Tübinger Kyphosen-Orthese

Alles zur Korsett-Therapie für Jugendliche und Erwachsene bei Skoliose, Morbus Scheuermann, Kyphose ...
ursah
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Tübinger Kyphosen-Orthese

Beitrag von ursah »

Den Beitrag habe ich schon an anderer Stelle plaziert und nun festgestellt, dass er hier wohl eigentlich hingehört, also nochmal:

Habe den anderen Beitrag entfernt, da er ja inhaltlich gleich war (Thomas)

Meine 12jährige Tochter soll eine Tübinger Kyphosen-Orthese bekommen. Dieses Teil wird fest angebracht. Man kann es im Notfall oder zur Korrektur nur durch Aufschrauben entfernen.
Ich habe selbst eine Skoliose, habe in diesem Alter ein Korsett getragen (mehr oder weniger) und habe Horrorerinnerungen daran. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie man sowas ununterbrochen tragen kann.
Wer hat Erfahrungen?

Zuvor war sie übrigens von einem anderen Orthopäden mit einem Skolistim 2 (Tensgerät) versorgt worden, was der neue Arzt aber für nicht ausreichend hält. Hat da jemand Erfahrungen über die Behandlungserfolge?


Gruß
Ursah
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Thomas
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Beitrag von Thomas »

Hallo ursah,

ich kenne hier im Forum mindestens zwei Personen, die die TKO schon getragen haben, allerdings beide im Erwachsenenalter. Die eine Person ist Gerhard, der die TKO über einen Zeitraum von ich glaube zwei Jahren fest verschraubt getragen hat und Gauklerdavid, der die TKO früher gelegentlich trug und sich jetzt wieder überlegt, ob er sie wieder mehr regelmäßig tragen sollte, der sie aber nicht in der fest verschraubten Form sondern in der abnehmbaren Form (die gibt es auch, wird aber nicht so propagiert) besitzt.

Insbesondere Gerhard hat sich sehr positiv über die TKO geäußert. Der Effekt, dass man sie in der verschraubten Version nicht abnehmen kann führt natürlich zu sehr guten Tragezeiten, andererseits soll sie nach Gerhards Aussagen wesentlich 'bequemer' zu tragen sein als zum Beispiel ein Kyphose-Korsett von Rahmouni und fällt im Gegensatz zu diesem unter der Klaidung auch so gut wie gar nicht auf.

Ob die Wirkung der TKO gegenüber einem Rahmouni-Korsett bei Kyphose besser ist ist umstritten, der Vorteil der hohen Tragezeit ist aber unbestritten. Für mich wäre allerdings der psychische Effekt, in so ein Teil eingeschraubt zu sein, und es auch nicht selbst ablegen zu können, etwas gewöhnungsbedürftig. Aber wahrscheinlich gewöhnt man sich auch daran.

Gerhard schreibt in letzter Zeit leider nicht mehr so oft im Forum, aber vielleicht liest er ja mit und antwortet noch auf Deine Posts. Gauklerdavid ist recht aktiv im Forum und wird Dir sicherlich noch antworten, das kann aber ein paar Tage dauern, da er glaube ich nicht täglich mitliest. Du kannst beiden natürlich auch eine PN schicken, vielleicht antworten sie Dir dann auch schneller!

Ich hoffe, Dir ein bisschen geholfen zu haben!

Viele Grüße

Thomas

PS: Wenn Du in der Suchfunktion [suche]TKO[/suche] oder [suche]Tübinger[/suche] eingibst, kannst Du eine ganze Menge zu dem Thema finden!
ursah
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Beitrag von ursah »

Hallo Thomas,

vielen Dank für die Antwort. Die Hinweise, wie ich suchen kann waren auch hilfreich, denn die Abkürzum TKO kannte ich nicht.

Am Donnerstag haben wir einen Termin mit dem Orthopädiemechaniker für den Gipsabdruck und ein Gespräch. Der kann mir ja vielleicht auch Leute vermitteln, mit denen ich reden kann.
Es ist eben schwierig, weil ich diese Entscheidung nicht für mich sondern für mein Kind treffen muss. Sie ist jetzt schon sauer auf mich, weil ich den Orthopäden gewechselt habe. Der vorige hätte ihr das nicht angetan. Sie ist eben 12, benimmt sich abwechselnd wie eine Große und dann wieder wie ein Kleinkind. Z.B. ist sie wütend auf die KG, die bei ihr Vojta-Therapie macht und ihr wehtut als hätte die Frau sadistische Züge und quäle sie zu ihrem Privatvergnügen. Von daher habe ich Horrorvisionen vor der neuen Qual.

