Die Geschichte einer Korsett-Therapie

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CH-heftig
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Die Geschichte einer Korsett-Therapie

Beitrag von CH-heftig »

Die Geschichte einer Korsett Therapie


14.10.2004, Patientin 13 Jahre, 160 Gross, 36 Kg,.
RTG: WS a-p soweit beurteilbar ohne Korsett Linkskonvexe Skoliose 28° Lumbal, 12° Thorakal. Aufklärung: Unbedingt Korsett, wird damit wieder gerade, KG, Sport.

November 2004, Korsett, KG. Tragezeit 23 Stunden, Hämatome an Schulterblättern, Huften.
Korsett 2 mall vom Orthopädietechniker Kontrolliert und Angepasst.

03.03.2005 Erste Ärztliche Kontrolle. RTG im Korsett: 30° Lumbal, 10° Thorakal.

06.06.2005 Kontrolle durch Kinderorthopäden: Dass Korsett sei total falsch, ab sofort nicht mehr tragen, neues Korsett.

Über 1 Monat ohne Korsett, am 20.07.2005 RTG Kontrolle im Neuen Korsett: 25° Lumbal, 17° Thorakal. Gemäss Ärzten eine sehr gute Korrektur im Korsett.

06.02.2006 Kontrolle durch Kinderorthopäden, RTG ohne Korsett: 32° Lumbal, 24° Thorakal. Neues Korsett Verordnet, die Behandlung verlaufe gut.

21.04.2006 RTG Kontrolle im Neuen Korsett: 34° Lumbal, 24° Thorakal. Gemäss Ärzten: Korsett sitzt gut und Korrigiert genügend, die Behandlung verlaufe gut.

22.03.2007 RTG Kontrolle ohne Korsett: 40° Lumbal, 30° Thorakal. Erst nach mehrmaligen nachfragen Antworteten die Ärzte dass die Skoliose „etwas zugenommen hatte“. Neues Korsett verordnet.

Sofort Abbruch der Behandlung bei den bisher Behandelten Ärzten. April 2007, 1 Monat Bad Sorbenheim, erstmall KG nach Schrott, Cheneu Light Korsett, RTG Mai 2007 im Korsett: 28° Lumbal, 20° Thorakal, eine bessere Korrektur im Korsett sei nicht mehr möglich.

14.12.2007 RTG ohne Korsett Lumbal 31°, Thorakal 26, Risser 4. Im Februar 2008 verweigerte der neue Orthopäde einen Neuen Korsett.

April 2008 Korsett vom Rahmouni. Mai 2008 RTG Kontrolle im Korsett Lumbal 14°, Thorakal 13°.

Bitte um Eure Meinung.


CH-Heftig
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Dalia
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Diagnose: 107° und 98° (im Jahr 2003 zu Beginn der Korsetttherapie: 98° und 93°), sehr starre Skoliose, kaum Beschwerden
Therapie: 1983-1994 Korsetts verschiedener OTs, zuletzt bei Rahmouni, dann Korsettabschulung im Jahr 1994, seit 05/2005 bis etwa 2018 Nachtkorsett von Rahmouni, Therapieziel: Halten der Skoliose, seit 2018 keine Therapie mehr
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Beitrag von Dalia »

Toll. :zustimm: Aber noch interessanter wäre deine Meinung bzw. die deiner Tochter. Wie geht es ihr? Wie kommt sie mit dem Korsett klar? Hat sie das ganze Hin und Her (das mir nur zu gut bekannt aus meiner Kindheit ist) gut verkraftet? Seid ihr zufrieden?

Übrigens, bitte schreibe deine Geschichte nur einmal. Ich habe deine anderen beiden Postings gelöscht, weil Doppel- und Mehrfachpostings mit den darauffolgenden Antworten die Leser nur verwirren würden.
Ich kann dem Leben nicht mehr Tage geben, aber dem Tag mehr Leben. (Bertolt Brecht)
meine Geschichte: Dalia wird Königin (Korsett für eine Oldie-Power-Skoliose)
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BZebra
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Re: Die Geschichte einer Korsett-Therapie

Beitrag von BZebra »

CH-heftig hat geschrieben:Bitte um Eure Meinung.
Gründe für Misserfolge in der Skoliose-Behandlung
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Klaus
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Beitrag von Klaus »

CH-heftig hat geschrieben:Bitte um Eure Meinung.
Bist Du Schweizer?

Dann wäre es sehr hilfreich, konkret den Weg nach Deutschland zu beschreiben.

Gruss
Klaus
CH-heftig
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Beitrag von CH-heftig »

Hallo Dalia

Vielen Dank für Deine Fragen.

Es tut mir Leid zu Lesen, dass es bei Dir auch so gelaufen ist.

Meine Tochter hatte schon vor einem Jahr in Bad Sorbenheim Begriffen, dass die 30 Monatige Behandlung in der CH falsch war und es ging Ihr lange sehr schlecht. Die ganze Familie war schockiert.

Meine Meinung habe ich den Behandelnden Ärzten letztes Jahr versucht zu erklären. Ich habe mit den beiden einen Geschpräch gesucht um zu verhindern, dass solche Behandlungsfehler auch bei den anderen Kindern vorkommen. Die beiden wollten es nicht war haben.
Noch mehr, die Behaupteten, dass die im Bad Sorbenheim gemessene Verbesserung der Skoliose vom 40° am 22.03.2007 ohne Korsett auf 28° im Korsett im April 2007 gar keine Verbesserung sei, dies basiert auf unterschiedlichen Messmethoden.
Könnt Ihr Euch dass vorstellen? Ich stehe vor RTG Bildern mit 2 Skoliosespecialisten und die reden mir ein, dass es keine Verbesserung der Skoliose trotz neuem Korsett gibt, es sei jetzt im Korsett ja gleich wie vorher ohne Korsett. Fast hätte ich es geglaubt und die Korsettbehandlung abgebrochen. Aber meine Tochter ging hinkend mit sichtbarem Beckenschiefstand nach Bad Sorbenheim und kam gerade laufend und gestreckt zurück.
Deswegen haben wir die Korsettbehandlung mit erfolg beim anderen Orthopäden weitergeführt. Seit April 2008 trägt Sie ein Rahmouni Korsett.
Wir können den Herrn Rahmouni und sein ganzes Team nur sehr, sehr, sehr dringend Empfehlen, nicht nur Fachmännisch sondern auch Menschlich.

CH-heftig
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BZebra
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Beitrag von BZebra »

Da sie ja auch Chêneau-Light hatte, und jetzt ein Rahmouni. Wie beurteilt eure Tochter denn die Unterschiede der beiden Korsette abgesehen von unterschiedlicher Korrektur.

Das Chêneau-Light soll ja "leichter" sein als ein normales Chêneau, wie sieht es in der Praxis aus, in welchen Aspekten erfüllt es diesen Anspruch, in welchen vielleicht weniger? Wie empfindet sie die Unterschiede zwischen Rahmouni und Chênau-Light?
CH-heftig hat geschrieben:Ich stehe vor RTG Bildern mit 2 Skoliosespecialisten und die reden mir ein, dass es keine Verbesserung der Skoliose trotz neuem Korsett gibt, es sei jetzt im Korsett ja gleich wie vorher ohne Korsett. Fast hätte ich es geglaubt und die Korsettbehandlung abgebrochen.
Für solche Situationen kann man nur empfehlen, werdet selbständig! Es gibt doch gar keinen Grund sich etwas von anderen über Gradzahlen erzählen zu lassen, wenn man sie doch ganz einfach selbst ausmessen kann: skoliosimetrie.php ;)
CH-heftig
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Beitrag von CH-heftig »

Wie beurteilt eure Tochter denn die Unterschiede der beiden Korsette abgesehen von unterschiedlicher Korrektur.

Ich muss noch etwas ergänzen: während 30 Monaten trug meine Tochter 3 Korsette von der Firma Münger Orthopädie Luzern und zwar bis April 2007. Das einzige was diese 3 Korsetten mit den Chêneau Korsetten gemeinsam hatten war der Name. Nicht nur keine sondern falsche Korrektur, die Wirbelsäule wurde mit diesen Korsetten der Firma Münger Orthopädie in die falsche Richtung geschoben.

Seit Mai 2007 trug Sie einen Chêneau-Light, Primarkorrektur war 30%, mehr war gemäß Orthopädietechniker nicht drin. Die Korrektur betrug bis 14.12.2007, 9° COB Winkel Lumbal, vom 40° auf 31° Korsettfrei. Es wurde aber leider keine Verbesserung der Rotation erreicht, was eher nicht für eine dauerhafte Korrektur spricht. Chêneau-Light war in vergleich zu Rahmouni kleiner, leichter und gemäß meiner Tochter viel Komfortabler zu tragen als Rahmouni Korsett. Ich glaube nicht dass Chêneau-Light Orthesen eine Derotation der Skoliose bewirken können und sind somit eher für kleinere COB Winkel geeignet.

Falls ein Korsett, dann eines welches eine 50% Korrektur der Krümmung und eine Derotation der Wirbel bewirkt. Nur so kann eine dauerhafte Aufrichtung der WS erfolgen. Trotz des fortgeschrittenen Skeletwachstums ereichte Rahmouni im Mai 2008 eine 50% Korrektur.

CH-Heftig
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Strafanzeige wegen Skoliosebehandlung-Gutachten

Beitrag von CH-heftig »

GUTACHTEN

Strafverfahren gegen Prof. Dr. med. F, Dr. med. R. und Hans-R. wegen fahrlässiger Körperverletzung zum Nachteil von Patientin N.

Sehr geehrte Frau Untersuchungsrichterin

Das Gutachten wird erstellt in der Folge Ihres Auftrags, ausgestellt vorn Amtsstatthalteramt L. mit dem Datum vom 09.03.2009. Unsererseits wird die Zusage erteilt mit dem Vorschlag, Dr. J. als Co-Autor miteinzubeziehen. Zudem werden vom Statthalteramt nachfolgend die Unterlagen über die Angelegenheit zugestellt. Der Fragenkatalog wird mit dem Schreiben vorn 09.03.2009 mitgeliefert. Wir gehen davon aus, dass die uns zugestellten Unterlagen zur Beurteilung der Situation und der Beantwortung der Fragen ausreichend sind.


I. AKTENLAGE

18.09.2004 Zuweisungszeugnis an die ärztliche Leitung Kinderorthopädie, Kinderspital L., durch Dr. U.. Als Diagnose wird eine massive Skoliose der gesamten Wirbelsäule beschrieben. Zudem wird ein Bodymass-Index von 40 (160cm, 36kg) erwähnt. Zusätzlich zur Anamnese sind Rücken¬schmerzen beim Sitzen festgehalten.

14.10.2004 Bericht der ambulanten Behandlung, Kantonsspital L. Der untersuchende Arzt (Dr. S.) beschreibt eine schlanke Patientin mit sichtbarer Skoliose, Interessen musisch und intellektuell, weniger körperliche Betätigung. Die Klinik ergibt eine unauffällige Neurologie, eine Asymmetrie des Rumpfes mit Lendenwulst links und entsprechend klinisch sichtbarer Torsionsskoliose. Gute Beweglichkeit der Wirbelsäule.
Röntgen: 28° linkskonvex LWS, 12° rechtskonvex BWS. Keine Anomalien. Es wird eine Korsettierung indiziert und verordnet (Firma M, L.). Zudem Verordnung für Physiotherapie. Die Applikation eines Beinlängenausgleichs soll nach einer Kontrollkonsultation mit Röntgen im Korsett bestimmt werden.

15.10.2004 Radiologischer Kommentar der Wirbelsäulenaufnahme ap und seitlich vom 14.10.2004: Linkskonvexe Torsionsskoliose der LWS mit Winkel 28° zwischen BWK12 und LWK3. Rechtskonvexe Angulation der BWS mit 16° (Th3 -Th12). Beckenschiefstand mit rechts hoch 1,5cm.

21.10.2004 l V-Verfügung zur Uebernahrne der Behandlungskosten.

Bericht der ambulanten Kontrolle vom 03.03.2005, Kantonsspital L. (Dr. S.): Der Sitz des Korsetts wird kontrolliert. Offenbar ist die Patientin durch das Korsett erheblich gestört (Schulterblätter und Gesäss). Im Röntgen mit Korsett wird eine Aufhebung der oberen Krümmung und eine leichte Korrektur (26°) der lumbalen Kurve beschrieben. Der Radiologiebericht (Dr. C.): 10° BWS-Skoliose und 30° LWS-Skoliose, Angulation lumbosacral 15°.
Dr. S. verordnet eine Anpassung des Korsetts und plant eine gemeinsame Konsultation mit Prof. H., der in L. konsiliarisch tätig ist.

06.06.2005 Bericht ambulante Kontrolle Prof. H: Die Wirbelsäule wird im Korsett als „im Lot" beschrieben. Das Korsett korrigiere tieflumbal gut, die Korrektur reiche jedoch zu wenig weit hinauf. „Hier ist im Korsett auch ein grosses Luftloch." Er vereinbart mit Herrn M. ( Orthopedietechiker ) die Anfertigung eines neuen Korsetts, das links im Lendenwulstbereich weiter hochgezogen werden soll.

Bericht ambulante Behandlung 20.07.2005, Kantonsspital L.: Das neue Korsett sei nun besser toleriert. Körpergrösse 165cm, sehr schlank. Das Röntgen zeigt eine Verbesserung der Krümmung im lumbalen Bereich auf 25° und eine linkskonvexe Gegenkrümmung von 10° im Bereich der BWS. Diese sei neu aufgetreten. Klinisch findet hier durch das Korsett ein etwas starker Druck nach links statt. Dies erklärt die neu aufgetretene Gegenkrümmung der BWS. Weiterhin verordnet werden Physiotherapie, Schwimmen, Sport und konsequentes Tragen des Korsetts. Im Radiologiebericht gleichen Datums wird keine Veränderung gegenüber der Voruntersuchung festgestellt (Th7-Th12 17° undTh12-Th325°).

Ambulante Kontrolle Kantonsspital L. Dr. S., vom 04,02.2006: Die Konsultation findet gemeinsam mit Prof. H. statt. Körpergrösse 166cm. Im Röntgen ohne Korsett zeigt sich eine linkskonvexe Skoliose von 32° im lumbalen Bereich. Der Radiologe beschreibt eine rechtskonvexe Angulation von 24° (BWK7 bis BWK12) sowie eine linkskonvexe Angulation (BWK12 bis LWK4) von 32°. Er beschreibt eine Zunahme der Skoliosewinkel gegenüber den Vor¬aufnahmen (damals im Korsett, heute ohne Korsett). Aufgrund der Befunde wird ein neues Korsett verordnet.

23.04.2006 Ambulante Beurteilung Kantonsspital L., zusammen mit Prof. H.: Obwohl das neue Korsett noch Druckstellen aufweise, sei das Mädchen bereit, das Korsett weiter zu tragen. Bei radiologisch unveränderten Befunden wird eine entsprechende Korsettanpassung verordnet. Der Radiologe beschreibt eine linkskonvexe Torsionsskoliose im Korsett von 34° und eine rechtskonvexe Gegenkrümmung von 24°.

Ambulante Kontrolle im Kantonsspital L. mit Prof. H. vom 30.06.2006: Bei klinisch unauffälliger Situation wird auf eine zusätzliche Röntgenkontrolle diesmal verzichtet.

Ambulante Kontrolle mit Prof. H, Kantonsspital L, vom 22.03.2007: Anamnestisch werden morgens beim Aufstehen Rückenschmerzen beschrieben, die aber im Korsett verschwinden. Sport und Positionsübungen seien schmerzfrei durchführbar. Die Menarche sei ca. Sept. 2006 eingetreten. Im Radiologiebericht des gleichen Tages wird keine Veränderung gegenüber den Voraufnahmen festgestellt. Die Kliniker stellen einen Cobb-Winkel von 40° zwischen Th12 und LWK4 fest. Das Lot fällt 3cm nach links. Das Taillendreieck wird links mit 3,5cm und rechts mit 2cm beschrieben, zudem besteht ein Lendenwulst von 12° rechts. Bei dieser Situation wird ein neues Korsett verordnet sowie die Weiterführung der Physiotherapie vorgesehen.

Email-Korrespondenz vom 29./30.03.2007 Dr. M/Prof. H: Dr. M. informiert Prof. H. über den Wunsch des Vaters für eine Verordnung für das Spine-Cor. Zudem wünsche der Vater eine Verordnung für eine 4wöchige Rehabilitation in der Katharina-Schroth-Klinik in Deutschland. Er berichtet auch über Schwierigkeiten, die Tochter von Sinn eines starren Korsetts zu über¬zeugen. Prof. H. erklärt sich bereit, mit dem Vater der Patientin Kontakt aufzunehmen. (Weitere Unterlagen dazu liegen uns nicht vor.)

16.05.2007 Austrittsbericht der Katharina-Schroth-Klinik in Bad Sobernheim: Die Patientin verbrachte die Zeit vorn 18.04.-16.05.2007 in der Klinik. In der ausführlichen Anamnese wird u.a. eine Leichte Wirbelsäulenverbiegung des Vaters erwähnt. Es werden Schmerzen beim Tragen des Korsetts im LWS-Bereich als aktuelle Beschwerden angegeben. Es wird festgehalten, dass die Patientin bisher mit einem Korsett Typ Cheneau versorgt war. Dieses sei zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht mehr passgerecht wegen starkem Wachstumsschub in letzter Zeit. Es wurde deshalb ein Korsett Typ Cheneau light angeordnet und angefertigt. Der klinische Eintrittsbefund wird mit der typischen skoliotischen Deformität des Rumpfes beschrieben, wobei in einem Zwischenuntersuch offenbar bereits eine Verbesserung festgestellt werden konnte. Radiologisch fand man am 22.03.2007 einen Krürnmungswinkel von 27° thoracal und 37° thoracolumbal. Zudem wird eine dort angefertigte Röntgenaufnahme (11.05.2007) mit einem Krümmungswinkel von 20° thoracal und 30° thoracolumbal beschrieben. Diese Befunde führten zu einer Nach¬doppelung mit einer Lumbalpelotte. Als Abschlussbefund wird eine signifikante Verbesserung der Situation beschrieben und eine Zufriedenheit der Patientin ausgedrückt. Im Abschlussbericht wird erwähnt, dass die Patientin im Erwachsenenalter mit einer schleichenden Progredienz konfrontiert werden könnte. Es sollte daher weiterhin ein Uebungsprogramm verfolgt werden und eine Berufswahl getroffen werden, bei der häufige Wechsel von Stehen, Sitzen und Gehen realisierbar sind.

Ambulante Kontrolle, Kantonsspital L., 19.07.2007: Es wird eine Un¬zufriedenheit von Vater und Tochter festgestellt, die zum Wunsch des Abbruchs der Behandlung in L. führt. Basierend darauf weigert sich die Patientin für eine zusätzliche Untersuchung.

30.08.2007 Bericht der Katharina-Schroth-Klinik auf ein Schreiben der Advokatur , das uns nicht vorliegt: Es wird retrospektiv ein zu kleines Korsett bei Klinikeintritt beschrieben. Zudem wird die Neuverordnung eines Korsetts mit der fehlenden Passgrösse des alten Korsetts ais auch durch die „hochmotivierte und ehrgeizige Patientin mit deutlichem Leidensdruck" gerechtfertigt, dies trotz der mittlerweile vorhandenen körperlichen Reife. Eine Versorgung mit dein Spine-Cor wurde angesichts des Reifezustandes nicht für angemessen angesehen. Des Weiteren wird vermutlich prognostisch ausgesagt, dass eine zusätzliche Verschlechterung unter Umständen bis über 50° zu erwarten gewesen wäre. Abschliessend wird festgehalten, dass die Voraussage einer Entwicklung einer idiopathischen Skoliose praktisch nicht möglich sei und dass in der Schroth-Kiinik ein hoher Standard der Korsett-Versorgung bestehe, der „für die Allgemeinheit sehr hoch gelegen und nur selten in anderen Zentren zu erwarten" sei.

Ambulanter Untersuchungsbericht Uni-Klinik B. CH. 01.10.2007: Er stellt fest, dass die Patientin angibt, falsch behandelt worden zu sein, und wegen falscher Korsett-Behandlung in Bad Sobernheim gewesen sei. Dort habe man auf ihren Wunsch ein neues Korsett angefertigt. Es werden lediglich der orthopädische Status festgestellt und einige geringfügige Reparaturen am Korsett vorgenommen.

KG-Eintrag Dr. B., 04.10.2007: Er hat unterdessen die radiololgische Dokumentation erhalten und beschreibt neben den diversen Korsettanpassungen auch die fehlende Korrektur und schlussendlich die deutliche Zunahme der Skoliose. Er bezeichnet die in Bad Sobernheim erreichte Korrektur von 9° als zwar nicht gross, aber akzeptabel. Seine Schlussfolgerung mündet in die Tatsache, dass ein Rehabilitationsaufenthalt bei 40gradiger Kurve indiziert wäre.

Bericht der ambulanten Konsultation von Dr. B., 16.10.2007: Er fasst die in der KG festgestellten Tatsachen zusammen und bestätigt erneut die Richtigkeit der Indikation zur Korsett-Versorgung. Erneut betont er die Wichtigkeit von Rückenrehabilitation, insbesondere auch deshalb, weil die Patientin mehrmals über Rückenschmerzen klagte.

Ambulante Untersuchung Dr. B., Universitätsklinik B., vom 14.12.2007
sowie Bericht (19.12.2007): Er schließt den Bericht mit der Feststellung eines erfreulichen klinischen und radiologischen Verlaufes mit korsettfreier linkskonvexer Skoliose von 31°. Er ergänzt eine Lumbalpelotte und setzt die Skoliosegymnastik fort.

Bericht Dr. H. 31.03.2008: Er stellt die Diagnose einer Skoliose mittels Videoraster-Stereographie und stellt dabei eine Rotationskomponente von 10° nach rechts lumbal fest. Zudem besteht eine Lotabweichung von 9mm nach links sowie ein Beckenstand zu Ungunsten von links von 3mm. Kyphose und Lordose im Normbereich.

Test Dr. H. 08.05.2008: Dr. H. beschreibt den Verlauf der seit 2004 bekannten Skoliose. Er erwähnt einen Skoliosegrad von 40° im März 2007. Reduktion der Skoliose in Bad Sobernheim auf 31°. Durch seine Versorgung mit einer R.-Orthese Korrektur im Korsett auf 14° lumbal. Mit diesem Therapieerfolg bittet er die Versicherung um Uebernahme der Kosten.

Bericht Dr. H. 14.07.2008: Die Videoraster-stereographische Unter¬suchung ergibt eine unveränderte Oberflächenrotation von 10° nach rechts, jedoch eine Lotabweichung von C7 in der Frontalen nach links von 14mm. Er schlussfolgert eine deutliche Besserung gegenüber der Voruntersuchung.

