsene mit weniger als 20°, die auch nach eigener Aussage noch nie Rückenschmerzen hatte. Oder einen muskulösen, kerzengraden jungen Mann (ich konnte auch keine Kyphose erkennen, ehrlich gesagt), der munter seinen Koffer die Treppen hochschleppte. Andere, denen es offenkundig schlechter ging, hatten lange gekämpft. Das fand ich echt merkwürdig. Natürlich gönne ich jedem die beste Reha. Allerdings scheint da bei den Ärzten und Kostenträgern doch einiges schief zu laufen. Nur eine Patientin, die auch wegen ihren Problemen besser woanders gewesen wäre, wie sie zumindestens selber meinte, sagte offen, dass sie ihren Platz eigentlich lieber einem/r Skoliosekranken zur Verfügung gestellt hätte, was ich hochanständig fand.
Sonst war das Publikum sehr gemischt. Als ich ankam, waren noch viele junge Leute (Herbstferien) da. Ansonsten ging das von 15 bis über 60, die Frauen waren deutlich in der Überzahl. Drei Patientinnen waren sogar aus den Niederlanden angereist!
Und der Erfolg nach 5 Wochen:
Ich habe 14 Tage verlängert, blieb also insgesamt 5 Wochen. Die letzte Woche hat sich ganz schön hingezogen. Der Aufenthalt hat sich aber auf jeden Fall gelohnt: Seitabweichung verringert, deutlich bessere Skoliometer-Werte, zwar nur einen knappen cm gewachsen (aber ich bin ja eh schon groß genug). Vorher ragte meine Hüfte ja nur nach links raus, rechts war praktisch keine Taille, das hat sich sichtbar verbessert (jetzt zieh ich auch wieder Bikini an!!). Dazu gabs schicke neue Muskeln und trotz der Kuchenmampferei einen kleinen Gewichtsverlust. Ich bin also total begeistert.


Sooo, das wars. Ich fürchte, dass war nicht so informativ. Aber vielleicht interessiert es ja trotzdem.
Liebe Grüße,
Charp