Grüße erst einmal
ursah
gauklerdavid
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Beitrag von gauklerdavid »

Hallo Ursah

Willkommen hier im Forum. KLar ist das ein Schock mit dem Korsett. Gerade da du damit schlechte Erfahrung gemacht hast.Aber das schafft deine Tochter schon!!! Du triffts eine entscheidung für eine Tochter die langfristig gesehen richtig ist. Sehe das Korsett wie jede Sache die schwierig ist und wozu man nicht immer Lust hat, die aber schlichtweg nötig sind und auf dauer auch Erfolg bringen. So wie in die Schule gehen, Zähne putzen, Selbstdisziplin entwickeln bei der Ausübng eines Hobbies und so weiter. Nehme Gefühle und Ängste deiner Tochter ernst aber bemitleide sie nicht auf falsche Weise und sei konsequent.
Solltest du immoment vielleicht einen weniger guten DRaht zu deiner Tochter haben oder solltest du aufgrund deiner eigenen traumatischen KOrsetterfahrung geneigt sein das Korsett als schlimmer zu sehen als es ist, dann ist es sicher gut wenn deine Tochter Kontakt hat zu anderen die durch so ein KOrsett Erfolg haben, mit denen sie sich austaushcen kann, die sie ermutigen und die Probleme damit verstehen. Auch Freunde die einen mit Korsett genauso akzeptieren wie ohne sind sicher wichtig.
Du kennst deine Tochter nehme ich an und weist vielleicht auch wie sie mit schwierigkeiten am besten umgeht, jeder hat da so seine eigene Strategie.

Ich habe als Erwachsener sowohl das Tübinger als auch ein Rahmouni Korsett getragen, bzw trage das immer noch. Ich komme damit gut zurecht, doch hätte ich das als Jugendlicher getan, so bräuchte ich das nun nicht.

Grundsätzlich ist die Entscheidung ein Korsett zu tragen bei 55 Grad Kyphose schon richtig. Zumindest dann sollte diese schon nicht mehr aus eigener Kraft aufrichtbar und haltbar sein.

Statt Vojta KG sollte deine Tochter auf jeden Fall eine Schroth Reha machen und dann sebstständig weiterüben. Das ist ebenso effektief oder effektiefer als Voijta, und deine Tochter hat selbst die KOntrolle über was sie macht und lernt sich immer mehr selbst zu kontrollieren.

Das Tübinger Korsett kann genausogut so gebaut werden ,dass es ablegbar ist, und das scheint mir auch besser so, da deine Tocher es dann in ihr wichtigen situationen ausziehen kann. (Beim Sport, beim Tanzen, beim Feiern, ...) Aber nicht zu oft !

Das Tübinger läst mehr Bewegungsspielraum der Schultern zu als das Rahmouni, korrigiert allerdings nicht die Brustkorbform, drückt bei manchen stark auf den Bauch, und man kann damit weniger Korrekturkräfte entwickeln als im Rahmouni. Wenn die Wirbelsäule deiner Tochter noch beweglich ist und der Brustkorb beim aufrichten nicht unnatürlich nach vorne tritt, dann kann das Tübinger eine sehr gute Wahl sein. Sollte das nicht der Fall sein, beziehungsweise die korrektur im Tübinger nicht gut könnt ihr zu Rahmouni gehen. wo lasst ihr das Tübinger bauen? MIt demTübinger oder dem Rahmoun habt ihr sehr sehr sehr gute Chancen dass deine Tochter einen vollkommen geraden Rücken entwickelt.
Im Gegensatz zu Skoliosen hat deine Tochter den Vorteil, dass das KOrsett im günstigsten Fall nur zwei Jahre Ganztags getragen werden muss.

Elektrostimulation bringt es nicht.


Lieben Gruss
David
Zuletzt geändert von gauklerdavid am Mo, 17.09.2007 - 09:57, insgesamt 1-mal geändert.
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Toni
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Beitrag von Toni »

Ich kann mich Gauklerdavid nur voll und ganz anschließen!
Bitte beendet das unangenehme und quälerische Voijta!
Deine Tochter soll Schroth lernen, so schnell wie möglich!
Ist es Herr Lukas (langjährig erfahrenster Hersteller der TüKO)der die TüKO bauen und anpassen soll?
http://www.orthop-technik.de/Template/index.php
oder ein anderes Sanitätshaus?
Ist es NUSSER & SCHAAL in Tübingen?
50 bis 55° BWS-Kyphose mit 12 Jahren ist wirklich ein guter Grund sehr konsequent zu handeln!
Gruß Toni
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Beitrag von BZebra »

ursah hat geschrieben:Z.B. ist sie wütend auf die KG, die bei ihr Vojta-Therapie macht und ihr wehtut als hätte die Frau sadistische Züge und quäle sie zu ihrem Privatvergnügen.
Das ist aber sowohl für Vojta als auch für Schroth normal, wenn es was bringt, denn die Schmerzen kommen ja von der Muskelspannung die entsteht.