19.09.2009 Nach der Befragung der Patientin liefert der Vater der Patientin einen Kurzbericht über die Erstkonsultation im Kinderspital L. (14.10.2004), damals geschrieben von der bei der Untersuchung und Aufklärung anwesenden Mutter der Patientin, Frau U.:
„Korsett ab 20° Krümmung nötig, da sich die Wirbelsäule nicht selber halten kann. Mit dem Korsett wird wieder in Ordnung, es geht weg mit Tragen des Korsetts und wann es besser wird, darf die Patientin das Korsett nachts abziehen, da Erdanziehung im Liegen Skoliose wegfällt. Das Korsett sei wie eine Röhre, in welcher die Wirbelsäule wieder gerade wird. Das Korsett kann N. auf der Haut tragen, man sieht es nicht und es stört nicht, gute Beweglichkeit im Korsett, N. muss es 23 Std. am Tag tragen, ausser bei Sport und Hygiene. Die Skoliose sei durch wenig Muskulatur und Wachstumsstörung bedingt. Deswegen viel Sport und Physiotherapie. N. will viel Sport und Physiotherapie machen, um Korsett-Therapie zu vermeiden, aber Dr. S. bestand strikt darauf, dass ab 20° das Korsett absolut nötig sei."


II. ANAMNESE

Allgemeine Anamnese
Die Patientin weist in der persönlichen Anamnese eine Neurodermitis auf, die als Säugling erstmals entdeckt wurde. Nachdem die Krankheit ruhig war, ist sie mit 9 Jahren erneut für ca. 12 Monate ausgebrochen, um wiederum zu verschwinden. Während des Klinikaufenthalts in Deutschland (2007) trat die Krankheit erneut auf und besteht seither unvermindert. Sie verläuft in Schüben ca. alle 2 Monate, während denen die Patientin jeweils Antihistaminika einnehmen muss. Es besteht ein Zustand nach Appendektomie.

Familienanamnese

Beim Vater wurde 2005 eine Discushernien-Operation durchgeführt, die in die Zeit des Beginns der Rückenproblematik der Tochter fällt.

Persönliche Anamnese
Bezüglich der Entwicklung erinnert sich die Patientin an die einzelnen Daten nicht genau. Hier springt der Vater ein und erklärt, dass die Menarche Ende 2005 aufgetreten sei (Aktenlage: Ende 06). Über den Zeitpunkt der Entwicklung der Brust gibt sie ein vages „zwischen 13 und 14 Jahren" zur Auskunft, und das Auftreten der Geschlechtsbehaarung ist der Patientin zeitlich nicht mehr in Erinnerung.

Die Entwicklung der Ereignisse habe dann dazugeführt, dass der Vater via Internet auf die Katharina-Schroth-Klinik aufmerksam wurde. Auf eigene Initiative konnte sie dort zunächst nach anfänglichem Widerwillen stationär eintreten. Dies habe sich aber als grosser Erfolg herausgestellt, da das Resultat äusserst zufriedenstellend sei. Sie habe wieder ein Körpergefüh! gefunden. Die In¬formation und die Pflege sowie die Betreuung seien optimal auf ihre Situation zugeschnitten gewesen. Es sei ihr beigebracht worden, wie man sich bewegen könne, z.B. dass die Tasche richtig getragen würde, oder wie man beim Gehen, Stehen etc. selbst Korrekturen durchführen kann. Auch habe sie eine Atem¬therapie erhalten, die sie auch zum Teil heute noch freiwillig durchführe.
Beim Eintritt in die Klinik wurde das Korsett als zu klein sofort weggelegt und ihr wegen ihrer körperlichen Reife empfohlen, kein Korsett mehr zu tragen. Auf eigene Initiative wurde dann aber ein Korsett Typ Cheneau light angepasst, das die Patientin fleissig getragen habe. Sie habe dadurch, aber auch mit der Physiotherapie, eine deutliche Verbesserung der Hüftasymmetrie und des Gang- bildes erfahren. Sie habe damit gelernt, ihre Stellung selber zu korrigieren, was sie deutlich „selber gesehen" habe. Dementsprechend verliess sie die Klinik zufrieden und mit neuem Lebensmut.
Zuhause besuchte sie die ärztliche Betreuung im Kantonsspital L. lediglich noch ein letztes Mal. (Auskunft des Vaters: Die Bemerkung, die Patientin habe die Untersuchung verweigert, sei gelogen. In Wahrheit hätte der Arzt sich nicht vom Erfolg der Behandlung in Deutschland überzeugen wollen.)
Die Behandlung wurde dann gewechselt, und die Patientin begab sich zu Dr. B., Universitätsklinik B. Diese relativ kurz beschriebene Episode sei aber auch nicht befriedigend gewesen. Er habe eine Prognose gestellt, dass die Kurve im Erwachsenenalter zwischen 40° und 50° messen werde. Diese Prognose habe dann schliesslich erneut zu einem Wechsel der Aerzte geführt, und die Patientin ist nun wiederum in Deutschland bei Dr. H. und Orthopädietechniker R. in Behandlung (März 2008). Hier wird empfohlen, weiterhin Korsetts zu tragen. Dieses bringt die Patientin zur Untersuchung mit. Es sei ein gutes Korsett. Es gebe ihr guten Halt und allgemein ein gutes Gefühl. Seit 6 Monaten trägt sie es nur noch nachts. Weitere Tragdauer sei aber empfohlen worden.

Subjektive Beurteilung durch die Patientin

Schlussendlich sei sie doch zufrieden. Sie habe Schreckliches durchgemacht, insbesondere die Enttäuschung über die fehlende Wirkung der anfänglich durch¬geführten Korsett-Therapie habe ihr schwer zu schaffen gemacht. Sie sei wirklich körperlich behindert gewesen. Durch die Behandlung in der Schroth-Klinik habe sie aber ein neues Körper- und Lebensgefühl zurückerhalten.
Es sei ihr letztlich gleich, wieviel Grad ihre Wirbelsäule an Verkrümmung aufweise. Wichtig sei, dass sie keine Schmerzen mehr habe und ein normales Leben führen könne. Retrospektiv wisse sie, dass sie hätte gerade sein können, wenn die Anfangstherapie korrekt gemacht worden wäre. Vor allem aber das erste falsch angefertigte Korsett hätte für eine deutliche Verschlechterung gesorgt.

Fremdanamnese

Tel, mit Herrn M., Orthopädietechnik L.. am 30.09.09
Herr M. erinnert sich sofort an die Patientin. Er bedauert jedoch, dass keine Unterlagen vorhanden seien. Es sei damals in der Firma nicht üblich gewesen, medizinische Aufzeichnungen zu machen. Zudem sei die Agenda bei einem Umzug weggekommen.
Er erinnert sich aber an die Tatsache, dass die Führung der Patientin schwierig gewesen sei, da von den Eltern keine Unterstützung geleistet wurde. Zudem habe es dauernd Terminschwierigkeiten gegeben, weil die Eltern keine Zeit hatten. Dadurch seien seltener Kontrollen gemacht worden als sonst allgemein üblich.


III. JETZIGES LEIDEN

Die Patientin klagte mit 13 Jahren gelegentlich über Rückenschmerzen, was zum Besuch beim Hausarzt führte. Dieser überwies die Patientin bei klinisch signifikanter Asymmetrie der Wirbelsäule an die Kinderchirurgie im Kantonsspital L. Dr. S. empfing die Patientin, die zusammen mit ihrer Mutter zur Konsultation erschien. Mit kaum unterdrückbarer emotionaler Erregung erzählt die Patientin, wie sie während dieses ersten Gespräches ungenügend und falsch informiert wurde. Es sei ihr das Bild einer gekrümmt wachsenden Wirbelsäule erklärt worden, die nun mittels Korsett in einer Art Röhre zum Geradewachsen gezwungen werde. Es sei wichtig, dass sie sportlich aktiv bleibe, um eine gute Muskulatur aufzubauen. Wenn sie aber das Korsett trage und Sport betreibe, sei
das Ganze kein Problem. In der Retrospektive sei auch keine vernünftige
Auskunft über die Korsett-Tragedauer und die Ursache der Verkrümmung zu erhalten gewesen. Im Anschluss an diese Konsultation suchte die Patientin tags darauf die Physiotherapie auf und besuchte die Firma M, Orthopädietechnik, zur Anpassung eines Korsetts.

Die Korsettanpassung ist der Patientin ebenfalls traumatisch in Erinnerung. Sie beschreibt einen Warteraum, der kaum als solches zu erkennen gewesen sei, da auch Untersuchungen darin stattgefunden hätten, bei denen alle Wartenden zugeschaut hätten. Ein Kind habe zudem geschrien, und das Ganze sei einfach nicht so gewesen, wie sie sich dies vorgestellt habe. Man habe ihr dann ein Modell eines Korsetts gezeigt, das sie zu tragen habe. Dies sei mit einem starken Schockerlebnis verbunden gewesen, da sie von der ärztlichen Seite keine entsprechende Aufklärung erhielt. Das Fehlen von Lücken im Korsett sowie die Starrheit habe ihr Angst gemacht. So ist dann auch das erste Korsett mit viel Schmerzen und Druckstellen vor allem im Bereiche der Beckenschaufeln beidseits und im Rückenbereich nicht zum Erfolg geworden. Man hätte dauernd Korrekturen anfertigen müssen, die aber schlussendlich nicht zu einer Verbesserung geführt hätten. Schon hier sei die Patientin nahe am Verzweifeln gewesen, da sie nun unter Behandlung deutlich mehr Rückenschmerzen verspürt hätte als vor dem Beginn der Behandlung. Bezüglich der Tragedauer bekräftigt die Patientin mehrmals, nach einer Angewöhnungsphase die vorgeschriebenen 23 Stunden der Korsett-Tragdauer eingehalten zu haben. Sie bemängelt zudem, dass die Physiotherapie, zu der sie im Uebrigen ein gutes Verhältnis pflege, nicht spezifisch für Korsettbehandlung ausgebildet gewesen sei. Es sei halt „einfach eine Physiotherapie" gewesen. Die Rückenschmerzen seien allerdings dabei jeweils für kurze Zeit besser geworden.

Bei zunehmendem Wachstum und nach wie vor Schmerzhaftigkeit rnusste ein neues Korsett angefertigt werden. Ein Wunsch, den Orthopädietechniker zu wechseln, wurde offenbar von Dr. S. im Kantonsspital L. abgelehnt. Nach 9 Monaten wurde bei einer weiteren Konsultation Prof. H. zugezogen, der das Korsett sofort als falsch konstruiert erkannt und gleich ein neues verordnet habe. Das hatte zur Folge, dass die Patientin während eines Monats ohne Korsett war. Zudem wurde das Korsett zwar zuhause abgeliefert, weil aber niemand zuhause war, einfach vor die Türe gestellt. Das habe dann wiederum dazu geführt, dass auch dieses neue Korsett dauernd Druckstellen und Schmerzen verursacht habe. Auch sei nun die Motivation nach Angabe der Patientin deutlich gesunken. Verschiedene Anpassungen seien dann auch ohne ärztliche Kontrollen erfolgt. Dieses zweite Korsett wurde 6-7 Monate getragen. Ein drittes Korsett wurde ebenfalls auf Veranlassung von Prof. H. angefertigt. Dies, nachdem bei der Röntgenkontrolle eine Verschlechterung festgestellt worden war. Nach Auskunft der Patientin
wollten die Aerzte zunächst keine Erklärung geben, bis sie schliesslich dann doch erklärten, dass die Kurve deutlich im Zunehmen begriffen sei. Sie habe aber den Eindruck gehabt, dass man den Aerzten die Information richtiggehend abringen musste. Dies habe das Vertrauen definitiv zerstört.
Insgesamt hat die gesamte Verschlechterung der Situation nun auch zu kosmetischen Problemen geführt. Die Patientin berichtet, wie sie sich an der Asymmetrie der Hüften gestört habe. Sie habe dadurch ein hinkendes Gangbild bekommen, das sie als ungesund betrachtete. Sie sei deshalb praktisch nicht mehr ausgegangen. Sie beschreibt das Hinken, „wie wenn die Hüfte nicht dabeigewesen wäre". Insgesamt sei ihr Gemütszustand wegen fehlender Erfolge im Korsett deutlich depressiv gewesen.


IV. KLINISCHER BEFUND vom 18.09.2009

Die Patientin kommt zur Beurteilung und klinischen Untersuchung in Begleitung ihres Vaters. Sie antwortet und kommuniziert selbständig, der Vater greift nur intermittierend bei Gedächtnislücken der Patientin ein.

Klinischer Befund und allgemeiner Eindruck

Die Patientin sitzt während des gut anderthalbstündigen Gesprächs mit etwas steifer Haltung im Sessel des Untersuchungszimmers. Sie gibt mit differenzierter Formulierung präzise Antworten und versteht durch entsprechende Wortwahl der jeweiligen Situation gerecht zu werden. Während des Gesprächs bricht sie zwei-bis dreimal in Tränen aus, kann sich aber rasch wieder auffangen.
Bei der körperlichen Untersuchung kann ein unauffälliges Bewegungsmuster mit harmonischem Bewegungsablauf während des An- und Ausziehens festgestellt werden.
Die Patientin weist einen schlanken, langgestreckten Körperbau auf und ist wohlproportioniert. Offensichtliche Asymmetrien oder Auffälligkeiten sind keine erkennbar. Erst bei genauerem Hinsehen wird die Asymmetrie der Rückenkontur manifest. Das Gangbild im Untersuchungszimmer ist flüssig ohne Hinken. Zehen-und Fersengang sind beidseits problemlos realisierbar. Der Einbeinstand links wird etwas unsicherer als rechts durchgeführt. Vornüberneigen findet problemlos statt mit Finger-Boden-Abstand 10cm. Schmerzen werden dabei keine angegeben. Es bildet sich dabei ein Lendenwulst links auf, der mit dem Inklinometer auf 12° Neigung kommt, und die Höhe entspricht 2,5cm. Im Stehen ist die Asymmetrie im Lendenbereich gering, aber sichtbar. Die Differenz der Lendendreiecke beträgt von links zu rechts 1,5cm. Reklination und Rotation der Wirbelsäule können schmerzfrei und uneingeschränkt durchgeführt werden. Bei der Seitwärtsneigung zeigt sich eine sehr bewegliche Lendenwirbelsäule mit Ausgleich der Lendenkrümrnung. Es besteht ein Beckenschiefstand von 10-15mm zu Ungunsten von links. Die Neurologie der unteren Extremität ist kursorisch unauffällig, die Beweglichkeit der grossen Gelenke frei und nicht schmerzhaft. Das sagittale Profil ist physiologisch mit einer fleche cervicale von 3cm und einer fleche lombaire von 7cm. Das Lot fällt in sagittaler Richtung auf die Trochanteren. In frontaler Richtung besteht eine minimale Abweichung nach links von ca. einem Querfinger.


V. ROENTGENBEFUNDE

Wirbelsäule ap (Th2-L4) Kinderspital L, 14.10.2004
Die Lumbale Wirbeisäule weist eine Skoliosierung mit Rotation Grad 2 auf. Es besteht eine Linkskonvexität mit Apex L1/2. Die Messung des Cobb-Winkels in der stehenden Aufnahme ergibt von Th11 bis L3 einen Skoliosewinkel von 26°. Die BWS weist eine grossbogige Korrekturkrümmung auf mit Cobb-Winkel Th2-Th12. Die angeschnittenen Beckenkämme zeigen eine Höhendifferenz bei stehender Aufnahme von rund 10mm.

Wirbelsäule ap (Sacrum bis Th5) Kinderspital L. 03.03.2005 Aufnahme stehend im Korsett: Beckenschrägstand mit Neigung von 7° gegenüber der Horizontalen zu Ungunsten von links. Platte L5 annähernd parallel zu S1. Deutlicher Rotationssprung L3/4 mit verbundener Skoliosierung mit Apex L1/2. Rotation Grad 2 L1-L3. Cobb-Winkel Th12/L3: 29,5°.

Wirbelsäule ap (Sacrum bis Th7) Kinderspital L, 20.07.2005 Aufnahme stehend im Korsett: Bekannte Fehlstellung der Wirbelsäule mit Skoliose Apex L1/2 und Rotationsfehlstellung. Der Cobb-Winkel Th12 bis L4 beträgt 22,6°. Das Lot von Th7 fällt auf mediale Begrenzung des Pedunkels S1.

Wirbelsäule ap (Sacrum bis Th7) Kinderspital L, 03.02.2006 Ohne Korsett, stehend: Geringe Sacrumneigung zu Ungunsten von links von 4° gegenüber der Horizontalen. Apex L1/2 mit Rotation und Cobb-Winkel Th12/L4 31 °. Das Lot von Th7 fällt auf die mediale Begrenzung des Pedunkels S1.

Wirbelsäule ap (Sacrum bis Th7) Kinderspital L, 20.04.2006 Aufnahme stehend im Korsett: Cobb-Winkel L4-Th12 38°, Apex L1/2 mit Rotation Grad 2. Beckenstand horizontal. Das Lot von Th7 fällt auf die mediale Begrenzung des Pedunkels S1.

Wirbelsäulen-Ganzaufnahme ap seitlich, Kantonsspital L, 22.03.2007
In der seitlichen Aufnahme zentriert sich das Lot von C7 auf die Hinterkante von S1. Abgeflachte BWS-Kyphose von 26° (Th4-Th12) und leicht verminderte LWS-Lordose (L1-S1 60°). In der Frontalebene stehende Aufnahme ohne Korsett: Schrägstand des Sacrums von 8,5° gegenüber der Horizontalen zu Ungunsten von links. Rotation und Skoliosebildung mit Apex 11/2 mit Cobb-Winkel von 42° (TM2/L4) und einer Gegenkrümmung thoracal von 28° (Th12/Th7).
Lumbosacraier Uebergang ap seitlich, Kantonsspital L, 22.03.2007 In der ap-Aufnahme Schrägstellung des Sacrums mit 9° gegenüber der Horizontalen zu Ungunsten von links. Leichte Neigung von 5° von Deckplatte L5 zu Deckplatte S1. Deutliche Rotation, beginnend L3/4 mit Maximum im Apex Wirbel L2. In der seitlichen Aufnahme Neigung des Sacrums 54° und pelvic incidence 72°.

Wirbelsäulen-Ganzaufnahme ap, Dr. med. H.W, 07.08.2007 Cobb-Winkel thoracolumbal von 28° (Aufnahme stehend im Korsett).

Wirbelsäulen-Ganzaufnahme ap, Dr. H, 29.04.2008 Stehende Aufnahme im Korsett mit Erhöhung links von 10mm. Die lumbale Kurve von Th12-L3 weist einen Cobb-Winkel von 18° auf. Die thoracale Gegen¬krümmung von Th7-Th12 beträgt 12°. Die vorliegende Aufnahme zeigt einen Beckengeradstand (überhöht links) und eine diskrete Abweichung des Lots von Th1 über den linken Pedunkel von S1.

Wirbelsäulen-Ganzaufnahme ap, Dr. H, 14.01.2009 Stehend, ohne Korsett, links 1cm erhöht. Das Becken zeigt mit der entsprechenden Erhöhung links eine ausgeglichene Darmbeinkontur mit Reifezeichen Risser 4+. Es besteht eine signifikante Schrägstellung L4/5, die in die lumbale Skoliose mit Rotationsfehlstellung überleitet. Der Cobb-Winkel Th11-L3 beträgt 26° (Aufnahme ohne Korsett).

18.09.2009:
Die Patientin wünscht, dass keine neuen Röntgenbilder mehr durchgeführt werden. Es bestehen deshalb keine radiologischen Daten der heutigen Konsultation.


VI. DIAGNOSE

Idiopathische Adoleszenten-Skoliose, St.n. Korsett-Therapie

VII. ZUSAMMENFASSUNG UND BEURTEILUNG:
Mit 13 Jahren wird bei der Patientin eine Asymmetrie der Wirbelsäule durch den Hausarzt entdeckt. Die Zuweisung in das Kantonsspital L. führt zu einer Korsettbehandlung, die jedoch ohne sichtbaren Korrektureffekt durchgeführt wird. Zudem treten erhebliche Probleme mit der Magerkeit der Patientin bzw. Druckstellen und Verträglichkeit des Korsetts auf. Der fehlende Effekt bezüglich Therapie sowie persönliche Interferenzen reduzieren die Kompatibilität der Patientin für die Korsettbehandlung. Es wird deshalb durch den Vater ein Wechsel der Aerzte organisiert und die Patientin begibt sich nach Bad Sobernheim/DE in die Katharina-Schroth-Klinik. Nach einem stationären Aufenthalt in dieser Klinik fühlt sich die Patientin wesentlich besser aufgehoben und informiert. Sie findet „zu sich selbst zurück" und insistiert freiwillig auf Fortführung der Korsett-Therapie. Diese wird bis heute mit Korsett-Tragdauer nur nachts weitergeführt.


VIII. FRAGENBEANTWORTUNG

1. Wie präsentierte sich der Gesundheitszustand von N. vor der Behandlung durch die Angeschuldigten?
Bezüglich der Wirbelsäule bestanden bei der Patientin keine Auffälligkeiten. Die Diagnose der Skoliose wurde vom Hausarzt Dr. L. gestellt, der die Patientin darauf mit einem Schreiben vom 18.09.2004 an die Kinderorthopädie des Kinderspitals L. zugewiesen hat.

2. Wurde die richtige Diagnose (Skoliose) gestellt?
Anlässlich der Erstkonsultation am 14. Oktober 2004 im Kinderspital L. wurde mit dem Feststellen einer „ Skoliose der L WS linkskonvex von 28°" die korrekte Diagnose gestellt.

3. Verschlechterte sich die Skoliose während der Dauer der Behandlung durch die Angeschuldigten? Die Verkrümmung hat während der Dauer der Behandlung zugenommen.

3.1. Wenn ja: inwiefern?
Die Skoliose hat sich während der Behandlung von 2004 bis April 2007 verschlechtert mit einer Zunahme des Skoliose winkels von 26° auf 42° (ohne Korsett). Der entsprechende Verlauf in den Aufnahmen mit Korsett zeigt im Zeitraum von März 2005 bis April 2006 eine Zunahme des Skoliosewinkels von 29°auf 38°.


3.2. Wenn ja: warum?
Aus der Graphik ist ersichtlich, dass die Skoliose ohne Korsett eine Zunahme zeigte. Dies entspricht einem typischen Verlauf bei idiopathischen adoleszenten Skoliosen, die während des Abschlusses des Wachstumsschubes (Menarche Ende 2006) eine Progredienz aufweisen können.


4. Erfolgte die Behandlung aus damaliger Sicht lege artis?
Die Indikation für eine Korsettversorgung bei der vorliegenden Skoliose war grundsätzlich korrekt. Es können aber folgende Ausführungen gemacht werden:

4.1. Wenn nein: Warum nicht?
Die Zunahme der Verkrümmung im Korsett deutet auf die Tatsache hin, dass das Korsett nicht optimal angepasst werden konnte (die Zunahme kann aber auch auf den natürlichen Verlauf der Kurve aufgrund der Altersentwicklung zurückgeführt werden).
Die Aufklärung und Begleitung der Patientin und ihrer Familie scheint aufgrund der Aussagen der Patientin mangelhaft gewesen zu sein. Sie
fühlte sich ungenügend aufgeklärt. Der retrospektive Eindruck der Patientin ist, dass sie einen zu optimistischen Bericht bezüglich der Verkrümmung der Wirbelsäule erhielt. Die Betreuung bei der Korsett¬versorgung wurde von der Patientin ebenfalls als unbefriedigend empfunden.

5. Falls ein Behandlungsfehler feststellbar ist und sich die Skoliose während der Behandlung durch die Angeschuldigten verschlechterte: Hätte sich die Skoliose ohne die fehlbare Behandlung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht verschlechtert bzw. hätte sie sich verbessert?
Auch unter der Annahme, dass die suboptimale Korsettversorgung als Behandlungsfehler eingestuft wird, muss vermutet werden, dass sich die Kurve (ohne Korsett) trotzdem verschlechtert hätte. Es ist charakteristisch für diese Art von Wirbelsäulenverkrümmung, dass sie kurz vor Wachstums-abschluss eine Verschlechterung erfahren kann.

6. Verbesserte oder verschlechterte sich die Skoliose während der Dauer der Behandlung in der Asklepios Katharina-Schroth-Klinik in Bad Sobernheim/DE?
Die Verkrümmung konnte durch die Behandlung in Bad Sobernheim bzw. die Korsettanpassung deutlich verbessert werden.

7. Warum verbesserte/verschlechterte sich die Skoliose während der Dauer der Behandlung in der Asklepios Katharina-Schroth-Klinik in Bad Sobernheim/DE?
Die ganzheitliche Behandlung der Patientin sowie die kontinuierliche Instruktion zur aktiven Geradehaltung des Körpers brachte ein besseres Verständnis für die Wirbelsäulenverkrümmung. Hinzugekommen sein dürfte die zunehmende Reife der Patientin und damit die Möglichkeit für verbessertes Verständnis und Akzeptanz durch die Patientin. Die Selbstkontrolle und das Erlernen von Uebungen zur Geradehaltung können der Betreuung in Bad Sobernheim zugeschrieben werden. Da nach Wachstumsabschluss durch Korsettversorgung keine Verbesserung der Verkrümmung erzielbar ist, kommt das Korsett als Korrekturfaktor kaum in Frage.


8. Haben Sie Ergänzungen?

Betrachtet man das Resultat zu Beginn der Behandlung und am Schluss (2004-2009), stellt man fest, dass die Kurve praktisch gleiche Werte aufweist. Folgende Ergänzungen zu dieser Tatsache drängen sich auf:

1. Gemäss Literatur ist das Ziel der Korsettbehandlung bei dieser Art von Wirbelsäulenverkrümmung eine Verhinderung der Progredienz. Eine Verbesserung der Verkrümmung findet nur in den seltensten Fällen statt.

2. Da die Patientin zum Zeitpunkt der Untersuchung kein Röntgenbild anfertigen liess, kann das Schlussresultat nicht mit Sicherheit beurteilt werden. Die genauen Umstände für die letzte Aufnahme ohne Korsett (Dr. H. 14.01.09) sind nicht bekannt. (Das unmittelbare Abnehmen des Korsetts vor der Aufnahme könnte einen Einfluss auf die Kurvengrösse haben.) Unter der Annahme, dass die Kurve in der letzten Aufnahme dem Schlussresultat der Behandlung entspricht, konnte das Ziel der Korsettversorgung (Verhinderung einer Verschlechterung) erreicht werden.




Mit freundlichen Grüssen
~x

Prof.Dr.med. D. Wirbelsäulenchirurgie
Chefarzt Wirbelsäulenchirugie



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Beitrag von minimine »

Hallo CH-heftig,
ich finde das sehr interessant :) , aber was kam denn nun dabei raus, also wie wurde entschieden?

LG
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Stoiker

Beitrag von Stoiker »

Hallo CH-Heftig
Eure Geschichte ist heftig aber auch soooo typisch.
Was wollt ihr mit dem Gutachten erreichen?
Wollt Ihr den schlimmen Erfahrungen auch noch gutes Geld hinterherwerfen?

Wenn Ihr versuchen wollt, daß unfähige, für die Skoliose-Behandlung unbegabte Murkser und Pfuscher ihre Pfoten von den Skoliose- und Kyphose-Patienten lassen, dann ehrt euch das, aber es ist der falsche Weg, an dem nur die Gutachter, Pharisäher, Schriftgelehrten und Rechtsverdreher verdienen.

Niemals wird ein Arzt oder Orthopädietechniker zugeben, daß seine Mittelmäßigkeit Ursache von Verschlimmerung und Leiden war.
Im Gegensatz zu einem Ingenieur gilt bei Ärzten und Juristen allein die "Bemühung". Es genügt, wenn sich ein Arzt oder Jurist bemüht. Er schuldet keinen Erfolg, keine vertraglich zugesicherte Funktion oder Eigenschaft, er muss nichts garantieren oder gewährleisten. Selbst wenn der Patient stirbt, darf ein Arzt trotzdem (oder dann gerade erst Recht!) liquidieren.
Das selbe gilt, wenn ein Rechtsanwalt versagt und er nicht in der Lage war, seinem Mandanten zu seinem Recht zu verhelfen. Allein das "bemühen" zählt und er darf obwohl die Gegenseite "obsiegt" hat eine satte Honorarnote schreiben.

Also was wollt Ihr erreichen?
Daß die Murkser sich mit tatsächlich funktioneller Skoliose-Therapie auseinandersetzen?
Daß sie zur Kenntnis nehmen MÜSSEN, daß wo anderst wesentlich bessere Korsette angefertigt werden, die erheblich bessere Korrekturen haben, das der Plastikschrott den sie selbst anschmelzen?
Da könnte man 80 bis 90% aller Orthopäden und Orthopädietechniker verklagen!
Glaub mir diese Leute geben wirklich nur ihr "Bestes" und sind davon auch felsenfest überzeugt!
Es steht in ALLEN offiziellen Orthopädie-Lehrbüchern und wird von ALLEN Professoren die an den vielen Universitätskliniken Vorlesungen in Wirbelsäulenorthopädie halten gebetsmühlenartig widerholt, wo bei sich die "Herren" wie zur Bestätigung der Richtigkeit gegenseitig und immer wieder selbst zitieren bis es als unumstößliche "Wahrheit" allgemein und besonders von den Juristen als solche akzeptiert wird.
"Korsette können bestenfalls nur der Verlangsamung der Progredienz dienen"
"Korsette können bestenfalls eine Skoliose aufhalten aber nie heilen"
"Korsette helfen wenn überhaupt nur, bei Risser 0 bis 3" usw....
Dadurch ist kein OT zu Erfolg und höchstmöglicher Qualität verpflichtet. Es genügt, wenn er sich überhaupt bemüht hat ein Korsett zu basteln.

Bei Euch kommt dann noch erschwerend hinzu, daß ihr Schweizer seit.
Daß ein Schweizer Arzt oder OT zugibt, daß eine Behandlung "draußen" (im großen Kanton, schon gar von einem dahergelaufenen Tunesier, der in der CH maximal Gastronmie-Toiletten mit 3-Jahrevertrag reinigen dürfte) besser sein soll, als im "Kantöneli", werdet ihr nie erleben. Das käme einem schweren Hochverrat und Verletzung des "Rüetli-Schwurs" glich!
Wenn ihr hier mitschreibt und eure wertvollen Erfahrungen weitergebt, wenn ihr versucht andere, jüngere Skoliose- und Kyphose-Patienten schneller auf den richtigen Weg zu führen, als es eurer Tochter passiert ist, dann nutz ihr mehr als mit den Pfuschern herumzustreiten, die ihre unterdurchscnittliche Mittelmäßigkeit nie erkennen und auch niemals darüber hinauswachsen wollen.
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Beitrag von BZebra »

Und was hat denn der Chefarzt der Wirbelsäulenchirurgie, der dieses Gutachten geschrieben hat, sich bei diesen beiden Passagen gedacht?
3. Verschlechterte sich die Skoliose während der Dauer der Behandlung durch die Angeschuldigten? Die Verkrümmung hat während der Dauer der Behandlung zugenommen.

3.1. Wenn ja: inwiefern?
Die Skoliose hat sich während der Behandlung von 2004 bis April 2007 verschlechtert mit einer Zunahme des Skoliose Winkels von 26° auf 42° (ohne Korsett). Der entsprechende Verlauf in den Aufnahmen mit Korsett zeigt im Zeitraum von März 2005 bis April 2006 eine Zunahme des Skoliosewinkels von 29°auf 38°.
8. Haben Sie Ergänzungen?

Betrachtet man das Resultat zu Beginn der Behandlung und am Schluss (2004-2009), stellt man fest, dass die Kurve praktisch gleiche Werte aufweist. Folgende Ergänzungen zu dieser Tatsache drängen sich auf:

1. Gemäss Literatur ist das Ziel der Korsettbehandlung bei dieser Art von Wirbelsäulenverkrümmung eine Verhinderung der Progredienz. Eine Verbesserung der Verkrümmung findet nur in den seltensten Fällen statt.

2. Da die Patientin zum Zeitpunkt der Untersuchung kein Röntgenbild anfertigen liess, kann das Schlussresultat nicht mit Sicherheit beurteilt werden. Die genauen Umstände für die letzte Aufnahme ohne Korsett (Dr. H. 14.01.09) sind nicht bekannt. (Das unmittelbare Abnehmen des Korsetts vor der Aufnahme könnte einen Einfluss auf die Kurvengrösse haben.) Unter der Annahme, dass die Kurve in der letzten Aufnahme dem Schlussresultat der Behandlung entspricht, konnte das Ziel der Korsettversorgung (Verhinderung einer Verschlechterung) erreicht werden.
Wollte der da jetzt das (eventuelle!) Retten der Gesamtkorsetttherapie (Verhinderung einer Verschlechterung) durch die deutsche Korsettbehandlung seit 2007 als Ausgleich für die Verschlechterung der schweizerischen Korsettbehandlung bis 2007 heranziehen?

Unter der Annahme, die letzte Aufnahme entspräche dem Schlussresultat der Behandlung, hat sich die Skoliose mit den schweizer Korsetten von 26 Grad auf 42 Grad verschlechtert und mit den deutschen Korsetten wäre dann einer "der seltensten Fälle" eingetreten, dass sich die Skoliose wieder verbessert, und zwar zurück auf die 26 Grad.

Seltsam, an der Stelle mal eben den Erfolg der Gesamtkorsetttherpie zu betrachten, die den Angeschuldigten gar nicht komplett zuzuschreiben ist. Möge sich der Leser herauspicken, was ihm am besten gefällt?! Ist so ein bisschen wie wenn ein Klemptner was kaputt macht, ein anderer es dann repariert und der beschuldigte Klemptner dann sagt: "Was habt ihr denn? Es funktioniert doch!"

Oder hier:
Die Zunahme der Verkrümmung im Korsett deutet auf die Tatsache hin, dass das Korsett nicht optimal angepasst werden konnte (die Zunahme kann aber auch auf den natürlichen Verlauf der Kurve aufgrund der Altersentwicklung zurückgeführt werden).
Fragt man sich, durch was die Verschlechterung bei einem wirkungslosen Korsett sonst hätte eintreten sollen, wenn nicht durch die natürliche Progredienz die vom Korsett hätte gestoppt werden sollen?

Wer hat denn diesen Gutachter beauftragt, ihr selbst?

IMHO adressiert dieses Gutachten in keiner Weise die wesentlichen Aspekte. Ich würde z.B. eher folgendes angehen:

Die Korsettkorrektur wurde von den Ärzten röntgenologisch überprüft. Aus diesen Ergebnissen hätten die Ärzte schließen müssen, dass die Korrekturqualität der Korsette den Verlauf einer Skoliose nicht positiv beeinflussen kann (es gibt genügend Publikationen über die notwendigen Mindestkorreturen in Korsetten, um eine Progredienz zu stoppen). Sie haben die Patientin und deren Eltern nicht darüber informiert, dass eine erfolgreiche Korsett-Therapie (vom Gutachter hier definiert als "Halten der Krümmung") unter diesen Umständen nicht garantiert ist.

Kurz: Die Ärzte haben Qualitätskontrollen der verordneten Korsette durchgeführt und die Patientin über das negative Ergebnis dieser Kontrollen nicht informiert oder diese eventuell gar nicht richtig interpretiert.

Es würde sich ansonsten ja die Frage stellen, welchen Sinn die Röntgenaufnahmen im Korsett gehabt haben und ob bei einem Korrekturkorsett (kein Stützkorsett) was verordnet wurde, auf diesen Röntgenaufnahmen nicht zumindest mal eine signifikante Korrektur (mehr als 5 Grad) hätte messbar sein müssen, um den Anspruch auf irgend eine Korrektur zu erfüllen, ganz zu schweigen von den Anforderungen an eine Korrektur, die für eine erfolgreiche Korsettbehandlung (Halten der Krümmung) notwendig gewesen wären.

Währen die Patientin und ihre Eltern über die schlechte Prognose durch die geringe Korsettkorrektur bereits 2004/2005 von den Ärzten informiert worden, hätten sie zu diesem Zeitpunkt noch vor dem Eintreten der Verschlechterung auf 42 Grad über das Internet qualifiziertere Behandler finden können, was über dieses Informationsmedium schon seit 2002 möglich war und wie sie dies ab 2007 in Folge der eingetretenen Verschlechterung dann auch getan haben.

Im Korsett der Orthopädietechnik Rahmouni war dann selbst 2008 noch (bei 42 Grad Ausgangskrümmung, fortgeschrittenerem Alter und fortgeschrittenerer Verknöcherung, was alles Faktoren sind, die sich ungünstig auf die Korrigierbarkeit der Skoliose auswirken) bei der Patientin eine Korrektur auf 14 Grad im Korsett möglich, während in dem von den behandelnden Ärzten nicht beanstandeten Korsett eine Korrektur auf ledlich 38 Grad gegeben war, was einer Primärkorrektur von nur 10% entspricht und mit 4 Grad nicht einmal signifikant ist.

Selbst außerhalb des Korsetts betrug der Skoliose-Winkel 2009 während der andauernden Behandlung mit dem Rahmouni-Korsett in Folge der Korsettkorrektur nur 26 Grad, was immernoch 3 Grad weniger sind als der beste Wert, der in den nicht beanstandeten Korsetten je erzielt wurde.

Man kann davon ausgehen, wenn 2008 noch eine Korrektur auf 14 Grad erzielbar war, diese als schlechtestes Korrekturergebnis auch 2004 schon erzeilbar gewesen wäre. Ab einem Ausgangskrümmungswinkel von 28 Grad wäre damit bereits eine Primärkorrektur um mindestens 50% erreichbar gewesen, die von vielen Autoren in der Literatur als die Primärkorrektur beschrieben wird, ab der eine Verschlechetrung sicher verhindert und damit eine erfolgreiche Korsettthearpie gewährleistet werden kann. Bei der Ausgangskrümmung von 42 Grad von denen auf 14 Grad korrigiert wurde, wurden letztendlich 67% Korrektur erzielt, was einer Primärkorrektur entspricht, die bei ausreichend Restwachstum auch eine dauerhafte Verbesserung der Krümmung möglich machen kann.

Fazit: Durch das Versäumnis der Ärzte, die Patientin über die Wirkungslosigkeit ihrer Korsette zu informieren, konnte das Therapieziel eines Haltens der Krümmung nicht erreicht werden und es kam zu einer Verschlechterung von 26 Grad auf 42 Grad. Die durch andere Behandler später veranlasste Korsettversorgung brachte trotz deutlich schlechterer Ausgangsvoraussetzungen schließlich Korrekturwerte, die dazu geeignet gewesen wären, die eingetretene Progredienz zu verhindern.


Das nur als Beispiel. In welchem zeitlichen Ablauf Gradzahlen ohne und im Korsett festgestellt wurden, habe ich mir jetzt nicht genau angeschaut. 04.02.2006 32° ohne Korsett vs. 23.04.2006 34° im Korsett steht z.B. in eurem Gutachten... :rolleyes:

Das Gutachten beschäftigt sich nur mit der Frage, ob die Ärzte mit ihrer Verordnung eines Korsettes im Allgemeinen einen Behandlungsfehler begangen haben. Der Behandlungsfehler liegt aber nicht an dieser Stelle, sondern bei der fehlenden Information über die nicht ausreichenden Korsettqualitäten, die sie anhand ihrer Untersuchungsergebnisse feststellen hätten müssen und den Patienten darüber informieren müssen.

Das waren nämlich noch nicht mal Korsette die überhaupt korrigiert haben, obwohl mit Sicherheit Korrekturkorsette verordnet wurden. Und im Gegenzug dazu habt ihr mit dem Korsett von Rahmouni den Beweis, dass eine Korrektur auf einen Wert möglich gewesen wäre, der wissenschaftlichen Studien nach sicher die eingetretene Verschlechterung hätte verhindern können.

Wenn es noch aktuell ist und ihr noch ein Gutachten erstellen lasst, dann schreibt doch erst mal eines selber und sammelt die notwendigen wissenschaftlichen Studien hierfür zusammen (in den Büchern von Dr. Weiß wird zu Hauf auf die entsprechenden Studien verwiesen, Kopien der Studien könnt ihr per Fernleihe bestellen), macht ein ausführliches Exposée mit entsprechenden Zitaten und Verweisen daraus und gebt das eurem Gutachter, damit er Material hat, auf das er sich stützen kann bzw. einfach abschreiben kann. Der freut sich drüber und dann wird das auch was.

Dann kommt der entstandene Schaden auch nicht so ganz rüber. Am Ende steht da quasi "alles wie gehabt, nichts passiert". Deine Tochter sollte sich nach 4 Tagen, einer Woche oder so in denen sie das Korsett auch nachts nicht getragen hat noch mal röntgen lassen.

Dr. Hoffmann und Rahmouni sollten basierend auf diesem Röntgenbild eine Einschätzung abgeben auf wieviel Grad sich die Skoliose nach komplettem Abschulen einpendeln wird, mit welcher Wahrscheinlichkeit und in welchem Umfang sie sich von diesem geschätzten Abschlussergebnis dann im Erwachsenenalter weiter verschlechtern wird (viewtopic.php?t=1854) und auf der anderen Seite welche Korrektur und welcher Abschulungsbefund zu erwarten gewesen wäre, wenn ihr euch von Beginn der Korsetttherapie in deren Behandlung begeben hättet. Dann auch die Frage, wie lange die Korsetttherapie gedauert hätte. Bei 26 Grad noch vor dem Eintreten der ersten Regel wäre das wahrscheinlich auf um die Null Grad hinausgelaufen und einer vorzeitigen Abschulung.

Hätte man nur ein Halten der Gradzahl erreicht, was nachweislich mit einer Korrektur auf 14 Grad ja möglich gewesen wäre, müsste sie mit unter 30 Grad im Erwachsenenalter mit keiner weiteren Progredienz mehr rechnen und wäre aufgrund der Gradzahl nicht mehr behandlungsbedürftig. Auf unter 30 Grad wird sie nach Komplettabschulung aber sicherlich nicht mehr kommen, das Röntgenbild nach einer Woche ganz ohne Korsett wird wahrscheinlich schon drüber liegen.

Aussagen wie die Gradzahl sei ihr egal sind auch nicht gerade günstig, weil die Gradzahl darüber entscheidet, ob man eine Skoliose (oder nur eine skoliotische Fehlhaltung) hat, ob sie behandlungsbedürftig ist oder nicht und ob sie sich ohne Behandlung weiter verschlechtern wird, was eine wirbelsäulenversteifende Operation und Verlust von Bandscheiben und WS-Beweglichkeit sowie vermehrten Verschleiß zur Folge haben kann, nicht zu vergessen die beträchtlichen Gesundheitsrisiken, die körperliche Belastung und die Schmerzen durch solch eine Operation an sich...

Das Versäumnis der Ärzte auf die ungenügende Korsettversorgung hinzuweisen, hat (durch längere Korsetttragezeiten) und wird (durch lebenslangen Behandlungsbedarf - konservativ oder operativ - oder durch zunehmende körperliche Einschränkungen) zu einer verminderten Lebensqualität führen, die auch durchaus einen bezifferbaren Schaden darstellt.

Den Ausführungen über die Schmerzen in den nicht korrigierenden Korsetten könnte man noch die Schmerzen im mehr als ausreichend korrigierenden Rahmouni Korsett gegenüberstellen. Dazu steht im Gutachten nur es gäbe ihr ein gutes Gefühl. Möglicherweise sind sie im Rahmouni Korsett aber geringer, was auch ausschließt, dass ein besser (oder überhaupt) korrigierndes Korsett nicht zwangsläufig auch mehr Schmerzen verursacht.

Zum anderen sind ihr durch die wirkungslose Korsetttherapie Schmerzen entstanden, die sie ohne Korsetttherapie nicht gehabt hätte. Es wird danach gefragt, ob sich die Skoliose ohne Korsetttherapie weniger verschlechtert hätte oder besser geworden wäre, was natürlich nicht der Fall gewesen wäre, außer Acht wird aber gelassen, dass sie ohne die verordnete Korsettversorgung auch die dadurch entstandenen Schmerzen und Einschränkungen nicht gehabt hätte, so dass es eben nicht egal ist, ob sie diese Korsette (die keine Wirkung hatten) verordnet bekommen hat oder nicht. Die Korsettbehandlung in dieser Art war also eine Lebenseinschränkung die angesichts der fehlenden Wirkung nicht hätte sein müssen.

Es steht außerdem auch noch drin, dass ein Wunsch, den Orthopädietechniker zu wechseln von Dr. S. im Kantonsspital L. abgelehnt wurde. Damit trägt das Kantonsspital also auch noch die Verantwortung für die Wahl des Orthopädietechnikers.

Ihr seid nicht nur über die unzureichende Korsettqualität nicht informiert worden, aufgrund welcher Information ihr einen geeigneteren Orthopädietechniker hättet aufsuchen können, für die Wahl des Orthopädietechnikers der die mangelhaften Korsette gebaut hat ist also das Kantonsspital auch verantwortlich. Zum einen ist fraglich, ob das Kantonsspital tatsächlich keinen Orthopädietechniker in der näheren Umgebung, im Kanton oder zumindest in der Schweiz hätte finden können, der auch Korrekturkorsette (= Korsette die korrigieren) hätte bauen können. Wenn dem nicht so ist, das Kantonsspital die beste Wahl für euch getroffen hat und zudem auch darauf besteht auszuwählen, dann hätten sie euch keine Korsettbehandlung anbieten dürfen, da Stützkorsette nicht zur Behandlung progredienter Skoliosen geeignet sind.

Das Kantonsspital hat euch eine Behandlung als Skoliosebehandlung verkauft, die per Definition keine war. Hätten sie dies von Anfang an zugegeben, hättet ihr euch in Behandlung besser Qualifizierter begeben können wodurch die Gesamtbehandlung weniger aufwändig, weniger belastend und erfolgreicher hätte ablaufen können.

So, das wären meine Gedanken zu eurem Gutachten. :) Und was ist jetzt aus eurem Strafverfahren geworden?
CH-heftig
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Antwort

Beitrag von CH-heftig »

Vielen Dank für Eure Meinung.



1. Solche Skoliose „Behandlungen“ darf es nie mehr geben. So lange Strafuntersuchung im Gange ist darf ich nicht an die Presse.

2. Auf die Wahl des Gutachters könnte ich Rechtlich, leider, keinen Einfluss nehmen. Es handelt sich um 2 Wirbelsäulen Chirurgen welche, nach Ihren einenem Angaben, noch nie eine erfolgreiche Korsettbehandlung gesehen haben. Und genau dieser Chefarzt bittet sich, und seine 3 Fachärzte im Internet als Zentrum für Skoliose Korsettbehandlung an.