Natürlich kann sie Schroth auch schmerzfrei machen, dann bringt es allerdings nicht wirklich viel. Am Ende ist es ja der Muskelaufbau, der den Effekt bringen soll.

Dass Vojta also bei ihr weh tut, ist eigentlich ein gutes Zeichen, dann hat sie eine gute Therapeutin die wirklich auch etwas bewirkt. Nicht destotrotz sollte sie zusätzlich auch Schroth machen, allein schon der Haltungsschulung wegen.

Kyphose-Orthese ist schwierig. Auf der einen Seite ist es viel wirksamer wenn die Orthese immer rund um die Uhr getragen wird, u.U. ist sie dann mit der Therapie schneller fertig, auf der anderen Seite werden dann wohl Freibadbesuche und der gleichen wegfallen. Sie kann zwar mit dem Korsett baden, das Selbstbewusstsein dafür werden aber wohl eher nur Erwachsene aufbringen.

Weiteres Problem, die Qualität der Tübinger Orthesen ist sehr unterschiedlich, und reicht von garkeine Korrektur bis zu sehr guter Korrektur.

Rahmouni Korsett ist dagagen unbequemer zu tragen, dafür aber ausziehbar und die Korrekturwirkung ist zuverlässig hoch.
ursah
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Beitrag von ursah »

Hallo,

erst einmal vielen Dank für die ausführlichen Antworten. Ich bin richtig beeindruckt!!!

Am Donnerstag wird bei Herrn Lukas der Gipsabdruck gemacht und ich habe am Telefon auch gesagt, dass ich Gesprächsbedarf habe. Herr Dr. Heldmaier hat sehr zu der festen Anbringung geraten mit dem Argument, dass man ja muskulär abbaut und so Tragepausen natürlich ziemlich schaden. Ich hoffe darauf, dass wir vielleich mit Scharnieren anfangen können und erst zuschrauben lassen, wenn wir es uns zutrauen. Vielleicht stelle ich dafür dann eine Prämie in Aussicht.

Also nochmals danke, dass ihr euch so viel Mühe macht. Ist echt ein tolles Forum!

Gruß
ursah
gauklerdavid
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Beitrag von gauklerdavid »

Herr Dr. Heldmaier hat sehr zu der festen Anbringung geraten mit dem Argument, dass man ja muskulär abbaut und so Tragepausen natürlich ziemlich schaden
Hmmm. Also ich aus meiner Erfahrung würde das nicht so dramatisch sehen. Die Verbindung von Schroth und Korsett hat bei mir unter dem Strich auf jeden Fall eindeutig zu Muskelaufbau und nicht zu Abbau geführt. Wenn ich das KOrsett mal ne Stunde nicht anhabe und mich in dieser Zeit in guter Schroth KOrrektur halte oder schrothe oder sport mache , dann sehe ich da keinen Nachteil ,ganz im Gegenteil.
In Bad Salzungen rät man den Skolis ja auch (die auch alle ausziehbare KOrsette haben) sich neben Schroth auch viel zu bewegen und Schulsport mit zu machen (das ist ja auch ohne Korsett) . Die KOrsettpausen dürfen halt nie so lange sein dass man wieder zusammenfällt.
Was allerdings nicht gut ist , wenn man das Korsett nach der Eingewöhnung unregelmässig trägt, sprich nur ein paar Stunden am Tag oder wenn man zu früh abschult.

Gruss
David
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Toni
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Beitrag von Toni »

ursah hat geschrieben: Herr Dr. Heldmaier hat sehr zu der festen Anbringung geraten mit dem Argument, dass man ja muskulär abbaut und so Tragepausen natürlich ziemlich schaden.
Entschuldigung, aber offensichtlich hat Dr. Heldmaier (habe ihn mal kennengelernt bei seinem(etwas sehr dürftig geratenen) Vortrag bei SKOLIOSE-AKTIV e.V. ) KEINE AHNUNG vom Korsett-Tragen!
Es ist längst erwiesen, daß man auch in einer starren Rumpforthese KEINEN Muskelabbau hat. Es ist keinesfalls so wie in einem Gipsverband.
Im Gegenteil, ein Korsett, das zur aktiven Aufrichtung animiert verursacht Anfangs und nach jeder "Verschärfung" der Korrektur Muskelkater.
Man ist ja nicht passiv im Korsett sondern verwendet das Korsett ständig als isometrischen Gegenhalt für die gesamte Rumpf- und Rückenmuskulatur.
Selbst Dr. Weiß schreibt in fast allen seinen Büchern, daß Korsett-Tragen der Rumpfmuskulatur NICHT schadet.
Wichtig ist nur daß man nicht schlaff und passiv im Korsett "hängt".
Dafür sind aber weder die TüKO noch eine RahKO bequem und passiv genug.