3. Aufgrund vom Gutachten, welches Grundsätzliche Medizinische Tatsachen missachtet, sollte die Strafuntersuchung eingestellt werden. Ich habe 14 Tage Zeit weitere Ergänzungen einzureichen und brauche Professionelle Hilfe bei der RTG Auswertung. Nicht nur Cob Winkel und Rotation, mit diesem Werten komme ich so weit Klar. Wer ist bereit zu helfen?

4. Wo finde ich Studien vom Erfolgreichen Korsettbehandlungen?

5. Die Strafanzeige, leider Ohne Grafiken.

Schöne Grüsse aus CH


5.
Sehr geehrte Frau Amtsstatthalterin
Sehr geehrte Damen und Herren


Wir ersuchen Sie, die Sistierung der Strafuntersuchungen im oben genannten Verfahren aufzuheben und die Untersuchungshandlungen fortzuführen.

Im Nachfolgenden werden wir – in Ergänzung unserer Eingabe vom 16. August 2007 - aufzeigen, dass

- die Angeschuldigten die medizinische Behandlung sowie die Korsettversorgung der Klägerin nicht lege artis durchgeführt haben;

- der bereits vorbestehende pathologische Zustand der Klägerin infolge der fehlerhaften ärztlichen Behandlung durch die Angeschuldigten Prof. Dr. H und Dr. med. S sowie der fehlerhaften Korsettherstellung durch den Angeschuldigten M. verstärkt und die Heilung bzw. Verbesserung des gesundheitlichen Zustandes verunmöglicht wurde;

- die Angeschuldigten Prof. Dr. H und Dr. med. S. die ärztliche Heilbehandlung durchgeführt haben, ohne dass die Klägerin sowie deren Eltern und damit gesetzliche Vertreter eine genügende Einwilligung erteilt haben.


I. Einleitende Bemerkungen

Die Klägerin ist heute 17jährig. Im Alter von 13 Jahren wurde bei ihr eine Skoliose diagnostiziert. Dabei handelt es sich um eine „fixierte, seitl. Verbiegung der Wirbelsäule mit Drehung der einzelnen Wirbelkörper (Torsion) und Versteifung in diesem Abschnitt“ (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 258. Auflage, S. 1470). Die Wirbelsäule der Klägerin neigt sich in Lendenhöhe nach links und in Brusthöhe nach rechts. Zur Veranschaulichung sei auf die nachfolgende Skizze, publiziert von Dr. Peter Edelmann Cuxhaven, Dr. Hopf UK Mainz, Arbeitskreis Skoliose, Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie, verwiesen.










Abb. 1

Bei der Skoliose der Klägerin handelt es sich um eine in adoleszenter Form. Adoleszent ist eine Skoliose dann, wenn der Betroffene sich bei deren Eintritt bereits mindestens im 11. Lebensjahr befindet (vgl. Kinderorthopädie in der Praxis, Prof. Dr. med. Fritz Hefti, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, 1997 S. 70).

Das Ausmass der Krümmung der Wirbelsäule wird in der Regel durch die Bestimmung des sogenannten Cobb-Winkels festgestellt. Zu diesem Zweck werden bei jeder Krümmung der Wirbelsäule die beiden sogenannten Neutralwirbel bestimmt, wobei es sich um jene beiden Wirbel handelt, an welchen die Krümmung der Wirbelsäule in die andere Krümmungsrichtung überwechselt. Deren geneigte Position wird durch eine virtuelle Linie verlängert, auf welche in der Folge das Lot gesetzt wird. Der Schnittpunkt der sich treffenden Senkrechten ergibt dabei den Krümmungswinkel nach Cobb, den sogenannte Cobb-Winkel. Zum Zweck der besseren Verständlichkeit sei auf die nachfolgende Abbildung, entnommen aus Kinderorthopädie, Klaus Buckup, 2. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York, S. 66, verwiesen.








Abb. 2

Je grösser der Cobb-Winkel, desto schwerer ist die Skoliose.

Die Schwere der (bestehenden) Skoliose ist jedoch nicht alleine entscheidend für die Wahl der Therapie. Wesentliche Bedeutung kommt diesbezüglich der Prognose bezüglich weiterer Verstärkung der Skoliose zu.

Grundsätzlich muss bei der Skoliose mit einer Verschlimmerung bis zum Wachstumsabschluss gerechnet werden. Daher bilden neben der Stärke des Cobb-Winkels noch folgende Faktoren eine wesentliche Bedeutung für die Prognose betreffend Skolioseentwicklung:

- Alter des Betroffenen;
- Risser-Stadium;
- Menarche, d. h. erste Regelblutung, bei Mädchen.

(vgl. Kinderorthopädie in der Praxis, Prof. Dr. med. Fritz Hefti, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, 1997 S. 78; Kinderorthopädie, Klaus Buckup, 2. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York, S. 68).

Beim sogenannten Risser-Stadium handelt es sich um eine Einteilung der Verknöcherung der Beckenkammapophyse in fünf Stadien. Dieses lässt Rückschlüsse auf das Wachstumsstadium des Skelettes zu. Der Beginn der Verknöcherung (Risser 1) fällt zeitlich etwa mit der Menarche, d. h. der ersten Periodenblutung und dem Höhepunkt des pubertären Wachstumsschubs zusammen. Von diesem Zeitpunkt an rechnet man noch mit ca. 2 Jahre anhaltendem, relativ starken Wachstum der Wirbelsäule. Im Stadium IV (Risser 4) ist der Wachstumsschub beendet, bis zur definitiven Verknöcherung findet nur noch ein geringes Wachstum statt (Kinderorthopädie, Klaus Buckup, 2. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York, S. 66 ff.). Nachfolgend findet sich eine schematische Darstellung des Beckens mit der Beckenkammapophyse (aus Kinderorthopädie, Klaus Buckup, 2. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York, S. 68).










Abb. 3

Je nach Form der Wirbelsäulenverkrümmung, Stärke des Cobb-Winkels und Progredienzrisiko ist eine andere Behandlungsform angezeigt. Zur Verfügung stehen dabei folgende Behandlungsmöglichkeiten:
- Physiotherapie,
- Korsettbehandlung,
- Elektrostimulation,
- Operation.

(vgl. Kinderorthopädie in der Praxis, Prof. Dr. med. Fritz Hefti, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, 1997 S. 80 ff, Kinderorthopädie, Klaus Buckup, 2. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York, S. 69 ff).

Zur Behandlung der Skoliose der Klägerin wählten Prof. Dr. med. H. und Dr. med. S. die Behandlung mit Korsetten des Cheneau-Typs in Verbindung mit Physiotherapie. Typisch für die Korsette des Cheneau-Typs sind die sogenannten Expansionsräume. Derartige „Löcher“ im Korsett sollen – in Ergänzung zur Druckausübung an anderen Stellen - der Wirbelsäule gestatten, sich in die korrekte Richtung „zurück zu schieben“. Die richtige Positionierung der Druckbereiche und der Expansionsräume ist daher zentral, damit ein Korsett dieses Typs einen Korrektureffekt erzielen kann. In beispielhafter Weise werden nachstehend einige Korsette des Typs Cheneau gezeigt.








Abb. 4 (Kinderorthopädie in der Praxis, Prof. Dr. med. Fritz Hefti, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, 1997 S. 82)










Abb. 5, 6, 7 (Zwei- und dreidimensionale Korrekturen von Skoliosen durch Korsettbehandlung, J. Matussek u. A. Orthopädie 2000, Springer-Verlag, S. 495)










Abb. 8 (Kinderorthopädie in der Praxis, Prof. Dr. med. Fritz Hefti, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, 1997 S. 82)


II. Sachverhalt

Am 18. September 2004 diagnostizierte der Hausarzt der Klägerin, Dr. med. L, bei der damals 13-Jährigen eine massive Skoliose der gesamten Wirbelsäule, ohne Fixierung, einen Beckenschiefstand von 2 cm sowie eine Ausgleichsskoliose als Folge des Beckenschiefstandes. Er wandte sich daher an das Kantonsspital L. mit der Bitte, die Klägerin zur Beurteilung aufzubieten.

Beweis: Urkunde:
Schreiben Dr. med. L. / Kantonsspital L. vom
18.09.2004 Beilage 1

Am 14. Oktober 2004 fand sich die Klägerin im Kantonsspital L, Kinderspital, zu einer ambulanten Untersuchung ein. Von der Wirbelsäule der Klägerin wurden Röntgenaufnahmen erstellt. Gestützt auf die Röntgenbilder stellte der leitende Arzt der Kinderradiologie des Kantonsspitals L, bei der Klägerin eine linkskonvexe, d.h. nach links gekrümmte Skoliose mit einem Cobb-Winkel von 28° und einer rechtskonvexen Gegenkrümmung von 16° fest. Zudem stellte er fest, dass die rechte Beckenschaufel der Klägerin rund 1.5 cm höher stand als die linke.

Beweis: Urkunde:
Röntgenbericht vom 15.10.2004 Beilage 2

In der Regel ist ein derartiger Beckenschiefstand auf unterschiedliche Beinlängen zurückzuführen. Oftmals führt ein Beckenschiefstand zu einer sogenannten Ausgleichsskoliose, welche mittels einfacher Ausgleichung der Beinlängendifferenz durch Schuheinlagen korrigiert werden kann und nicht mit einem Skoliosetyp verwechselt werden darf, welcher mittels Korsettierung therapiert werden muss.

Am selben Tag diagnostizierte Dr. med. S. bei der Wirbelsäule der Klägerin eine Krümmung nach links von 28° sowie eine Krümmung nach rechts von 12°. Einen Beckenschiefstand erwähnte Dr. med. S. nicht.

Beweis: Urkunde:
Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
14.10.2004 Beilage 3

An dieser Stelle sei die Bemerkung erlaubt, dass es doch einigermassen erstaunt, dass im Röntgenbericht von einer Krümmung nach rechts von 16° die Rede ist, jedoch am gleichen Tage und gestützt auf dieselben Röntgenbilder eine Krümmung nach rechts von 12° festgestellt wird.

Anlässlich des gleichentags stattfindenden Gespräches zwischen Dr. med. S, der Klägerin und ihrer Mutter, eröffnete Dr. med. S, dass bei einer derartigen Skoliose eine Therapierung mittels Korsetten indiziert sei. Damit könne die Wirbelsäulenkrümmung wieder begradigt werden.

Keine Erwähnung fand die Tatsache, dass die Behandlung mittels Korsett einzig geeignet ist, die Verschlechterung der Skoliose auf längere Sicht zu verhindern und dieses Ziel auch nur dann erreicht werden kann, wenn während des Hauptwachstumsschub des Patienten eine erhebliche Krümmungsaufrichtung der Wirbelsäule erzielt werden kann. Dies schildert beispielsweise Prof. Dr. med. Fritz Hefti im Standardwerk „Kinderorthopädie in der Praxis“, auf S. 83.

Beweis: Urkunde:
Kopie aus Kinderorthopädie in der Praxis, Prof. Dr. med. Fritz Hefti,
Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, 1997 Beilage 4

Dieselbe optimistische Prognose hinsichtlich des Behandlungserfolges vertrat Dr. med. S im Übrigen auch gegenüber der Eidgenössischen Invalidenversicherung. Im Arztbericht zu deren Handen vermerkte Dr. med. S. in lit. C, Ziff. 1, dass der Gesundheitszustand der Klägerin besserungsfähig sei und nicht etwa, dass die gewählte Behandlung einzig dazu geeignet ist, auf lange Sicht die Progredienz aufzuhalten.

Beweis: Urkunde:
Arztbericht für Kinder/Jugendliche vom 01.12.2004 Beilage 5

Dr. med. S. klärte die Klägerin sowie deren ebenfalls anwesende Mutter auch nicht darüber auf, dass die Skoliosetherapie mittels Korsetten in Fachkreisen ausserordentlich umstritten ist, sowie, dass neben der Behandlung mittels Korsettierung noch andere Therapiemöglichkeiten, insbesondere die Physiotherapie nach Schroth sowie die stationäre Intensivrehabilitation bestehen.

So verordnete Dr. med. S. der Klägerin die Anpassung eines Korsetts durch M.

Beweis: Urkunde:
Rezept vom 14.10.2004 Beilage 6

Die Auswahl des Korsett-Types beliess Dr. med. S. dabei dem Orthopädietechniker (vgl. Rezept vom 14.10.2004: „Korsettanpassung bei lumbaler Skoliose gemäss Rx-Bilder (im Kispi)“.

Beweis: Urkunde:
Rezept vom 14.10.2004 Beilage 6

Das Korsett wurde daraufhin durch die H. orthopädie AG angefertigt. Am 15. November 2004 erhielt die Klägerin ihr erstes Korsett.

Beweis: Urkunden:
- Bestätigung Termine H. AG Beilage 7
- Terminbestätigung H. AG betreffend erstes
Korsett Beilage 8

Ab dem 15. November 2004 trug die Klägerin das Korsett – wie verordnet – während 23 Stunden pro Tag, dies ohne dass nach Fertigstellung des Korsetts eine Kontrolle der Passform sowie der Korrekturwirkung durch die behandelnden Ärzte vorgenommen wurde. Lediglich der Orthopädietechniker kontrollierte den Sitz des Korsetts am 23. November 2004 sowie am 3. Januar 2005.

Beweis: Urkunden:
Terminbestätigung H. AG betreffend erstes
Korsett Beilage 8

Das Tragen des Korsetts bereitete der Klägerin grosse Schmerzen und Druckstellen. Obwohl sie dies Dr. med. S. bzw. dessen Sekretariat mehrmals telefonisch mitteilte und klar aussagte, dass ihrer Meinung nach etwas mit dem Korsett nicht stimmen konnte, wurde ihr lapidar empfohlen, jeweils abends das Schmerzmittel Dafalgan 500 einzunehmen.

Eine erste ärztliche Kontrolle nach Anpassung des Korsetts fand erst am 3. März 2005, d. h. beinahe vier Monate nach der Versorgung der Klägerin mit dem Korsett statt. Im Rahmen dieser Kontrolle wurde vom leitenden Arzt der Kinderradiologie, festgestellt, dass sich die Verkrümmung nach links um 2° auf 30° verschlechtert hatte, dass sich die Rechtskrümmung im oberen Bereich der Wirbelsäule auf 10° verändert hatte und dass sich im sogenannten lumbosakralen Bereich, d. h. im Übergang von der Lendenwirbelsäule zum Becken eine Verkrümmung von ca. 15° neu gebildet hatte.

Beweis: Urkunde:
Röntgenbericht vom 04.03.2005 Beilage 9

Der ärztliche Bericht von Dr. med. S. betreffend die Kontrolle vom 3. März 2005 erwähnt erstaunlicherweise nichts von einer neu entwickelten Krümmung. Die obere rechte Krümmung sei im Korsett aufgehoben und die untere Krümmung nach links habe sich um einige wenige Grade, auf 26°, verbessert.

Beweis: Urkunde:
Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
03.03.2005 Beilage 10

Der Klägerin und ihren Eltern gegenüber, welche zu diesem Zeitpunkt selbstverständlich keinen Einblick in die ärztlichen Berichte hatten, meinte Dr. med. S, das Korsett korrigiere gut, es müssten nur einige kleinere Anpassungen vorgenommen werden.

Beweis: Urkunde:
Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
03.03.2005 Beilage 10

Die Anpassung des Korsetts durch den Orthopädietechniker M. persönlich erfolgte am 23. März 2005. Gemäss Rechnung der H. Orthopädie AG wurde insbesondere das Rumpfteil teilweise erweitert und die Rumpfpelotte angepasst. Die Arbeiten seien „infolge Wachstum“ notwendig geworden.

Beweis: Urkunden:
- Bestätigung Termine H. orthopädie AG Beilage 7
- Rechnung H. orthopädie AG vom 30.03.2005 Beilage 11

Obwohl ganz klar erhebliche Veränderungen am Korsett vorgenommen worden waren, welche eindeutig Auswirkungen auf den Korrektureffekt des Korsetts hatten, fand (wiederum) keine ärztliche Kontrolle nach erfolgter Anpassung des Korsetts statt. Erst rund 3 Monate später, am 6. Juni 2005, erfolgte eine ärztliche Kontrolle, diesmal in Anwesenheit von Prof. Dr. med. H. sowie Dr. med. S. Als Prof. Dr. med. H. das Korsett, welches die Klägerin trug, sah, entfuhr es ihm, dass dieses „total falsch“ sei und die Wirbelsäule in die verkehrte Richtung korrigiere. Mit anderen Worten schob das Korsett die Wirbelsäule der Klägerin in eine noch ausgeprägtere Fehlstellung. Daher wurde der Orthopädietechniker, M. angewiesen, ein neues Korsett anzufertigen. Ein Röntgenbild wurde Übrigens nicht erstellt, sondern lediglich festgehalten, dass im Korsett der Skoliosewinkel „immer noch 30°“ betrage. Diese Diagnose stützte sich auf das Röntgenbild vom 3. März 2005. Diese Aussage erstaunt, notierte doch Dr. med. Roberto S. im Bericht zuvor, es sei eine leichte Verbesserung auf 26° eingetreten.

Beweis: Urkunde:
Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
06.06.2005 Beilage 12

Der Klägerin wurde daher am 15. Juli 2005 ein neues Korsett angefertigt. Erstaunlicherweise notierte der Orthopädietechniker M., nur, dass eine Kontrolle stattgefunden habe und nicht, dass ein neues Korsett erstellt wurde. Auch gegenüber der IV verrechnete M. im Jahr 2005 keine Korsettneuanfertigung, sondern einzig Änderungsarbeiten, wie „réadapter totalement niveau thorax“, remplacer une boucle“, „petits travaux de collage et de couture“. Dies darf wohl als überaus deutliches Fehlereingeständnis von M. gesehen werden.

Beweis: Urkunden:
- Bestätigung Termine M orthopädie AG Beilage 7
- Abrechnung M. orthopädie AG vom 19.7.2005 Beilage 13

Edition
Akten der IV betreffend Skoliosebehandlung der Klägerin bei der IV-Stelle
L.

Die Klägerin wurde erst am 15. Juli 2005, d. h. mehr als ein Monat nachdem festgestellt wurde, dass das erste Korsett „total falsch“ war, mit dem neuen Korsett versorgt. Während einer für die Skoliosetherapie entscheidenden Phase, nämlich kurz vor Eintritt der Menarche, d. h. der ersten Regelblutung, welche den letzten entscheidenden Wachstumsschub des Skeletts und damit verbunden die letzten signifikanten Korrekturmöglichkeiten der Skoliose einläutet, trug die Klägerin daher zunächst während rund eines halben Jahres ein Korsett, welches in die falsche Richtung „korrigierte“ und blieb, selbst nachdem die behandelnden Ärzte diesen groben Fehler bemerkten, noch über ein Monat ohne Versorgung mit einem neuen Korsett.

Am 20. Juli 2005 fand die nächste Untersuchung mit Anfertigung von Röntgenbildern statt. Zum ersten Mal überhaupt fand nur wenige Tage nachdem Änderungen am Korsett vorgenommen wurden, eine Kontrolle dieser Änderungen durch den behandelnden Arzt statt, wie dies dringend empfohlen wird. Der Facharzt für Radiologie, stellte eine Krümmung im unteren Bereich der Wirbelsäule von 25° und eine im oberen Bereich von 17° fest. Gestützt auf dieselben Röntgenbilder hielt Dr. med. S. fest, im lumbalen Bereich (d. h. im unteren Bereich der Wirbelsäule) bestehe eine Wirbelsäulenverkrümmung von 25°, neu hinzugekommen sei nun eine linkskonvexe Gegenkrümmung von rund 10°. Interessant ist an der Feststellung von Dr. med. S. zum einen, dass er die Gegenkrümmung als neu bezeichnet, obwohl diese bereits festgestellt und dokumentiert wurde. Zudem bezeichnet er die Gegenkrümmung als linkskonvex, dies, obwohl es sich bekanntermassen bei der Hauptkrümmung um eine linkskonvexe Krümmung handelt, die obere Gegenkrümmung daher ganz klar eine nach rechts sein muss (wie dies Dr. med. S. im Übrigen bereits in seinem [ersten] Bericht vom 14. Oktober 2004 festgehalten hatte). Diese Verwechslung von rechts und links wirft ein zweifelhaftes Bild auf die Qualität und Genauigkeit, mit welcher die Klägerin im Kantonsspital L. behandelt wurde.

Beweis: Urkunden:
- Röntgenbericht von Dr. med. vom 01.09.2005 Beilage 14
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
20.07.2005 Beilage 15

Dr. med. S. ordnete im Übrigen eine erneute Anpassung des Korsetts an.


Beweis: Urkunde:
Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
20.07.2005 Beilage 15

Obwohl die Anfertigung des Korsetts durch M. bereits in der Vergangenheit massiv falsch erfolgt ist und die Klägerin sich in einer für die Skoliosetherapie kritischen Phase befand, unterliess es Dr. med. S. und Prof. Dr. med. H, unmittelbar nach der erneuten Anpassung des Korsetts eine Kontrolle vorzunehmen.

Erst am 4. Februar 2006, d. h. mehr als sechs Monate (!) nach erfolgter Anpassung, fand eine ärztliche Kontrolle in Anwesenheit von Prof. Dr. med. H. sowie Dr. med. S. statt. Anlässlich dieser Kontrolle wurde eine Verschlechterung der Skoliose im Lendenwirbelbereich auf 32° und im Brustwirbelbereich auf 24° festgestellt. Diese Verschlechterung wurde weder der Klägerin noch deren Eltern mitgeteilt. Weil das Korsett nach etwas mehr als sechs Monate nach dessen Anfertigung angeblich zu klein geworden sei, wurde die Anfertigung eines neuen Korsetts angeordnet.

Beweis: Urkunden:
- Röntgenbericht von Dr. med. vom 06.02.2006 Beilage 16
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
04.02.2006 Beilage 17
- Rezept vom 03.02.2006 Beilage 18

Am 20. April 2006 wurde eine radiologische Kontrolle durchgeführt. Der Skoliosewinkel wurde gemessen, während die Klägerin das Korsett trug. Dabei wurde neu im unteren Bereich der Wirbelsäule ein Skoliosewinkel von 34° festgestellt. Im oberen Bereich wurde ein Skoliosewinkel von 24° festgestellt.

Beweis: Urkunde:
Röntgenbericht Dr. med. vom 21.04.2006 Beilage 19

Etwas mehr als zwei Monate zuvor war bei einer Röntgenaufnahme ohne Korsett ein Skoliosewinkel im unteren Bereich der Wirbelsäule von 32° festgestellt worden. Mit anderen Worten erzielte die Klägerin ohne Korsett einen niedrigeren und damit besseren Skoliosewinkel als mit Tragen des Korsetts, welches eigentlich eine Verbesserung erzielen sollte!

Beweis: Urkunde:
Röntgenbericht von Dr. med. vom 06.02.2006 Beilage 16

Am 23. April 2006 fand daraufhin einen Kontrolluntersuchung bei Dr. med. S. statt. Obwohl drei Tage zuvor mittels Abnahme eines Röntgenbildes im Korsett im unteren Bereich der Wirbelsäule ein Skoliosewinkel von 34° festgestellt wurde und dieser Winkel sowohl im Vergleich zur letzten Röntgenaufnahme ohne Korsett vom 4. Februar 2006 (32°), als auch im Vergleich zur letzten Röntgenaufnahme mit Korsett vom 20. Juli 2005 (25°) eine Verschlechterung darstellte, hielt Dr. med. S. in seinem ärztlichen Bericht fest, der Skoliosewinkel betrage unverändert (!) 30°. Zudem verordnete Dr. med. S. eine erneute Anpassung des Korsetts durch M.

Beweis: Urkunde:
Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
23.04.2006 Beilage 20

Auch der Patientin und ihren Eltern gegenüber liess Dr. med. S. nichts von einer Verschlechterung der Skoliose verlauten. Im Gegenteil unterstrich er, dass die Behandlung erfreulich verlaufe.

Am 30. Juni 2006 fand wiederum einen Kontrolle durch Prof. Dr. med. H. und Dr. med. S. statt. Es wurden keine neuen Röntgenbilder erstellt. Die Berechnung der Skoliosewinkel beruhten daher immer noch auf den Röntgenbildern vom 20. April 2006. Gestützt auf diese Röntgenbilder hatte Dr. med. S. am 23. April 2006 noch festgehalten, der Skoliosewinkel betrage 30°, eine Krümmung im oberen Bereich der Wirbelsäule erwähnte er nicht. Am 30. Juni 2006, wiederum gestützt auf die Röntgenbilder vom 20. April 2006, hielten Prof. Dr. med. H. sowie Dr. med. S. fest, im unteren Bereich der Wirbelsäule bestehe eine Krümmung von 34° und im oberen Bereich eine von 24°. Die Diskrepanz in der Einschätzung ein und desselben Röntgenbildes ist doch ausserordentlich erstaunlich. Erstaunlich ist auch, dass im ärztlichen Bericht vom 30. Juni 2006 festgehalten wird, dass das Korsett genügend korrigiere; immerhin hat sich die Skoliose bis dahin erheblich verschlechtert.

Beweis: Urkunde:
Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
30.06.2006 Beilage 21

Wiederum wurde der Klägerin sowie deren Eltern einzig gesagt, die Behandlung verlaufe gut, das Korsett solle weiter getragen werden.

Obwohl sich die Skoliose der Klägerin während der gesamten bisherigen Behandlung stetig nur verschlechterte, sahen Prof. Dr. med. H. und Dr. med. S. wohl keine Veranlassung, künftig regelmässigere Verlaufskontrollen durchzuführen. So kam es erst am 22. März 2007, rund neun Monate später, zu einer nächsten ärztlichen Kontrolle, anlässlich derer eine weitere Verschlechterung der Wirbelsäulenverkrümmung von 34° auf 40° festgestellt wurde. Erst auf mehrmaliges, drängendes Nachfragen hin, wurde gegenüber der Klägerin und ihrer ebenfalls anwesenden Mutter überhaupt zugegeben, dass sich die Wirbelsäulenverkrümmung nicht – wie bisher stets behauptet – verbessert, sondern im Gegenteil sich massiv verschlechtert hatte.

Beweis: Urkunde:
Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
22.03.2007 Beilage 22

Entsetzt über diese Verschlechterung begab sich die Klägerin – unter starken Schmerzen und hinkend - zur Behandlung in die Asklepios Katharina-Schroth-Klinik Bad Sobernheim, ein orthopädisches Rehabilitationszentrum für Skoliose und andere Wirbelsäulendeformitäten in Deutschland. Im Rahmen des Eintrittsgespräches wurde die Klägerin angehalten, das von M. angefertigte Korsett per sofort nicht mehr zu tragen, da dieses gar keine Korrektur erzielen könne, sondern nur eine weitere Verschlechterung. Dies obwohl in der Asklepios Katharina-Schroth-Klinik grundsätzlich strengste Korsetttragepflicht gilt. Somit war die Klägerin während ihres gesamten einmonatigen Aufenthaltes die einzige Patientin, welche kein Korsett trug. Erst gegen Ende ihres Aufenthaltes konnte die Klägerin mit einem neuen Korsett versorgt werden.

Beweis: Urkunde:
Entlassungsbericht Asklepios Katharina-Schroth-Klinik Bad Sobernheim
vom 16.05.2007 Beilage 23

Bereits am 11. Mai 2007 konnte im neu angefertigten Korsett eine Korrektur auf 30° im unteren Bereich der Wirbelsäule und auf 20° im oberen Bereich der Wirbelsäule festgestellt werden.

Beweis: Urkunde:
Entlassungsbericht Asklepios Katharina-Schroth-Klinik Bad Sobernheim
vom 16.05.2007 Beilage 23


III. Rechtliche Würdigung

A) Objektiver Tatbestand

Gemäss Art. 123 Abs. 1 StGB wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer vorsätzlich einen anderen Menschen an Körper oder Gesundheit schädigt.

Objektives Tatbestandselement ist die Körperverletzung. Unter Körperverletzung versteht die Rechtsprechung eine nicht mehr bloss harmlose Beeinträchtigung der körperlichen Integrität oder des gesundheitlichen Wohlbefindens. „Die körperliche Integrität ist dann i. S. einer Körperverletzung beeinträchtigt, wenn innere oder äussere Verletzungen zugefügt werden, die mindestens eine gewisse Behandlung oder Heilungszeit erfordern“ (BSK StGB II - Roth Andreas, Art. 123 N 4). Das gesundheitliche Wohlbefinden ist durch „jedes Hervorrufen oder Steigern eines „pathologischen“ Zustandes“ aber auch durch die Verzögerung der Heilung tatbestandsmässsig beeinträchtigt (Stratenwerth Günter, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I, Straftaten gegen Individualinteressen, S. 57).

Die Korsettbehandlung durch Prof. Dr. med. H. sowie Dr. med. S. berührte die körperliche Integrität der Klägerin in mehrfacher Hinsicht: Zum einen fügten die von Ihnen verschriebenen Korsette der Klägerin erhebliche Schmerzen sowie Druckstellen zu. Des Weiteren wirkten die Korsette auf die Krümmung der Wirbelsäule ein. Die ärztlichen Behandlung durch Prof. Dr. med. H. sowie Dr. med. S. erfüllt daher grundsätzlich den objektiven Tatbestand der Körperverletzung.

Die Mangelhaftigkeit der „Heilbehandlung“ führte über die mit einer lege artis durchgeführten Heilbehandlung verbundenen Eingriffe in die körperliche Integrität zu einer noch weitergehenden Verletzung der körperlichen Integrität sowie zu einer Verschlechterung des bereits vorbestehenden pathologischen Zustandes der Klägerin, wie nachfolgend ausgeführt wird.


a) Ungeeignete Röntgenaufnahmen

Fundamentale Voraussetzung für die korrekte Diagnose und Verlaufskontrolle im Rahmen einer Skoliosetherapie ist es, aussagekräftige, vergleichbare und standardisierte Röntgenbilder zu erstellen.

Je nach Ursache einer Skoliose variiert auch die Therapieform. Die Wirbelsäulenverkrümmung kann insbesondere teilweise oder sogar auch gänzlich Folge ungleicher Beinlänge sein. Anlässlich der Röntgenaufnahmen muss daher zwingend eine allfällige Differenz der Beinlängen durch Unterlegen eines Hölzchens unter den betroffenen Fuss ausgeglichen werden (Kinderorthopädie, Klaus Buckup, 2. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York, S. 66). Dies, damit nur diejenige Wirbelsäulenverkrümmung ersichtlich ist, die nicht Folge der ungleichen Beinlänge ist. Obwohl bereits anlässlich der Erstdiagnose durch Dr. med. S. festgestellt wurde, dass bei der Klägerin eine Beinlängendifferenz im Umfang von ca. 5 mm besteht (vgl. Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom 14.10.2004) und diese Differenz in der Folge noch auf 1 cm zunahm (vgl. Entlassungsbericht Asklepios Katharina-Schroth-Klinik Bad Sobernheim vom 16.05.2007, Blatt 2), wurde anlässlich der Röntgenaufnahme diese Differenz nie mittels Unterlage eines Brettchens ausgeglichen (vgl. Formulare Röntgenaufträge). Erst als die Klägerin die Behandlung im Kantonsspital L. abbrach und sich einer stationären Therapie in der Asklepios Katharina-Schroth-Klinik Bad Sobernheim unterzog, wurde zum ersten Mal überhaupt eine korrekte Röntgenaufnahme mit Unterlegen eines Brettchens unter das kürzere Bein angefertigt (vgl. Entlassungsbericht Asklepios Katharina-Schroth-Klinik Bad Sobernheim vom 16.05.2007, Blatt 2).

Beweis: Urkunden:
- Kopie aus Kinderorthopädie, Klaus Buckup, 2. Auflage, Georg
Thieme Verlag, Stuttgart und New York Beilage 24
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung
vom 14.10.2004 Beilage 3
- Entlassungsbericht Asklepios Katharina-Schroth-Klinik Bad Sobern-
heim vom 16.05.2007 Beilage 23
- Röntgenauftrag vom 14.10.2004 Beilage 25
- Röntgenauftrag vom 03.03.2005 Beilage 26
- Röntgenauftrag vom 20.07.2005 Beilage 27
- Röntgenauftrag vom 03.02.2006 Beilage 28
- Röntgenauftrag vom 20.04.2006 Beilage 29
- Röntgenauftrag vom 22.03.2007 Beilage 30

Zwingend notwendig ist des Weiteren, immer eine Röntgenaufnahme der gesamten Wirbelsäule inklusive des Beckenkammes zu erstellen (vgl. Kinderorthopädie, Klaus Buckup, 2. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York, Seite 66 f.; Kinderorthopädie in der Praxis, Prof. Dr. med. Fritz Hefti, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, 1997 S. 74 f.; Skoliosen im Kindes- und Jugendalter, Kein Grund zur therapeutischen Hektik, Dr. med. Wolfgang Remus, in Orthopädie und Rheuma N 4 2001, S. 23). Zudem ist jeweils eine Aufnahme von vorne und von der Seite zu erstellen. Nur so kann die Erstdiagnose der Skoliose sowie der Therapieverlauf sachgerecht und zuverlässig vorgenommen werden (vgl. Kinderorthopädie in der Praxis, Prof. Dr. med. Fritz Hefti, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, 1997 S. 74). Wie bereits erwähnt ist die Skelettreife für das Abschätzen des Wachstumspotentials und damit das Progredienzrisiko von vorrangiger Bedeutung. Im Rahmen einer Skoliosebehandlung wird die Skelettreife in der Regel durch die Bestimmung des Risser-Zeichens beim Beckenkamm vorgenommen. Dies ist selbstredend nur möglich, wenn der Beckenkamm auf dem Röntgenbild auch wirklich abgebildet wird.

Festzuhalten gilt es diesbezüglich, dass sowohl im Röntgenbericht vom 3. März 2005 als auch im Röntgenbericht vom 20. Juli 2005 wohl seitliche Röntgenaufnahmen erwähnt werden, tatsächlich jedoch gemäss späteren Aussagen des Kantonsspitals L. an diesen Daten keine seitlichen Aufnahmen erstellt wurden, sondern einzig sogenannte anteroposteriore (a.p.) Aufnahmen, d.h. Aufnahmen von vorne.

Beweis: Urkunden:
- Kopie „Skoliosen im Kindes- und Jugendalter, Kein Grund zur
therapeutischer Hektik, Dr. med. Wolfgang Remus, in Orthopädie
und Rheuma N 4 2001 Beilage 31
- Röntgenbericht von Dr. vom 04.03.2005 Beilage 9
- Röntgenbericht von Dr. vom 01.09.2005 Beilage 14
- Schreiben Röntgeninstitut des L. Kantonsspitals .
vom 06.05.2008 Beilage 32

Bei der Röntgenkontrolle vom 3. März 2005 handelt es sich um die erste Kontrolle überhaupt nach der Erstversorgung der Klägerin mit einem Korsett, dies im Übrigen zu einem Zeitpunkt kurz vor Einsetzen der Menarche (erste Regelblutung) bei der Klägerin, d.h. in einer Phase, während derer das Skelettwachstum und damit auch das Bedürfnis optimal therapiert zu werden am grössten ist. Die nachfolgende Röntgenkontrolle vom 20. Juli 2005 erfolgte nachdem das zweite Korsett angepasst wurde. Auch diese Röntgenaufnahme war daher von zentraler Bedeutung zur Beurteilung nicht nur des Krankheitsverlaufs, sondern auch des Korrektureffektes des neuen Korsetts.

Es ist jedoch nicht nur so, dass mindestens bei zwei ausserordentlich wichtigen Röntgenkontrollen unvollständige Röntgenserien erstellt wurden, welche eine korrekte Beurteilung des Korrektureffektes des Korsetts sowie des bisherigen Behandlungserfolgs stark erschwerten bzw. verunmöglichten, sondern es wurde generell mehrfach versäumt, Aufnahmen der gesamten Wirbelsäule inklusive der Beckenkämme zu erstellen. Dies betrifft insbesondere die Röntgenaufnahmen vom 3. Februar 2006 sowie vom 22. März 2007. Da dadurch die Bestimmung des Risser-Zeichens und damit des Standes der Skelettreife verunmöglicht wird, erlaubten diese Röntgenbilder keine ausreichende Kontrolle des Therapieerfolges und des Krankheitsverlaufes, was konsequenterweise dazu führt, dass auch eine Fehlbehandlung gar nicht erkannt werden kann.

Beweis: Augenschein:
Röntgenaufnahmen auf CD Beilage 33

Urkunde:
Ärztlicher Bericht vom 16.10.2007, Dr. med.B. Beilage 34


b) Fehlende Primärkorrektur

Der Fachliteratur ist zu entnehmen, dass die sogenannte Primärkorrektur, worunter die (prozentuale) Krümmungsaufrichtung nach Ablauf von in der Regel vier Monaten seit der Versorgung des Patienten mit dem Korsett verstanden wird, ein entscheidender Indikator für die Beurteilung des künftigen Therapieerfolges darstellt. Wie der aktuellen Literatur entnommen werden kann, wird eine minimale Primärkorrektur von 40° verlangt, damit die Behandlung als erfolgversprechend gilt (vgl. Primäre dreidimensionale Korrektur in der Wirbelsäulenorthese als wichtigster objektiver Prognosefaktor in der konservativen Skoliosetherapie, Dr. med. Jan Matussek u. a., 0061 VKO_6623.rtf; Korrekturmechanismus der Skoliose bei Korsett-Therapie, OA Dr. med. F. Landauer, OA, Dr. H. Behensky, in Orthopädie-Technik Nr. 6 2002, S. 504; Correction effects of the ScoliOlogic „Cheneau light“ brace in patients with scoliosis, Dr. med. Hans-Rudolf Weiss u. a., www.scoliosisjournal.com/content/2/1/2).

Beweis: Urkunden:
- Kopie Primäre dreidimensionale Korrektur in der Wirbelsäulen-
orthese als wichtigster objektiver Prognosefaktor in der konserva-
tiven Skoliose-Therapie, Dr. med. Jan Matussek u. a., 0061
VKO_6623.rtf Beilage 35
- Kopie Korrekturmechanismus der Skoliose bei Korsett-Therapie, OA Dr.
med. F. Landauer, OA, Dr. H. Behensky, in Orthopädie-Technik
Nr. 6 2002, S. 504 Beilage 36
- Kopie Correction effects of the ScoliOlogic „Cheneau light“ brace
in patients with scoliosis, Dr. med. Hans-Rudolf Weiss u. a.,
www.scoliosisjournal.com/content/2/1/2 Beilage 37

Mit anderen Worten stimmen die Experten dahingehend überein, dass nur dann von einer fachgerechten Therapie mittels Korsettierung gesprochen werden kann, wenn rund drei bis vier Monate nach erfolgter Korsettversorgung eine genügende Korrektur des Skoliosewinkels festgestellt werden kann. Wie die Experten festgestellt haben, kann nämlich nur dann das Ziel, die Progredienz der Skoliose langfristig auch tatsächlich aufzuhalten, überhaupt erreicht werden (vgl. vorstehend zitierte Literaturstellen).

Bei der Klägerin konnte während der gesamten Behandlung im Kantonsspital L, während derer ihr insgesamt drei Korsette angepasst wurden, nie eine relevante Primärkorrektur erzielt werden:

Am 14. Oktober 2004 stellte der leitende Arzt der Kinderradiologie des Kantonsspitals L. bei der Klägerin eine linkskonvexe Skoliose mit einem Cobb-Winkel von 28° und einer rechtskonvexen Gegenkrümmung von 16° fest.

Beweis: Urkunde:
Röntgenbericht von Dr. med. vom 15.10.2004 Beilage 2


Am selben Tag diagnostizierte Dr. med. S. bei der Klägerin eine Krümmung nach links von 28° sowie eine Krümmung nach rechts von 12°.

Beweis: Urkunde:
Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom 14.10.2004 Beilage 3

In der Folge wurde die Klägerin mittels eines Korsetts, hergestellt durch M, versorgt.

Am 3. März 2005 fand die erste Röntgenuntersuchung, nachdem die Klägerin mit dem Korsett versorgt worden war, statt. Dabei wurde festgestellt, dass sich die Verkrümmung nach links um 2° auf 30° verschlechtert hatte, dass sich die Rechtskrümmung im oberen Bereich der Wirbelsäule auf 10° verändert hatte und dass sich im sogenannten lumbosakralen Bereich, d.h. im Übergang von der Lendenwirbelsäule zum Becken eine Verkrümmung von ca. 15° neu gebildet hatte.

Beweis: Urkunde:
Röntgenbericht von Dr. vom 04.03.2005 Beilage 9

Erstaunlicherweise schreibt Dr. med. S. in seinem Bericht vom 3. März 2005 nichts von einer neu entwickelten Krümmung. Die obere rechte Krümmung sei im Korsett aufgehoben und die untere Krümmung nach links habe sich um einige wenige Grade, auf 26°, verbessert.

Beweis: Urkunde:
Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom 03.03.2005 Beilage 10

Dass zwei spezialisierte Ärzte gestützt auf dieselben Röntgenbilder zu zwei derart unterschiedlichen Befunden gelangen, mag den Laien doch schon sehr in Erstaunen versetzen und lässt grosse Zweifel an der Qualität der medizinischen Behandlung im Kantonsspital L. aufkommen. Nichtsdestotrotz wird selbst bei der sehr viel optimistischeren Analyse von Dr. med. S. bei Weitem nicht die von der Fachliteratur geforderte Primärkorrektur erreicht. Bei einem derartig schlechten Korrekturwert bzw. sogar Verschlechterung einer Skoliose einige Monate nach erfolgter Korsettierung, muss der behandelnde Arzt umgehend (!) die Ursachen eruieren, die Behandlung anpassen oder sogar abbrechen. Dr. med. S. hat es nicht einmal für notwendig befunden, der Patientin die schlechte Nachricht mitzuteilen. Dass er sich des Problems zumindest im Ansatz bewusst war, lässt sich daraus entnehmen, dass er eine Anpassung des Korsetts (durch M. persönlich) vorgenommen haben will und die Klägerin im Mai 2005 nochmals zusammen mit Prof. Dr. med. H. untersuchen will. Dies lässt zumindest eine gewisse Unsicherheit erahnen. Diese Massnahmen sind jedoch – insbesondere in zeitlicher Hinsicht – nicht ausreichend. Die Korrektur des Korsetts und die Nachkontrollen hätten schnellstmöglich erfolgen sollen, da die Klägerin sich in einem heiklen Stadium ganz kurz vor dem letzten Wachstumsschub befand.

Beweis: Urkunde:
Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom 03.03.2005 Beilage 10

In der Folge fand am 23. März 2005 eine Kontrolle des Korsetts bei M. statt.

Beweis: Urkunde:
Bestätigung Termine M. orthopädie ag Beilage 7

Am 6. Juni 2005 fand wiederum eine Sprechstunde mit Dr. med. S. statt, diesmal in Anwesenheit von Prof. Dr. med. H. Es wurde kein Röntgenbild erstellt. Es wurde lediglich festgehalten, dass im Korsett der Skoliosewinkel „immer noch 30°“ betrage. Es sei hier in Erinnerung zu rufen, dass Dr. med. S. drei Monate zuvor, gestützt auf dieselben Röntgenbilder erklärt hatte, es sei eine Verbesserung um einige wenige Grade, mithin auf 26°, erfolgt. Nichtsdestotrotz ist festzuhalten, dass auch Prof. Dr. med. H. keinerlei Verbesserung der Skoliose im Korsett feststellen konnte, d. h. mit anderen Worten keinerlei Primärkorrektur bestand. Prof. Dr. med. H. verordnete eine Neuanfertigung des Korsetts.

Beweis: Urkunde:
Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom 06.06.2005 Beilage 12

Am 20. Juli 2005 fand die nächste Untersuchung mit Anfertigung von Röntgenbildern statt. Der Facharzt für Radiologie, Dr. med, stellte eine Krümmung im unteren Bereich der Wirbelsäule von 25° und eine im oberen Bereich von 17° fest. Gestützt auf dieselben Röntgenbilder hielt Dr. med. S. fest, im lumbalen Bereich (d. h. im unteren Bereich) bestehe eine Wirbelsäulenkrümmung von 25°, es bestehe nun aber neu eine linkskonvexe Gegenkrümmung im Bereich der Brustwirbelsäule von rund 10°. Interessant ist an der Feststellung von Dr. med. S. zum einen, dass er die Gegenkrümmung als neu bezeichnet, obwohl diese bereits festgestellt und dokumentiert wurde. Zudem bezeichnet er diese Gegenkrümmung als linkskonvex, dies, obwohl es sich bekanntermassen bei der Hauptkrümmung um eine linkskonvexe Skoliose handelt, die obere Gegenkrümmung daher ganz klar eine nach rechts sein muss (wie dies Dr. med. S. im Übrigen bereits in seinem Bericht vom 14. Oktober 2005 festgehalten hatte). Diese Verwechslung von rechts und links wirft ein zweifelhaftes Bild auf die Qualität der Behandlung. Schlussendlich ist festzuhalten, dass auch das zweite Korsett, welches der Klägerin angepasst wurde, die Krümmungen der Wirbelsäulen fast gar nicht korrigiert, d. h. auch mit diesem Korsett keine genügende Primärkorrektur erreicht wird, welche die Weiterführung der gewählten Behandlungsform rechtfertigt.

Beweis: Urkunden:
- Röntgenbericht von Dr. vom 01.09.2005 Beilage 14
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
20.07.2005 Beilage 15

Anlässlich der Kontrolle vom 3. Februar 2006 wurde eine Verschlechterung der Skoliose im Lendenwirbelbereich auf 32° und im Brustwirbelbereich auf 24° festgestellt. Daraufhin verordnete Dr. med. S. wiederum eine Neuanfertigung des Korsetts.

Beweis: Urkunden:
- Röntgenbericht von Dr. vom 06.02.2006 Beilage 16
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
04.02.2006 Beilage 17

Am 20. April 2006 wurden wieder Röntgenbilder der Klägerin im Korsett erstellt und im Bereich der Lende ein Skoliosewinkel von 34° sowie im Bereich der Brust eine von 24° festgestellt. Dr. med. S. verordnet die Anpassung des Korsetts.

Beweis: Urkunden:
- Röntgenbericht Dr. vom 21.04.2006 Beilage 19
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
23.04.2006 Beilage 20

Am 30. Juni 2006 fand eine Kontrolle durch Prof. Dr. med. H. und Dr. med. S. statt. Neue Röntgenbilder wurden keine angefertigt. Eine Kontrolle des Korrektureffektes des neu angepassten Korsetts konnte daher nicht stattfinden. Trotzdem hielt Dr. med. S. in seinem Bericht fest, das Korsett korrigiere genügend.

Beweis: Urkunde:
Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
30.06.2006 Beilage 21

Anlässlich der nächsten Kontrolle vom 22. März 2007 stellten Dr. med. M, Dr. med. A. E. und Prof. Dr. med. H. fest, dass die Skoliose auf 40° zugenommen habe. Wiederum wurde eine Neuanfertigung des Korsetts verordnet.

Beweis: Urkunde:
Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
22.03.2007 Beilage 22

Zu diesem Zeitpunkt wurde die Klägerin und ihre Eltern zum ersten Mal überhaupt während der Behandlung informiert, dass sich die Skoliose nicht wie gewünscht verbesserte. Daraufhin begab sich die Klägerin in die Asklepios Katharina-Schroth-Klinik Bad Sobernheim in Deutschland. Dort wurde die Klägerin angehalten, das Korsett umgehend auszuziehen und trug damit – als einzige Patientin in der gesamten Klinik ! – kein Korsett während ihres rund einmonatigen stationären Aufenthaltes. Erst gegen Ende ihres Aufenthaltes war ihr neu angefertigtes Korsett fertiggestellt. Trotzdem konnte am 11. Mai 2007 bereits eine – angesichts der bereits fortgeschrittenen Reife des Skelettes der Klägerin – bedeutende Primärkorrektur auf 30° im Lendenbereich und 20° im Brustbereich festgestellt werden.

Beweis: Urkunde:
Entlassungsbericht Asklepios Katharina-Schroth-Klinik Bad Sobern-
heim vom 16.05.2007 Beilage 23

Zusammenfassend muss festgehalten werden, dass während der gesamten Behandlung durch Prof. Dr. med. H. und Dr. med. S. nie auch nur annähernd eine Primärkorrektur erzielt werden konnte, wie dies von der Fachliteratur verlangt wird. Demzufolge war keines der Korsette, welche der Klägerin verschrieben wurden, geeignet, das Therapieziel – die Vermeidung der Progredienz im Erwachsenenalter, bzw. wie von den behandelnden Ärzten angekündigt, eine Verbesserung – zu erreichen. Erst im Rahmen der Korsettversorgung in der Asklepios Katharina-Schroth-Klinik Bad Sobernheim wurde ein genügender Primärkorrektureffekt erzielt.

c) Kontrollhäufigkeit

Zentrale Bedeutung in der Skoliosebehandlung mittels Korsettierung kommt der regelmässigen klinischen Kontrolle zu. Da die wichtigsten Korrekturergebnisse aber auch die grössten Progredienzrisiken während des Hauptwachstums bis Risser Zeichen 3 bestehen, muss insbesondere in dieser Zeit eine vierteljährliche Kontrolle stattfinden. Dies, da im Hauptwachstumsschub innerhalb von wenigen Wochen oder Monaten enorme Veränderungen herbeigeführt werden, welche eine umgehende Reaktion unbedingt notwendig machen (vgl. Die Konservative Behandlung der idiopathischen Skoliose durch Krankengymnastik und Orthesen, Dr. H.-R. Weiss, in Der Orthopäde, Nr. 2, 2003, S. 154; Kinderorthopädie, Klaus Buckup, 2. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York, S. 70; Kinderorthopädie in der Praxis, Prof. Dr. med. Fritz Hefti, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, 1997 S. 83).

Beweis: Urkunden:
- Die konservative Behandlung der idiopathischen Skoliose durch
Krankengymnastik und Orthesen, Dr. H.-R. Weiss, in Der Orthopäde,
Nr. 2, 2003, S. 146 ff. Beilage 38
- Kopie aus Kinderorthopädie, Klaus Buckup, 2. Auflage, Georg
Thieme Verlag, Stuttgart und New York Beilage 24
- Kopie aus Kinderorthopädie in der Praxis, Prof. Dr. med.
Fritz Hefti, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, 1997 Beilage 8

Die Klägerin befand sich während der Behandlung im Kantonsspital L. kurz vor und nach Eintritt der ersten Regelblutung, d.h. in einer ausserordentlich wachstumsstarken Phase, in welcher regelmässige klinische Kontrollen alle drei Monate zwingend notwendig sind.

Kontrollen durch Prof. Dr. med. H. und/oder Dr. med. S fanden an folgenden Daten statt:

- 14. Oktober 2004
- 3. März 2005
- 6. Juni 2005
- 20. Juli 2005
- 4. Februar 2006
- 23. April 2006
- 30. Juni 2006
- 22. März 2007
- 24. Juli 2007

Beweis: Urkunden:
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
14.10.2004 Beilage 3
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
03.03.2005 Beilage 10
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
06.06.2005 Beilage 12
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
20.07.2005 Beilage 15
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
04.02.2006 Beilage 17
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
23.04.2006 Beilage 20
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
30.06.2006 Beilage 21
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
22.03.2007 Beilage 22
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
19.07.2007 Beilage 39

Obwohl der Klägerin während der Behandlungsdauer insgesamt drei Korsette angepasst werden mussten, die Skoliose sich immer weiter verschlechterte anstelle dass eine relevante Primärkorrektur eintrat und die Klägerin sich während der Behandlungsdauer in einer für die Skoliosetherapie kritischen Phase befand, fand nach der Kontrolle vom 20. Juli 2005 eine nächste Kontrolle erst wieder am 4. Februar 2006 statt, d. h. erst nach beinahe 7 Monaten. Dies obwohl Dr. med. S. anlässlich der Kontrolle vom 20. Juli 2007 eine neu entstandene Gegenkrümmung festgestellt haben will und er noch Anpassungen am Korsett verordnete, da dies nicht korrekt sass.

Auch nach der Kontrolle vom 30. Juni 2006 fand erst wieder eine Konsultation am 22. März 2007 statt, d. h. erst nach beinahe 9 Monaten.

Die behandelnden Ärzte haben damit grundlegende Behandlungsgrundsätze der Skoliosetherapie mittels Korsett missachtet und bemerkten demzufolge viel zu spät, dass sich die Wirbelsäulenverkrümmung immer mehr verschlechterte anstelle, dass sie sich mindestens 40% verbesserte, wie dies die Fachleute für eine Weiterführung der Therapie voraussetzen.

Um längerfristig zumindest eine Stabilisierung der Wirbelsäulenkrümmung zu erzielen, müssen in der relevanten Korrekturperiode, d.h. während des Hauptwachstumschubes, massgebliche Primärkorrekturen erreicht werden. Wird in dieser heiklen Phase keine genügende Primärkorrektur erzielt, lässt sich dies später nicht mehr nachholen, was für die Patientin bedeutet, dass sie im Erwachsenenalter mit einer viel stärkeren Progredienz der Wirbelsäulenverkrümmung leben muss, als dies der Fall wäre, wenn sie korrekt therapiert worden wäre.


d) Keine vollständigen klinischen Kontrollen

Gemäss den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie und des Berufsverbandes der Ärzte für Orthopädie (BVO), welche den aktuellen Stand der Wissenschaft hinsichtlich der Skoliosebehandlung wiedergibt, ist im Rahmen der klinischen Diagnostik insbesondere wichtig, folgende Tests und Untersuchungen durchzuführen:

• Inspektion: Beurteilung von
- Taillendreiecken,
- Verlauf der Dornfortsatzreihe,
- Rumpfüberhang, Lendenwulst, Rippenbuckel,
- Seitlichem Wirbelsäulenprofil,
- Beckenstand und –stellung,
- Schulterstand und –stellung.

• Palpation der:
- Dornfortsätze,
- Muskulatur.

• Spezifische Funktionstests: Beurteilung von
- Mobilität der Verkrümmung,
- Rippenbuckel und Lendenwulst beim Vorbeugetest.

• Messung der:
- Körpergrösse,
- Sitzgrösse,
- Stehgrösse.

(vgl. Leitlinien der Orthopädie, Dt. Ges. f. Orthopädie und orthopäd. Chirurgie + BV d. Ärzte f. Orthopädie (Hrsg.) , Dt. Ärzte-Verlag, 2. Auflage, Köln 2002).

Beweis: Urkunde:
Kopie Leitlinien der Orthopädie, Dt. Ges. f. Orthopädie und orthopäd.
Chirurgie + BV d. Ärzte f. Orthopädie (Hrsg), Dt. Ärzte-Verlag,
2. Auflage, Köln 2002 Beilage 40

Anlässlich der ersten ambulanten Untersuchung der Klägerin durch Dr. med. S. wurde die klinische Untersuchung nur unvollständig durchgeführt. Es wurden weder die Taillendreiecke, noch der Verlauf der Dornfortsatzreihe, Beckenstand und –stellung oder Schulterstand und –stellung untersucht. Auch die Dornfortsätze und die Muskulatur wurden keiner Tastuntersuchung unterzogen. Die Mobilität der Verkrümmung wurde nicht untersucht. Nicht gemessen wurden des Weiteren die Körper-, Sitz- und Stehgrösse. Dass zumindest dem Ansatz nach eine klinische Untersuchung durchgeführt wurde, lässt sich aus der Abrechnung des Kantonsspitals L. entnehmen, welche in der Rechnung den Posten „Untersuchung durch den Facharzt für Orthopädie oder Chirurgie“.

Beweis: Urkunden:
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
14.10.2004 Beilage 3
- Abrechnung vom 28.02.2005 Beilage 41

Es ist daher festzuhalten, dass der Erstdiagnose durch die behandelnden Ärzte, welche Grundlage des Behandlungsentscheides bildet, eine nur unvollständige klinische Untersuchung vorging.

Anlässlich der darauf folgenden Kontrolle vom 3. März 2005 wurde gemäss ärztlichem Bericht keiner dieser Punkte der klinischen Diagnose untersucht. Trotzdem verrechnete das Kantonsspital L. in seiner diesbezüglichen Rechnung eine Untersuchung durch den Facharzt für Orthopädie oder Chirurgie.

Beweis: Urkunden:
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
03.03.2005 Beilage 10
- Abrechnung vom 03.06.2005 Beilage 42

Auch im Rahmen der nächsten Untersuchung mit Datum vom 6. Juni 2005 erfolgte keine Kontrolle dieser Diagnosepunkte.

Beweis: Urkunden:
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
06.06.2005 Beilage 12

Am 20. Juli 2005 mass Dr. med. S. wenigstens die Stehgrösse der Klägerin und untersuchte den Schulterstand („Schulterhochstand rechts“). Die anderen wichtigen Elemente der klinischen Kontrolle vernachlässigte Dr. med. S. Dass jedoch im Ansatz eine klinische Kontrolle, wenn auch nicht vollständig, durchgeführt wurde, lässt sich der Abrechnung des Kantonsspitals L. betreffend der Kontrolle vom 20. Juli 2005 entnehmen, in welcher eine „Untersuchung durch den Facharzt für Orthopädie oder Chirurgie“ aufgeführt ist.

Beweis: Urkunden:
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
20.07.2005 Beilage 15
- Abrechnung vom 17.10.2005 Beilage 43

Im Rahmen der Kontrolle vom 4. Februar 2006 untersuchten Prof. Dr. med. H. und Dr. med. S. einzig die Stehgrösse der Klägerin und machten den Vornüberbeugetest. Alle weiteren Elemente der klinischen Kontrolle liessen sie ausser acht. Eine klinische Kontrolle wurde auch nicht in Rechnung gestellt.

Beweis: Urkunde:
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
04.02.2006 Beilage 17
- Abrechnung vom 26.04.2006 Beilage 44

Anlässlich der Untersuchung vom 23. April 2006 nahmen Prof. Dr. med. H. und Dr. med. S. keine klinische Kontrolle vor. Dies lässt sich im Übrigen auch aus der Abrechnung des Kantonsspitals L. entnehmen, welche keine klinische Kontrolle in Rechnung stellt.

Beweis: Urkunden:
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
23.04.2006 Beilage 20
- Abrechnung vom 29.06.2006 Beilage 45

Auch im Rahmen der Kontrolle vom 30. Juni 2006 wurden keine der empfohlenen Untersuchungen der klinischen Diagnostik durchgeführt. Wiederum wurde keine klinische Kontrolle in Rechnung gestellt.

Beweis: Urkunden:
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
30.06.2006 Beilage 21
- Abrechnung vom 14.11.2007 Beilage 46

Erst am 22. März 2007 führten Prof. Dr. med. H. und Dr. med. M. wenigsten teilweise die empfohlene klinische Kontrolle durch: Sie untersuchten die Taillendreicke sowie den Lendenwulst. Eine weitergehende klinische Kontrolle nahmen Sie jedoch nicht vor. Die teilweise klinische Kontrolle wurde denn auch in Rechnung gestellt („Untersuchung durch den Facharzt für Orthopädie oder Chirurgie“).

Beweis: Urkunden:
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
22.03.2007 Beilage 22
- Abrechnung vom 14.11.2007 Beilage 47

Eine vollständige klinische Kontrolle wurde erst in der Asklepios-Katharina-Schroth Klinik in Bad Sobernheim durchgeführt.

Beweis: Urkunde:
Entlassungsbericht Asklepios Katharina-Schroth-Klinik Bad Sobern-
heim vom 16.05.2007 Beilage 23

Zusammenfassend muss daher festgestellt werden, dass während der gesamten Behandlung durch Prof. Dr. med. H. und Dr. med. S. nie eine genügende klinische Kontrolle durchgeführt wurde.


e) Mangelhafte Korsette

Von herausragender Bedeutung für eine erfolgreiche Therapie mittels Korsetten ist selbstverständlich die Qualität der Korsette.

Mit Datum vom 14. Oktober 2004 stellte Dr. med. S. ein Rezept zur Korsettanfertigung aus („Korsettanpassung bei lumbaler Skoliose gemäss Rx-Bilder“). Die Auswahl der Korsettart überliess er dabei dem Orthopädietechniker. Es darf wohl als ziemlich fragwürdig erachtet werden, dass der behandelnde Arzt dem Orthopädietechniker die Auswahl der Korsettart überlässt.

Beweis: Urkunde:
Rezept vom 14.10.2004 Beilage 6

Der Orthopädietechniker stellte gemäss eigenen Angaben ein sogenanntes Cheneau-Korsett her. Vereinfacht gesagt erfolgt dabei die Korrektur der Wirbelsäulenverkrümmung mit einer Kombination von Zuführung von Druck durch spezielle, an der Innenseite des Korsetts befestigten Druckpelotten an der konvexen, d. h. nach aussen gekrümmten Seite der Wirbelsäulenverkrümmung in Kombination von grosszügig bemessenen Freiräumen, d. h. grossen Löchern im Korsett, an der konkaven, nach innen gewölbten Seite der Wirbelsäulenverkrümmung. Dabei sollten die Freiräume im Korsett so gross als irgendwie möglich ausgestaltet werden. Dies um genug Platz für die Primärkorrektur, die weiteren Korrekturgewinne sowie das zu erwartende Wachstum der Patientin zu belassen (vgl. Konservative Behandlung der idiopathischen Skoliose, F. Landauer, M. Krismer, R. Bauer, in Der Orthopäde, N. 9, 1997, S. 813)

Beweis: Urkunden:
- Kopie Konservative Behandlung der idiopathischen Skoliose,
F. Landauer, M. Krismer, R. Bauer, in Der Orthopäde, N. 9, 1997,
S. 808 ff. Beilage 48
- vereinfachte Skizze zur Veranschaulichung Beilage 49

Nachfolgend einige Darstellungen typischer Cheneau Korsette:










Abb. 9 (Konservative Behandlung der idiopathischen Skoliose, F. Landauer, M. Krismer, R. Bauer, in: Der Orthopäde, Nr. 9, 1997, S. 814)













Abb. 10 (Kinderorthopädie in der Praxis, Prof. Dr. med. Fritz Hefti, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, 1997 S. 82)













Abb. 11 (Zwei- und dreidimensionale Korrektur von Skoliosen durch Korsettbehandlung, J. Matussek u. A., in Der Orthopädie, Nr. 6, 2000, S. 497)












Abb. 12 (Zwei- und dreidimensionale Korrektur von Skoliosen durch Korsettbehandlung, J. Matussek u. A., in Der Orthopädie, Nr. 6, 2000, S. 495)

Keines der von M. für die Klägerin hergestellten Korsette war je mit Druckpelotten versehen.

Umgehend nachdem die Klägerin mit diesem Korsett versorgt worden war, litt sie unter starken Schmerzen im Rückenbereich. Insbesondere an den Schultern und am Gesäss störte das Korsett erheblich, es verursachte sogar grossflächige Hämatome. Zudem hatte sie das Gefühl, dass mit dem Korsett etwas nicht stimmte, es die Wirbelsäule gerade auf die verkehrte Seite drückte.

Erst am 3. März 2005 erfolgte die erste Kontrolle durch Dr. med. S. Dieser verordnete eine Anpassung des Korsetts durch M. persönlich.

Beweis: Urkunde:
Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
03.03.2005 Beilage 10


Die Anpassung wurde am 23. März 2005 vorgenommen.

Beweis: Urkunde:
Bestätigung Termine M. orthopädie ag Beilage 7

Am 6. Juni 2005 fand wiederum eine Kontrolle statt, diesmal in Anwesenheit von Prof. Dr. med. H. Als dieser das Korsett sah, entfuhr es ihm, dass es „total falsch“ war. Das Korsett war gerade seitenverkehrt angefertigt worden, so dass dort, wo die Wirbelsäule durch Druck zurück in die Mitte geschoben werden sollte, ein Luftloch sass, und dass dort, wo eigentlich ein Freiraum bestehen sollte, damit die Wirbelsäule dahin ausweichen kann, gerade Druck ausgeübt wurde. Dies ist sogar dem ärztlichen Bericht betreffend ambulante Behandlung vom 6. Juni 2005 zu entnehmen, wo darauf hingewiesen wird, dass dort, wo die Korrektur mittels Druck auf die Wirbelsäule ansetzen sollte, statt dessen ein Luftloch bestand und dass dort, wo die Wirbelsäule ausweichen sollte, eben kein Luftloch angebracht worden war. M. wurde beauftragt, ein neues Korsett anzufertigen.

Beweis: Urkunde:
Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
06.06.2005 Beilage 12

Obwohl daher ganz klar eine Neuanfertigung eines Korsetts erfolgte, wurde weder ein entsprechendes Rezept ausgestellt, noch eine Neuanfertigung mit der IV abgerechnet. Sogar M. vermerkt einzig einen Termin für eine Kontrolle am 15. Juli 2005. Dies zeigt, dass es sowohl den behandelnden Ärzten als auch M. bewusst war, dass das erste Korsett, welche angefertigt worden war, vollkommen untauglich war und dementsprechend die Neuanfertigung nicht der IV verrechnet werden konnte.

Beweis: Urkunden:
- Schreiben M. orthopädie ag / vom 18.04.2008
inklusive Beilage Beilage 50
- Bestätigung Termine M. orthopädie ag Beilage 7

Edition
IV-Akten der Klägerin betreffend Skoliosebehandlung

Am 20. Juli 2005 fand eine erste Kontrolle nach der Neuanfertigung des Korsetts statt. Wiederum wurde eine Anpassung durch M. verordnet. Diese wurde anscheinend nicht gegenüber der IV verrechnet, hat M. doch nicht einmal festgehalten, wann der Termin zwecks Anpassung des Korsetts stattgefunden hatte.

Beweis: Urkunde:
Bestätigung Termine M. orthopädie ag Beilage 7

Am 4. Februar 2006 fand die nächste Kontrolle in Anwesenheit von Prof. Dr. med. H. statt. Inzwischen hatte sich die Skoliose weiter verschlechtert. Unter dem Vorwand, das Korsett sei inzwischen zu klein geworden, wurde eine Neuanfertigung eines Korsetts verordnet („Neuanfertigung Cheneau Korsett bei Skoliose).

Beweis: Urkunden:
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
04.02.2006 Beilage 17
- Rezept vom 03.02.2006 Beilage 18
- Bestätigung Termine M. orthopädie ag Beilage 7

Edition
IV-Akten der Klägerin betreffend Skoliosebehandlung

Anlässlich der nächsten Kontrolle vom 23. April 2006 verordnete Dr. med. S. wiederum eine Anpassung des Korsetts. Interessanterweise hat M. die Termine für die Anpassung des Korsetts wiederum nicht vermerkt und auch bei der IV-Stelle nicht verrechnet.

Beweis: Urkunden:
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
23.04.2006 Beilage 20
- Bestätigung Termine M. orthopädie ag Beilage 7

Anlässlich der nächsten Kontrolle vom 22. März 2007 wurde festgestellt, dass die Skoliose sich verschlechtert habe. Wiederum wurde die Neuanfertigung eines Korsetts verordnet.

Beweis: Urkunden:
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
22.03.2007 Beilage 22
- Rezept vom 22.03.2007 Beilage 51

Zu diesem Zeitpunkt brachen die Klägerin und ihre Eltern die Behandlung im Kantonsspital L. ab, da ihnen zum ersten Mal überhaupt mitgeteilt worden war, dass die Skoliose sich nicht – wie versprochen - verbessert hatte, sondern im Gegenteil verschlechterte. Zu einer erneuten Anpassung eines Korsetts durch M. kam es daher nicht mehr. Die Klägerin begab sich in die Asklepios Katharina-Schroth-Klinik Bad Sobernheim. Dort wollten die behandelnden Ärzte, dass sie umgehend das von M. angefertigte Korsett ausziehe, da dieses jegliche Prinzipien, welche es bei der Anpassung von Cheneau Korsetten zu beachten gilt, verletze.

In Deutschland wurde der Klägerin in der Folge ein neues Korsett angepasst. Dieses nach dem Cheneau-light Prinzip (Kurzbauweise), wobei es sich um einen Weiterentwicklung des Cheneau Modells handelt, welches jedoch nach derselben Methode von Druckpelotten und Ausweichräumen funktioniert.

Beweis: Urkunde:
Entlassungsbericht Asklepios Katharina-Schroth-Klinik Bad Sobern-
heim vom 16.05.2007 Beilage 23

Im März 2008 wurde der Klägerin in Deutschland wiederum ein Korsett nach dem Cheneau-light Prinzip angefertigt.

Die Klägerin verfügt nur über das zuletzt von M. angefertigte Korsett (in blauer Farbe). Stellt man dieses blaue Korsett neben dasjenige, welches ihr zuletzt in Deutschland gefertigt wurde (in weisser Farbe), ist der Unterschied bereits augenfällig.













Durch M gefertigtes Korsett. In Deutschland gefertigtes Korsett.

Auffallend am blauen Korsett ist zunächst einmal, dass keine Ausweichräume im Korsett bestehen, sondern dass das Korsett durchgehend geschlossen gefertigt wurde, womit klar ein zentrales Element der Korsettbauweise nach dem Cheneau Prinzip missachtet wurde. Klar ersichtlich ist zudem, dass das blaue Korsett die schiefe Stellung des Sakrums (d. h. das Kreuzbein, ein etwa keilförmiger Knochen, auf dem die Wirbelsäule steht) nicht horizontal aufrichtet, was die gesamte Statik der Wirbelsäule in Mitleidenschaft zieht. Dabei handelt es sich um einen typischen Fehler, welcher bei der Herstellung eines Korsetts begangen wird. Denn wenn wie bei der Klägerin ein Beckenschiefstand zufolge Beinlängendifferenz besteht, muss unbedingt vor Abnahme des Gipsabdruckes des Torsos die Beinlängendifferenz, welche zum Sakrumschiefstand und damit zum Beckenschiefstand führt, ausgeglichen werden. (vgl. Das Chêneau-Korsett zur Behandlung thorakaler, thorakolumbaler und kombinierter Skoliosen, G. Ebenhöh, in med.-orthop.-Techn., Nr. 102, S. 145 ff).

Beweis: Urkunden:
- Fotografie der beiden Korsette von vorne Beilage 52
- Kopie Das Chêneau-Korsett zur Behandlung thorakaler, thorakolum-
baler und kombinierter Skoliosen, G. Ebenhöh, in med.-orthop.-Techn.,
Nr. 102, S. 145 ff. Beilage 53
- Darstellung des Beckens mit Sakrum Beilage 54

Vergleicht man die beiden Korsette in der Ansicht von hinten (vgl. eingezeichnete Pfeile) fällt auf, dass das blaue Korsett über keine axiale Abstützung links sowie eine Gegenabstützung verfügt, welche dazu dient, die Brustwirbelsäule aufzurichten. Die Gurte des in Deutschland hergestellten Korsetts sind übrigens mit blauen und roten Strichen markiert. Diese dienen einen zusätzlichen Selbstkontrolle, sollte es nämlich nicht möglich sein, das Korsett innerhalb dieser Markierung zu schliessen, muss umgehend der Orthopädietechniker aufgesucht werden.

Beweis: Urkunde:
Fotografie der beiden Korsette von hinten Beilage 55


Betrachtet man die beiden Korsette von rechts fällt auf, dass die Freiräume vollkommen anders angeordnet sind. Angesichts der Tatsache, dass sich die Skoliose während des Tragens des blauen Korsetts stetig verschlechtert hatte, währendem während des Tragens des neuen weissen Korsetts eine erhebliche Verbesserung erzielt werden konnte, versteht sich wohl selbst, welches der beiden Korsette fachgerecht angefertigt wurde.

Beweis: Urkunde:
Fotografie der beiden Korsette von der Seite Beilage 56

Auch die Ansicht der beiden Korsette von oben offenbart Erstaunliches. Obwohl beide nach dem Cheneau-Prinzip für die gleiche Patientin und bei vergleichbaren Cobb-Winkel angefertigt wurden, unterscheiden sie sich dennoch grundlegend: Während beim weissen Korsett die sogenannten Pelotten, welche Druck auf die Wirbelsäule ausüben, ersichtlich sind, verfügt das blaue Korsett über keine Pelotten. An der Stelle, an der im weissen Korsett die lumbale Pelotte sitzt, verfügt das blaue Korsett sogar noch über eine Vertiefung nach Aussen. Anstelle die Wirbelsäule wieder mehr in die Senkrechte zu drücken, gestattet diese Vertiefung der Wirbelsäule sogar noch, sich weiter zur verbiegen. Im oberen Bereich, im sogenannten thorakalen Bereich, sieht man beim weissen Korsett eine Pelotte, währendem im blauen Korsett a
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Beitrag von CH-heftig »

währendem im blauen Korsett an derselben Stelle sogar noch ein Freiraum eingeschnitten wurde. Auch hier hat das blaue Korsett wieder den genau gegenteiligen Effekt, den es eigentlich haben müsste!

Beweis: Urkunden:
- Fotografie des weissen Korsetts von oben Beilage 57
- Fotografie des blauen Korsetts von oben Beilage 58
M. hat für die Klägerin Korsette angefertigt, welche nicht nur die grundlegenden Prinzipien des Korsettbaus bei Skoliose missachten und – mindestens einmal – sogar seitenverkehrt war. Die behandelnden Ärzte Prof. Dr. med. H. und Dr. med. S. griffen nicht ein, wie dies ihre Pflicht war. Aufgrund des zu wenig straff geführten Kontrollsystems trug die Klägerin zudem immer wieder Korsette, denen sie bereits entwachsen war.


f) Zusammenfassung

Im Sinne eines Zwischenfazits kann festgehalten werden, dass die ärztliche Behandlung durch Prof. Dr. med. H. und Dr. med. S. insbesondere folgende folgenschweren Mängel aufwiesen:

- Die angefertigten Röntgenaufnahmen sind aus mehreren Gründen für die korrekte Diagnose der Skoliose sowie der fortlaufenden Behandlungskontrolle ungeeignet: Zum einen, da die ohne jeden Zweifel bestehende Beinlängendifferenz während den Röntgenaufnahmen nicht durch Unterlegen eines Hölzchens ausgeglichen wurde. Des Weiteren erlauben die Röntgenaufnahmen vielfach nicht das Risser-Stadium und damit die Skelettreife zu bestimmen, welche für die Skoliosebehandlung sehr bedeutend ist. Dies verunmöglicht eine korrekte Diagnose und Prognose des weiteren Verlaufs. Schlussendlich wurde es immer wieder unterlassen, auch seitliche Aufnahmen der Wirbelsäule zu erstellen.

- Die Korsettierung erzielte nie eine ausreichende Primärkorrektur.

- Die Verlaufskontrollen wurden zu selten und in zu grossen Abständen vorgenommen.

- Es erfolgten keine genügenden klinischen Kontrollen.

- Die der Klägerin verordneten Korsette waren nicht geeignet, um eine Korrektur der Wirbelsäule zu erzielen.


Dass diese jahrelange Fehlbehandlung nicht ohne Folgen war, sondern die Skoliose der Klägerin immer mehr verstärkte, zeigt sich darin, dass beinahe umgehend nach Abbruch der Behandlung beim Kantonsspital L. und Beginn der Behandlung in der Asklepios Katharina-Schroth-Klinik Bad Sobernheim eine Primärkorrektur der Skoliose erzielt werden konnte, welche während der gesamten Behandlung am Kantonsspital L. nie auch nur ansatzweise erreicht wurde: Am 22. März 2007, bevor die Klägerin die Behandlung am Kantonsspital L abbrach, wurde bei ihr ein Skoliosewinkel im Korsett von 40° nach Cobb festgestellt. Danach begab die Klägerin sich in die Asklepios Katharina-Schroth-Klinik Bad Sobernheim, wo sie sich vom 18. April 2007 bis zum 16. Mai 2007 in stationärer Behandlung befand. Wie bereits erwähnt, wurde ihr beim Eintrittsgespräch dringend nahegelegt, das Korsett, welches sie damals trug, umgehend abzulegen. Dies tat sie. Erst gegen Ende ihres Aufenthaltes in Bad Sobernheim konnte sie mit einem neu angefertigten Korsett versorgt werden. Trotz der nur sehr kurzen Tragedauer sowie der zum damaligen Zeitpunkt bereits weit fortgeschrittenen Skelettreife, konnte bereits eine gute Primärkorrektur im Korsett erzielt werden: Die Krümmung im unteren Bereich der Wirbelsäule konnte von 40° auf 30° reduziert werden. Die Krümmung im oberen Bereich der Wirbelsäule konnte auf 20° reduziert werden. Heute wird die Klägerin an der ……… behandelt, auch dieser konnte eine weitere Verbesserung der Skoliose erzielen.

Beweis: Urkunden:
- Ärztlicher Bericht betreffend ambulante Behandlung vom
22.03.2007 Beilage 22
- Entlassungsbericht Asklepios Katharina-Schroth-Klinik Bad Sobern-
heim vom 16.05.2007 Beilage 23
- Ärztlicher Bericht vom 16.10.2007, Dr. med.B. Beilage 34

Die nach Abbruch der Behandlung am Kantonsspital erzielte Verbesserung der Wirbelsäulenkrümmung zeigt klar, dass die stetige Krümmungsverstärkung während der Behandlung im Kantonsspital L. kausale Folge der Fehlbehandlung war.

Die Fehlbehandlung durch Prof. Dr. med. H sowie Dr. med. S. und die von M. angefertigten untauglichen Korsette haben dazu geführt, dass die Wirbelsäulenverkrümmung der Klägerin sich während der gesamten Behandlungsdauer immer mehr verstärkte. Gute Korrekturen einer Skoliose in der Form, unter welcher die Klägerin leidet, sind einzig während des Wachstums der Wirbelsäule möglich. Dieses ist bei der Klägerin nun grösstenteils abgeschlossen. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass die Folgen dieser Fehlbehandlung nur teilweise behoben werden können; und dies auch nur, indem sich die Klägerin weiteren, langjährigen und mit Schmerzen verbundenen Therapien unterzieht.

Es ist damit erstellt, dass die „Heilbehandlung“ durch Prof. Dr. med. H. sowie Dr. med. S. und die Korsettanfertigungen durch M nicht lege artis erfolgt sind. Erstellt ist des Weiteren auch, dass diese fehlerhafte Behandlung sowie die untauglichen Korsette kausal für die Verschlechterung bzw. Nichtverbesserung der Wirbelsäulenverkrümmung waren. Fest steht schlussendlich, dass die Folgen dieser Fehlbehandlung und –korsettierung dauerhaft sein werden.

Bereits eine Skoliosetherapie mittels Korsetten, welche lege artis durchgeführt wird, erfüllt grundsätzlich den objektiven Tatbestand der Körperverletzung. Dies, weil das Tragen von Korsetten immer mit Schmerzen und Druckstellen verbunden ist und die Korsette auf die Krümmung der Wirbelsäule einwirken.

Infolge der Fehlbehandlung und –korsettierung kam es jedoch darüber hinaus noch zu massiven Beeinträchtigungen der körperlichen Integrität sowie des gesundheitlichen Wohlbefindens der Klägerin: In der Verschiebung der Wirbelsäule in eine noch ausgeprägtere Fehlstellung ist eine innere Verletzung, welche eine lange Heilungsdauer nach sich zieht, und damit eine Beeinträchtigung der körperlichen Integrität zu sehen. Infolge der fehlerhaft gefertigten Korsette, welche zum einen eine sehr schlechte Passform hatten und zum anderen falsch auf die Wirbelsäule wirkten, litt die Klägerin unter erheblichen Schmerzen und Druckstellen, welche weitaus stärker waren, als dies bei einem richtig gefertigten Korsett der Fall gewesen wäre. Nicht nur die körperliche Integrität der Klägerin wurde durch die Fehlbehandlung und –korsettierung verletzt, sondern ihr gesamtes gesundheitliche Wohlbefinden, dies indem ihr pathologischer Zustand verstärkt wurde.

Zu beachten ist schlussendlich auch, dass selbst eine lege artis durchgeführte Behandlung eine schwere psychische Belastung für den betroffenen Jugendlichen darstellt. So schreibt Prof. Dr. med. Fritz Hefti in seinem Werk „Kinderorthopädie in der Praxis“, dass mehrere Studien gezeigt haben, dass die Korsettbehandlung für die meisten Jugendlichen eine psychische Belastung darstelle (Kinderorthopädie in der Praxis, Prof. Dr. med. Fritz Hefti, S. 82). Bei der Klägerin kommt diesbezüglich noch erschwerend hinzu, dass sie nach der langjährigen, sehr schmerzhaften Behandlung erfahren musste, dass die gesamte Behandlung erfolglos war und sogar noch eine weitere Verschlechterung ihrer Krankheit nach sich gezogen hatte. Dies führte zu einer enormen zusätzlichen psychischen Belastung der Klägerin, unter derer sie noch heute leidet.

Damit ist erstellt, dass der objektive Tatbestand der Körperverletzung erfüllt ist.


B) Subjektiver Tatbestand

Nach Art. 12 Abs. 2 StGB handelt bereits vorsätzlich, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt. Nach ständiger Rechtsprechung liegt Eventualvorsatz dann vor, wenn der Täter die Verwirklichung eines Tatbestandes zwar nicht mit Gewissheit voraussieht, aber doch ernsthaft für möglich hält, und die Erfüllung des Tatbestandes für den Fall, dass sie eintreten sollte, auch will (Trechsel Stefan, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Auflage, Art. 18, N 13).

Prof. Dr. med. H. und Dr. med. S. sind in der Skoliosebehandlung mittels Korsettierung spezialisierte Ärzte. Aufgrund ihrer Ausbildung und ihrer Erfahrung mussten sie zwingend wissen, dass bei der Skoliosebehandlung mittels Korsetten bei einer sich im Hauptwachstumsschub befindlichen Patientin im Hinblick auf einen Behandlungserfolg insbesondere folgenden – in der Fachliteratur allgemein anerkannten - Punkten elementare Bedeutung zukommt:

- dem Erstellen aussagekräftiger Röntgenbildern, welche eine korrekte Diagnose sowie eine geeignete Verlaufskontrolle ermöglichen,
- dem Erreichen einer ausreichenden Primärkorrektur nach Anpassung des Korsetts,
- der Häufigkeit der Kontrolluntersuchungen (alle drei Monate),
- der Durchführung aussagekräftiger und standardisierter klinischen Kontrollen sowie
- der korrekten Anfertigung eines geeigneten Korsetts.

Die behandelnden Ärzte Prof. Dr. med. H. und Dr. med. S. mussten des Weiteren zwingend wissen, dass bei Missachtung dieser oben genannten, allgemein anerkannten Behandlungsprinzipien eine Verschlechterung der Skoliose unumgänglich war. Bei der Missachtung dieser Behandlungsprinzipien handelt es sich zudem um eine ausserordentlich schwere Sorgfaltspflichtverletzung. Es ist daher die Schlussfolgerung zu ziehen, dass die behandelnden Ärzte die Verschlechterung der Skoliose und die Schmerzen der Klägerin in Kauf genommen haben (vgl. BGE 125 IV 252). Damit ist das eventualvorsätzliche Handeln von Prof. Dr. med. H. und Dr. med. S. erstellt.

Bezüglich M. muss – aufgrund seiner Ausbildung als Orthopädietechniker – ebenfalls zwingend davon ausgegangen werden, dass er die Konsequenzen eines falsch angefertigten Korsetts bei einer Skoliosebehandlung einer im Wachstumsschub befindlichen Jugendlichen kennen musste: Er musste wissen, dass ein Korsett, welches an unrichtigen Stellen mit den falschen Kräften auf die Wirbelsäule einwirkt, der Patientin starke Schmerzen bereitet und deren Skoliose verschlechtert. Mit der Anfertigung von untauglichen Korsetten hat M. daher seine Pflichten als Orthopäde grob verletzt. In Anwendung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bedeutet dies, dass M. in Kauf nahm, die körperliche Integrität sowie das gesundheitliche Wohlbefinden der Klägerin zu verletzten bzw. zu beeinträchtigen (vgl. BGE 125 IV 252). Dies bedeutet, dass auch M. zumindest eventualvorsätzlich gehandelt hat.


C) Rechtfertigung: Fehlende Einwilligung der Klägerin

Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung erfüllt jede ärztliche, die körperliche Integrität berührende Massnahme den objektiven Tatbestand der Körperverletzung. Ein Rechtfertigungsgrund besteht allenfalls in der genügenden Einwilligung des Verletzten (BGE 124 IV 258 ff.).

Wie nachfolgend dargelegt wird, wurden die Klägerin sowie ihre Eltern weder zu Beginn noch während derer Dauer genügend aufgeklärt. Konsequenterweise war es ihnen daher nie möglich, rechtsgültig in die Behandlung bzw. deren Fortsetzung einzuwilligen.


a) Fehlende Aufklärung zu Beginn (Indikation Behandlung mittels Korsett, andere Möglichkeiten, Erfolgsaussichten)

Anlässlich der Erstbesprechung, welche am 14. Oktober 2004 stattfand, teilte Dr. med. S. der Klägerin und deren ebenfalls anwesenden Mutter mit, dass die Klägerin unter einer Skoliose leide, welche eine Behandlung mittels Korsettierung bedürfe. Dadurch könne die Wirbelsäulenverkrümmung aufgerichtet werden.

Mit keinem Wort erwähnte Dr. med. S, dass die Behandlung mittels Korsett einzig geeignet ist, die Verschlechterung der Skoliose zu verhindern, nicht aber die Skoliose auf Dauer zu vermindern, wie dies Prof. Dr. med. Fritz Hefti im Standardwerk „Kinderorthopädie in der Praxis“, S. 83, erläutert.

Beweis: Urkunde:
Kopie aus Kinderorthopädie in der Praxis, Prof. Dr. med.
Fritz Hefti, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, 1997 Beilage 4

Dieselbe positive Prognose hinsichtlich des Behandlungserfolges vertrat Dr. med. S. im Übrigen auch gegenüber der Eidgenössischen Invalidenversicherung. Im Arztbericht zu deren Handen vermerkte Dr. med. S. in lit. C, Ziff. 1, dass der Gesundheitszustand der Klägerin besserungsfähig sei und nicht etwa, dass die gewählte Behandlung einzig dazu geeignet ist, die Progredienz aufzuhalten.

Beweis: Urkunde:
Arztbericht für Kinder/Jugendliche vom 01.12.04 Beilage 5

Nicht aufgeklärt wurde die Klägerin und ihre Mutter des Weiteren darüber, dass die Skoliosetherapie mittels Korsetten in Fachkreisen ausserordentlich umstritten ist und im Falle der Klägerin nicht zwingend mittels Korsettierung therapiert werden musste. Wie Prof. Dr. med. Fritz Hefti in seinem Buch, Kinderorthopädie in der Praxis, ausführt, ist die Wirkung eines Korsetts bei Skoliosen unter 30° nach Cobb fraglich. In einer Studie seien „2 gleichartige Kollektive von Mädchen mit idiopathischen Adoleszentenskoliosen zwischen 15° und 30° verglichen“ worden. 144 Mädchen seien mit einem Milwaukee-Korsett, 111 seien nicht behandelt worden. Das Resultat habe keinen signifikanten Unterschied gezeigt. 75% der Unbehandelten seien nicht progredient gewesen, und auch bei den Behandelten habe immerhin 5% der Krümmungen zugenommen. (Kinderorthopädie in der Praxis, Prof. Dr. med. Fritz Hefti, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, 1997 S. 82). Diese Meinung vertritt Prof. Dr. med. Fritz Hefti auch zusammen mit Dr. med. Thomas Böni und PD Dr. K. Min im Jahr 2002 in einer Publikation in Der Orthopäde, Idiopathische Skoliose und Scheuermann-Kyphose, Nummer 1, Januar 2002. Dies entspricht auch der Meinung von Prof. Dr. med. H.F. Halm und Dr. med. Hans Rudolf Weiss, welche ausführen, dass „ adoleszente Skoliosen von weniger als 20° bis 25° [...] in etwa 80% der Fälle nicht progredient [sind] oder [...] sogar zu spontanen Besserungen [neigen]. Sie führen zu keinerlei Einschränkungen, sollten krankengymnastisch behandelt und bis zum Wachstumsabschluss in etwa 6-monatigen Abständen kontrolliert werden.“ (Prof. Dr. med. H. F. Halm, Dr. med. Hans Rudolf Weiss, Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) und des Berufsverbandes der Ärzte für Orthopädie (BVO)). Bekanntlich hatte Dr. med. S. am 14. Oktober 2004 bei der Klägerin eine Skoliose mit einer Krümmung nach links von 28° und einer Krümmung nach rechts von 12° diagnostiziert. Nach Ansicht von Prof. Dr. med. Fritz Hefti besteht bei einer derartigen Skoliose nur ein geringes Progredienzrisiko. Wäre bei der Röntgenaufnahme zudem der Beckenschiefstand von 1.5 cm korrigiert worden, wäre ein noch deutlich niedriger Winkel nach Cobb gemessen worden. Somit war eine Korsettbehandlung zu diesem Zeitpunkt gar nicht indiziert.

Die Klägerin und ihre Mutter wurden des Weiteren nicht darüber informiert, dass neben der Behandlung mittels Korsettierung noch andere Therapiemöglichkeiten, insbesondere die Physiotherapie nach Schroth und die stationäre Intensivrehabilitation bestehen. Diese fehlende Information wiegt um so schwerer, als dass das ständige Tragen von Korsetten in der Art, wie sie der Klägerin verordnet wurden, mit erheblichen Schmerzen und Verschlechterung der Lebensqualität verbunden ist, sowie – vor allem für Mädchen in der Pubertät – psychisch ausserordentlich belastend ist.

b) Fehlende Aufklärung während der Behandlung (Verschlechterung, keine Verbesserung)

Auch während der Therapie kamen die behandelnden Ärzten ihrer Aufklärungspflicht gegenüber der Klägerin sowie deren Eltern nicht nach. Wie vorgehend geschildert, wurde während der gesamten Behandlung der Klägerin nie eine genügende Primärkorrektur erzielt und der Skoliosewinkel erhöhte sich im Verlaufe der Therapie massiv. Nie wurden die Klägerin oder ihre Eltern über dies informiert, womit ihnen jegliche Möglichkeit genommen wurde, das Behandlungskonzept zu überdenken, sich eine Zweitmeinung einzuholen oder die Behandlung durch andere Ärzte fortführen zu lassen.

Die behandelnden Ärzte sind ihrer Aufklärungs- und Informationspflicht der Klägerin und deren Eltern gegenüber offensichtlich nicht nachgekommen. Damit konnte auch keine gültige Einwilligung der Klägerin bzw. deren Eltern in die Therapie sowie in deren Fortführung zustande kommen.

Aufgrund ungenügender Aufklärung der Klägerin sowie ihrer Eltern sowohl zu Beginn als auch während der Dauer der Behandlung kam folglich nie eine rechtsgenügliche Einwilligung der Klägerin bzw. deren Eltern in die Heilbehandlung zu Stande. Schon gar keine Einwilligung bestand des Weiteren in eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes.


D) Schuld

Es bestehen weder Schuldausschlussgründe noch Schuldmilderungsgründe. Im Gegenteil, das Verschulden aller drei Angeschuldigten ist angesichts ihrer Ausbildung und beruflicher Erfahrung als ausserordentlich hoch einzustufen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Klägerin hinsichtlich der Angeschuldigten in einem starken Abhängigkeitsverhältnis stand. Blieb ihr doch infolge mangelhafter Aufklärung und Sachverstand keine andere Wahl, als den Angeschuldigten zu vertrauen.


IV. Fazit

Es konnte vorgehend rechtsgenüglich erstellt werden, dass alle drei Angeschuldigten elementare und allgemein anerkannte Behandlungsprinzipien, welche zum einen zu erheblichen zusätzlichen und unnötigen Schmerzen für die Klägerin und zum anderen zu einer dauerhaften Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin geführt haben, in krasser Weise missachtet haben. Eine rechtsgenügliche Einwilligung bestand weder hinsichtlich der Behandlung noch hinsichtlich der Fehlbehandlung. In subjektiver Hinsicht konnte ebenfalls aufgezeigt werden, dass alle drei Angeschuldigten mindestens eventualvorsätzlich gehandelt haben. Wie dargelegt, liegt weder ein Rechtfertigungs- noch ein Schuldausschlussgrund vor. Alle drei Angeschuldigten haben sich daher der Körperverletzung schuldig gemacht.


V. Anträge

Namens und im Auftrag der Klägerin stellen wir folgende Anträge:

1) Die Beschuldigten seien der vorsätzlicher Körperverletzung schuldig zu sprechen.
2) Eventualiter seien die Beschuldigten weiteren Straftatbeständen, insb. der fahrlässigen Körperverletzung schuldig zu sprechen.
3) Angesichts des erlittenen seelischen Unbills sei der Klägerin eine Genugtuung in angemessener Höhe zuzusprechen.
4) Die Geltendmachung von Zivilforderungen wird ausdrücklich vorbehalten.
5) Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Beschuldigten.


Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen und Anträge bitte ich Sie, sehr geehrte Frau Amtsstatthalterin, sehr geehrte Damen und Herren, Ihres Amtes zu walten.


Mit freundlichen Grüssen
Zuletzt geändert von CH-heftig am Mo, 02.11.2009 - 13:08, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Antwort

Beitrag von CH-heftig »

1. Solche Skoliose „Behandlungen“ sollte es nie mehr geben. So lange Strafuntersuchung im Gange ist darf ich nicht an die Presse.

2. Auf die Wahl des Gutachters könnte ich Rechtlich leider keinen Einfluss nehmen. Es handelt sich um 2 Wirbelsäulen Chirurgen welche, nach Ihren einenem Angaben, noch nie eine erfolgreiche Korsettbehandlung gesehen haben. Und genau dieser Chefarzt bittet sich, und 3 Fachärzte dieser Renomierten Klinik im Internet als Zentrum für Korsettbehandlung an.

3. Aufgrund vom Gutachten, welches Grundsätzliche Medizinische Tatsachen missachtet, sollte die Strafuntersuchung eingestellt werden. Ich habe 14 Tage Zeit weitere Ergänzungen einzureichen und brauche Professionelle Hilfe bei der RTG Bildern Auswertung. Nicht nur Cob Winkel und Rotation, mit diesem Werten komme ich so weit Klar. Wer ist bereit zu helfen?

4. Wo finde ich Studien vom Erfolgreichen Korsettbehandlungen?



Schöne Grüsse aus CH
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Beitrag von Cranberry »

http://www.dimdi.de/static/de/index.html hier suchen und dann würde ich noch beim Bundesverband Skoliose Nachfragen: +491777323334 (gescheftsstelle in Limbach)
LG
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Re: Antwort

Beitrag von BZebra »

CH-heftig hat geschrieben:Es handelt sich um 2 Wirbelsäulen Chirurgen welche, nach Ihren einenem Angaben, noch nie eine erfolgreiche Korsettbehandlung gesehen haben. Und genau dieser Chefarzt bittet sich, und seine 3 Fachärzte im Internet als Zentrum für Skoliose Korsettbehandlung an.
Ja, das ist eigentlich schon dem Grunde nach sträflich. Keine erfolgreiche (hier ja nur definiert als "Halten der Krümmung", was bei euren 26 Grad auch vollkommen ausgereicht hätte) Korsettbehandlung gesehen zu haben, heißt gleichzeitig auch keine durchführen zu können. Wenn ich weiß, dass ich nicht das Wissen und Können für eine Behandlung habe, dann darf ich sie nicht trotzdem anbieten.

Ich kann auch nicht einen Auftrag annehmen z.B. eine Brücke zu konstruieren, von der ich weiß sie wird zusammenbrechen weil ich keine Ahnung davon habe, und lasse meine Ausftraggeber in dem Glauben ich könmnte das. Dafür lande ich im Knast.
3. Aufgrund vom Gutachten, welches Grundsätzliche Medizinische Tatsachen missachtet, sollte die Strafuntersuchung eingestellt werden.

Ja, ist auch Mist das Gutachten.
Ich habe 14 Tage Zeit weitere Ergänzungen einzureichen und brauche Professionelle Hilfe bei der RTG Auswertung. Nicht nur Cob Winkel und Rotation, mit diesem Werten komme ich so weit Klar. Wer ist bereit zu helfen?
Also welche Werte da immer mit gemeint sind, niemand kann aus anderen Werten als Gradzahl und Rotation relevante Erkenntnisse ziehen, schon gar nicht die Richter. Andere Werte werden auch in keinen Studien verarbeitet. An was will man die dann messen.

Ich kann nur oben angeführte Ergänzungen vorschlagen. In so kurzer Zeit sind sicherlich auch keine ordentlichen Gegengutachten anzufertigen.
4. Wo finde ich Studien vom Erfolgreichen Korsettbehandlungen?
In den Weiß'chen Büchern (Befundgerechte Skoliose Behandlung, Best Practice in Conservative Scoliosis Care, Skolioserehabilitation, Wirbelsäulendeformitäten - Konservatives Management) werden an verschiedenen Stellen mit mehreren Verweisen auf Studien Mindestkorrekturen diskutiert, die notwendig sind um eine Veschlechterung zu verhindern. Das sind die Studien über "erfolgreiche Korsettbehandlungen", bei denen man also festgestellt hat, soundsoviel Grad Korrektur braucht man, um eine Verschlechterung aufzuhalten.

Das diese Mindestkorrektur bei eurer Tochter hätte erreicht werden können, habt ihr mit den Röntgenbildern der Korsett-Behandlung bei Rahmouni ja schriftlich.

Zu

C) Rechtfertigung: Fehlende Einwilligung der Klägerin
a) Fehlende Aufklärung zu Beginn


Natürlich beziehen sich diese Studien auf die Indikation von Korsetten ohne Wirkung. Für etwas was keine Wirkung hat, gibt es keine Indikation.
Irgendwo müsste meiner Meinung aber schon klar gestellt werden, dass die Korsette welche ihr erhalten habt eben dieser Gruppe zuzuordnen sind.

Entscheidend ist nicht, ob es sich um eine Korsettbehandlung im Allgemeinen dreht, sondern um eine Behandlung mit einer bestimmten Primärkorrektur im Korsett.

Die angeführten Studien haben vielleicht einen verallgemeinernde Ausdrucksweise und sind missverständlich, jede Studie ist aber immer nur repräsentativ für das Kollektiv aus dem die Daten gezogen wurden.

Die Frage ist, warum diese Studien für die Korsettversorgung die ihr erhalten habt repräsentativ sein sollen: Fehlende Primärkorrektur

Ist die Primärkorrektur in diese Studien überhaupt eingeflossen? Wahrscheinlich nicht, weshalb auch nur vom Korsetttyp oder Korsetten allgemein die Rede ist.

Die Behandlungen deren Ergebnisse in diesen Studien wiedergegeben werden sind also nicht gut genug umschrieben, um übertragbar zu sein.
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Re: Antwort

Beitrag von CH-heftig »

Hallo

Ich möchte Euch dass Ende dieser Geschichte nicht vorenthalten.

Die Gutachter in diesem Fall, Prof. Dr. med. Dieter Grob, Senior Consultant Wirbelsäulenchirurgie, und Chefarzt S Dr. med. D.J. Jeszenszky in Schulthess Klinik Zürich haben bis jetzt noch nie eine erfolgreiche Korsettbehandlung gesehen. Die Erfolgreiche Korsettbehandlung bei der Skoliose wurde als halten der Krümmung definiert. Und genau in dieser Klinik gib es gemäß Internet einen Zentrum führ Konservative Skoliose Therapie mit 4 Spezialisten:.http://www.skoliose.ch/index.php?id=267

Demzufolge kann ich diese Klinik nicht führ eine Skoliose Korsett Therapie empfehlen.

Dank diesem Forum haben wir die Behandlung nach Deutschland gewechselt, meine Tochter bekam mit 17 Jahren und Risser 4, 1,5 Jahre nach der Menarche, bei 43° Lumbaler Cobb Winkel den ersten Korrekt Korrigierenden Korsett. Nach 9 Monaten hatte Sie noch Lumbal 31° ohne Korsett. Mit 18 Jahren Korsett vom Rahmouni, nach 2 Jahren weitere Verbesserung auf 16° ohne Korsett.

Und hier der Richterliche Entscheid:

KANTON LUZERN
EINGEGANGEN 29, März 2010
Amtsstatthalteramt Luzern Eichwilstrasse 2
http://www.stvb.lu.ch 0/bum/geh/zi

in der Strafsache

gegen

Xy Dr. med., Oberarzt
Angeschuldigter

HEFTI Fritz, Prof. Dr. med. Chefarzt
Angeschuldigter

MÜNGER Hans-Rudolf, technischer Orthopäde
Angeschuldigter

betreffend

fahrlässige Körperverletzung

1.Sachverhalt

1. Die 1991 geborene Patientin wurde ab dem 14.10.2004 von Dr. med. XY und Prof. Dr. med. Fritz Hefti wegen Skoliose behandelt (Fasz. 1, Bel. 1). Skoliose ist eine Seitverbiegung der Wirbelsäule, bei gleichzeitiger Rotation der Wirbel, welche nicht mehr vollständig aufgerichtet werden kann. Die Wirbelsäule bildet dabei in der Regel mehrere, einander gegenläufige Bögen, die sich kompensieren, um das Körpergleichgewicht aufrecht zu erhalten (S-Form). Die Skoliose zählt zu den Wachstumsdeformitäten. Sie entsteht und verschlechtert sich während der Jugend in Zeiten verstärkten Körperwachstums, zum Beispiel in den pubertären Wachstumsschüben (http://de.wikipedia.org/wiki/Skoliose).

2. Als Teil der Therapie wurde eine Behandlung mittels eines Korsetts empfohlen. Bis 2007 wurden für (Name entfernt) durch Hans-Rudolf Münger von der H.R. Münger Orthopädie AG verschiedene Korsette hergestellt (Fasz. 1, Bel. 1).

3. Am 16.08.2007 reichte der Rechtsvertreter von (Name entfernt) Strafklage gegen Dr. med. XY, Prof. Dr. med. Fritz Hefti und Hans-Rudolf Münger ein. Den Eingeklagten wird eine Fehlbehandlung (fahrlässige Körperverletzung) zum Nachteil von Patientin vorgeworfen. Die Klageschrift hält fest, dass die Patientin während der entscheidenden Zeit vor der endgültigen Skelettreife, deutliche Verbesserungen einer Skoliose seien nur in dieser Zeit während der Wachstumsphase möglich, von den Angeschuldigten zuerst mit einem seitenverkehrten Korsett, das die Wirbelsäule in eine noch ausgeprägtere Fehlstellung schob und danach mit weiteren, schlecht angepassten, Korsetten versorgt worden sei. Diese Korsette seien nicht geeignet gewesen, eine Verbesserung der Skoliose herbeizuführen. Ebenfalls seien die Kontrollen nicht in genügendem Masse erfolgt (Fasz. 1, Bel. 1).

4. Die Angeschuldigten bestreiten die gegen sie erhobenen Vorwürfe.

5. Am 09.03.2009 wurde Prof. Dr. med. Dieter Grob, Senior Consultant Wirbelsäulenchirurgie, Schulthess Klinik Zürich, mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Das Gutachten sollte insbesondere die Frage klären, ob ein Behandlungsfehler feststellbar sei und dieser allenfalls zu einer Verschlechterung der Skoliose geführt habe (Fasz. 2, Bel. 14).

6. Die Erstellung des Gutachtens erfolgte am 06.10.2009 unter Beizug von Dr. med. D. J. Jeszensky, Chefarzt Wirbelsäulenchirurgie, Schulthess Klinik Zürich, als Co-Autor (Fasz. 1, Bel. 3). Mit Schreiben vom 10.02.2010 wurde das Gutachten präzisiert (Fasz. 1, Bel. 4). Auf den Inhalt des Gutachtens bzw. dessen Präzisierung wird in den Erwägungen näher eingegangen (Fasz. 1, Bel. 3).

II. Beweiswürdigung

1. Fürsprecher der Patientin stellte am 10.12.2009 namens der Privatklägerschaft den Antrag, dem Gutachter seien Ergänzungsfragen zu stellen und Dr. med. XY, leitender Arzt Kinderradiologie im Kantonsspital Luzern, sei als Zeuge zu befragen (Fasz. 4, Bel. 4).

2. Im Rahmen der antizipierten Beweiswürdigung kann der Richter weitere Beweismassnahmen ablehnen, wenn er aufgrund bereits abgenommener Beweise seine Überzeugung gebildet hat und zur Auffassung gelangen durfte, dass weitere Beweisvorkehren an der Sachlage bzw. an der Würdigung der bereits abgenommenen Beweise voraussichtlich nichts mehr ändern würden (Urteil 5A_45312007 vom 3. Oktober 2007, E. 3).

3. Das Gutachten von Prof. Dr. med. Dieter Grob und Dr. med. D.J. Jeszenszky ist zusammen mit der Präzisierung vom 10.02.2010 schlüssig und widerspruchsfrei und gibt auf sämtliche relevanten Fragen klare Antworten. Weitere Beweisvorkehren würden an der Sachlage bzw. an der Würdigung der bereits abgenommenen Beweise nichts mehr ändern. Auf die Stellung von weiteren Ergänzungsfragen an den Gutachter sowie die Befragung des Zeugen Dr. med. XY kann demnach verzichtet werden.

III. Rechtliches

1. Nach Art. 125 StGB wird bestraft, wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit. schädigt. Fahrlässig begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist (Art. 12 Abs. 3 StGB).
Ausgangspunkt für das Mass der anzuwendenden Sorgfalt stellt die den Arzt treffende allgemeine Pflicht dar, die Heilkunst nach anerkannten Grundsätzen der ärztlichen Wissenschaft und Humanität auszuüben, alles zu unternehmen, um den Patienten zu heilen, und alles zu vermeiden, was ihm schaden könnte. Nach der Rechtsprechung liegt die Besonderheit der ärztlichen Kunst darin, dass der Arzt mit seinem Wissen und Können auf einen erwünschten Erfolg hinzuwirken hat, diesen aber nicht herbeiführen oder gar garantieren muss. Die Anforderungen an die dem Arzt zuzumutende Sorgfaltspflicht richten sich nach den Umständen des Einzelfalles, namentlich nach der Art des Eingriffs oder der Behandlung, den damit verbundenen Risiken, dem Beurteilungs- und Bewertungsspielraum, der dem Arzt zusteht, sowie den Mitteln und der Dringlichkeit der medizinischen Massnahme. [...] Der Arzt hat im Allgemeinen nicht für jene Gefahren und Risiken einzustehen, die immanent mit jeder ärztlichen Handlung und auch mit der Krankheit an sich verbunden sind. [...] Der Arzt verletzt seine Pflichten nur dort, wo er eine Diagnose stellt bzw. eine Therapie oder ein sonstiges Vorgehen wählt, das nach dem allgemeinen fachlichen Wissensstand nicht mehr als vertretbar erscheint und daher den objektivierten Anforderungen der ärztlichen Kunst nicht genügt. [... ] Der Arzt handelt unsorgfältig, wenn sich sein Vorgehen nicht nach den durch die medizinische Wissenschaft aufgestellten und generell anerkannten Regeln richtet und dem jeweiligen Stand der Wissenschaft nicht entspricht (BGE 130 IV 7, E. 3.3).

2. In ihrem Gutachten vom 06.10.2009 kamen Prof. Dr. med. Dieter Grob und Dr. med. D.J. Jeszenszky vom Wirbelsäulenzentrum der Schulthess Klinik Zürich zum Schluss, dass anlässlich der Erstkonsultation am 14.10.2004 im Kinderspital Luzern mit dem Feststellen einer „Skoliose der LWS linkskonvex von 28°" die korrekte Diagnose gestellt worden sei (Fasz. 1, Bel. 3, S. 16, Ziff. 2).

3. Die Skoliose der Patientin habe sich während der Behandlung von 2004 bis April 2007 verschlechtert mit einer Zunahme des Skoliosewinkels von 26° auf 42° (ohne Korsett). Der entsprechende Verlauf in den Aufnahmen mit Korsett zeige im Zeitraum von März 2005 bis April 2006 eine Zunahme des Skoliosewinkels von 29° auf 38°. Dass die Skoliose ohne Korsett eine Zunahme zeige, entspreche einem typischen Verlauf bei idiopathischen adoleszenten Skoliosen, die während des Abschlusses des Wachstumsschubs (Menarche Ende 2006) eine Progredienz aufweisen können. Die Zunahme der Verkrümmung im Korsett deute entweder auf die Tatsache hin, dass das Korsett nicht optimal habe angepasst werden können oder aber auf den natürlichen Verlauf der Kurve aufgrund der Altersentwicklung. Die Indikation für eine Korsettversorgung bei der vorliegenden Skoliose sei grundsätzlich korrekt gewesen (Fasz. 1, Bei. 3, S. 16 f., Ziff. 3 und 4).
In seiner Präzisierung des Gutachtens vom 10.02.2010 hält Prof. Dr. med. Dieter Grob fest, dass aufgrund der retrospektiven Aktendurchsicht die Skoliose durch ein Korsett nicht habe korrigiert werden können. Dies könne einerseits auf die ungenügende Anpassung des Korsetts, andererseits auf den natürlichen Verlauf der Kurve zurückgeführt werden. Eine Differenzierung sei hier kaum möglich. Ein Behandlungsfehler könne damit nicht festgestellt werden. Die Verschlechterung der Skoliose könne durchaus auch auf den natürlichen Verlauf der Skoliose zurückgeführt werden (Fasz. 1, Bei. 4, Ziff. 1.1 und 1.2.).

4. Das Gutachten hält weiter fest, dass selbst unter der Annahme, dass die suboptimale Korsettversorgung als Behandlungsfehler eingestuft werde, vermutet werden müsse, dass sich die Kurve (ohne Korsett) trotzdem verschlechtert hätte. Es sei charakteristisch für
diese Art von Wirbelsäulenverkrümmung, dass sie kurz vor Wachstumsabschluss eine Verschlechterung erfahren könne. Gemäss Literatur sei das Ziel der Korsettbehandlung bei dieser Art von Wirbelsäulenverkrümmung eine Verhinderung der Progredienz. Eine Verbesserung der Verkrümmung finde nur in den seltensten Fällen statt (Fasz. 1, Bei. 3, S. 18, Ziff. 5).

In der Präzisierung des Gutachtens vom 10.02.2010 bestätigt Prof. Dr. med. Dieter Grob nochmals, dass sich die Skoliose bei der Patientin auch bei einwandfrei angepasstem Korsett hätte verschlechtern können (Fasz. 1, Bei. 4, Ziff. 2).

5. Aufgrund des Gutachtens sowie dessen Präzisierung steht somit fest:
- dass anlässlich der Erstkonsultation vom 14.10.2004 die korrekte Diagnose gestellt wurde,
- dass die Indikation für eine Korsettversorgung grundsätzlich korrekt war,
- dass die Zunahme der Skoliose (ohne Korsett) kurz vor Wachstumsabschluss bei idiopathischen adoleszenten Skoliosen charakteristisch ist,
- dass kein Behandlungsfehler vorlag,
- dass sich die Skoliose auch bei optimaler Korsettversorgung hätte verschlechtern können,
- und dass gemäss Literatur das Ziel einer Korsettbehandlung bei dieser Art von Skoliose
eine Verhinderung der Progredienz und kaum die Verbesserung der Verkrümmung ist.

6. Gestützt auf das Gutachten und dessen Präzisierung steht somit fest, dass die Behandlung zwar suboptimal erfolgte, jedoch kein Behandlungsfehler vorliegt. Selbst wenn man die suboptimale Behandlung als Behandlungsfehler einstufen würde, würde es am kausalen Zusammenhang zwischen der suboptimalen Behandlung und der verschlechterten Skoliose fehlen, denn die Verschlechterung kann ebenso gut auf den natürlichen Verlauf aufgrund der Altersentwicklung zurückgeführt werden. Das Strafverfahren gegen Dr. med. XY, Prof. Dr. med. Fritz Hefti sowie Hans-Rudolf Münger wegen fahrlässiger Körperverletzung zum Nachteil von Patientin ist somit mangels nachweisbarer Sorgfaltspflichtverletzung bzw. mangels Kausalität einzustellen (§ 125 Abs. 1 StPO).

Demnach wird in Anwendung der §§ 125 und 270 ff.

1. Die Strafuntersuchung gegen Dr. med. XY, Prof. Dr. med. Fritz HEFTI sowie Hans-Rudolf MÜNGER wegen fahrlässiger Körperverletzung zum Nachteil von Patientin

wird eingestellt.

Ich möchte Euch allen, welche mir gute Tipps gaben haben einen Grossen Dank aussprechen.
Und wann ich wieder Kraft finde werde ich darlegen mit welchen Ausreden wir da zu Kämpfen hatten und wie die RTG Bilder von den Gutachtern bewertet wurden. Was die Gutachter auf den RTG Bildern gesehen haben und wass Die nicht Sehen wollten.

LG
CH-heftig
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Beitrag von minimine »

Hallo CH-heftig,

danke für dein Update, auch wenn das Ergebnis wirklich unschön ist. :/

Ich kann mir schon vorstellen, wie da argumentiert wurde. Man braucht sich ja nur die ganzen orthopädischen Lehrbücher anzugucken bzw. die Erfahrungsberichte hier im Forum. Bei Skoliose wird einem ganz schlecht von Lügen-Märchen und unlogischen Zusammenhängen. Dazu kommt wohl bei eurem Gutachten das schöne Sprichwort: "Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus."

Ich finde es schonmal sehr mutig von euch überhaupt, dass ihr diesen Schritt gegangen seid. :respekt: Gott sei Dank ging die Geschichte ja trotzdem gut aus, hätte aber wirklich anders ausgehen können, unabhängig jetzt von diesem Gerichtsurteil. Schlimm finde ich an der Sache v.a. dass die Ärzte, die es verbockt haben, nun weiterhin ihre Patienten in solche Korsetts schnallen, die allein von der Logik her gar nicht funktionieren können.
Es bleibt einem als Skoliose-Patient wirklich nur die Selbst-Information. Ansonsten ist man wirklich verloren, wenn man nicht durch Zufall in der Nähe eines Spezialisten wohnt und zufällig ihn als Arzt ausgesucht hat. Man kann sich nicht auf Ärzte verlassen, nicht auf Techniker und leider auch nicht auf "offizielle Vertreter von Skoliose-Patienten".

Deshalb finde ich es sehr wichtig, dass Patienten hier im Forum wenigstens die Möglichkeit haben, auch von ihren schlechten Erfahrungen zu berichten, um nachfolgende Patienten quasi zu warnen. Auch wenn es den entsprechenden Ärzten und Technikern alles andere als passt und das Forum schlecht redet. :fight:
Ich weiß auch gar nicht, warum man sich so schwer tut mal einheitliche Qualitätsstandards bei Skoliose-Korsetts zu definieren, naja liegt wohl daran, dass Chirurgen gar nicht daran interessiert sind, an der Situation was zu verbessern. Allein über diesen Skoliose-Lobbyismus könnte man ganze Bücher füllen. Und was machen die Ärzte?? Sie klammern sich an ihren Cobb-Winkeln fest und bekommen Dollar-Zeichen in den Augen, wenn sie Skoliosen sehen, die eventuell in die Nähe der OP-Indikation kommen könnten. :<

Mich macht das alles total wütend. Ich bereue es heute auch, dass ich damals, als ich zu Rahmouni gewechselt bin nicht auch mein altes Korsett genommen habe und es meinem ersten Techniker wieder hingetragen habe.
Ich habe mir aber vorgenommen, dass ich dem damaligen Arzt irgendwann eine Email schreiben werde und ihm meine Meinung über die damalige Behandlung und der immer wieder empfohlenen OP schreibe. :<

Werdet ihr nochmal Widerspruch einlegen und Gegen-Gutachten vorlegen??

LG
Minimine
LG
Minimine

Lerne von gestern, lebe und wirke im heute und hoffe für die Zukunft.
Albert Einstein
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