Gerhard hat das TüKO nach 2 Jahren ununterbrochenem Tragen von einer Stunde auf die andere vollkommen abgelegt und keine Probleme mit dem Rücken gehabt und nach seinen eigenen Aussagen die Korrektur halten können.
Aber zur Schroth-KG das Ding ablegen zu können, das hat eindeutig Vorteile. Die Option es fest zu verschrauben ist ja immer noch da, falls es Deiner Tochter an der ausreichenden Compliance mangelt.
Wichtig ist auf jeden Fall die Wirkung des Korsettes /Primärkorrektur nach der ersten "Korrekturverschärfung" mit einem seitlichen Ganz-WS-Röbi prüfen zu lassen. Bei 50 bis 55° COBB sollten im Korsett maximal 25° BWS-Kyphose-Winkel übrigbleiben. Dann wäre es echt gut. Mich hat Rahmouni in 3 Monaten mit 48 Jahren von 68° auf 35° gedrückt. Dabei bin ich 3 cm "gewachsen".
Schroth und aktive Selbstaufrichtung klappt wesentlich besser, seit die Verkürzungen auch durch das Korsett aufgebogen wurden und weil man durch das Korsett erst das richtige Gefühl bekommt, wie die WS eigentlich sein sollte.

Ohne Korsett fällt es auch unglaublich schwer, die BWS-Hyperkyphose und LWS-Hyperlordose und auch noch die richtige Hals-Kopfhaltung gleichzeitig zu korrigieren.
Ich hoffe, Du kannst Deine Tochter überzeugen, daß sie JETZT WIRKLICH jede Chance nutzen sollte, einen Buckel für den "Rest des Lebens" und eine OP zu vermeiden. Dazu ist das bestmögliche Korsett gerade gut genug dafür!
Gruß Toni
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Beitrag von Toni »

Noch eine Ergänzung zur TüKO in der verschraubt-versiegelten Version.

Das hat für die Ausheilung einer BWS-Kyphose eine besondere Bedeutung.

Ein Reklinationskorsett wirkt besonders gut, wenn der Patient/die Patientin über Monate hinweg überhaupt nicht mehr inkliniert und die BWS ständig begradigt bleibt.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie sehr man doch versucht ist, ohne Korsett zu inklinieren.
Z.B. wenn man Strümpfe und Schuhe anzieht,
sich in der Dusche die Füße und Zehen wäscht,
sich nach Etwas auf dem Boden oder in den Küchen-Unterschränken Befindlichem bückt,
eine Tasche oder Koffer aufhebt,
beim Essen(ohne Korsett) sich über den Suppenteller beugt
oder sich noch schnell den Rest der Nacht (nach dem das Korsi aus dem Bett geflogen ist) "gemütlich eingekringelt" ein paar Stündchen gekrümmt schläft,
stark in der BWS-Kyphose in der Badewanne liegend, usw.....
Genau das sind aber die Momente, in denen die ventralen (inneren) Wirbelkörperkanten der BWS zuviel keilwirbel-verursachenden Druck bekommen. Aber genau diese Drücke sind es, die verhindern, daß die Keilwirbel sich erholen, aufrichten und regenerieren.

Der eigentliche Hauptvorteil der nicht (so einfach) ablegbaren Version der TüKO besteht in dieser Verhinderung unbewusster Inklination (Inklination = das Gegenteil von Reklination= Verkrümmung der BWS nach Vorne= Kyphose-verstärkendes Nach-vorne-beugen).
Die Korsett-Pausen würden keine Rolle spielen, wenn man/frau in diesen Korsett-Pausen ganz bewusst aufrecht und rekliniert bleiben würde. Das gelingt aber niemand länger als eine halbe Stunde, selbst erfahrenen "Kampf-Schrothern" nicht.
Daher ist (NACH) einer Schroth-Reha die dauergetragene Version des TüKO möglichweise das beste und sicherste Heilmittel, in dem sich die Keilwirbel am schnellsten und wirksamsten zurückbilden.

Das war vor allem die Intention von Prof. Dr. Zielke.
Dr. Hoffmann ist kein großer Freund der TüKO, weil er leider schon zu viele schlecht sitzende oder unzureichend korrigierende TüKO´s gesehen hat.
Aber vom 4-Punkt-Korrekttur-Prinzip her ist die TüKO sehr gut, wenn die Qualitätssicherung/Primärkorrektur geprüft ist und keine Brustkorbdeformation ("Hühnerbrust"-vorstehendes Brustbein, vorstehende untere Rippen-Glockenthorax) vorliegen.
Diese könnten zwar in einer TüKO ebenfalls mit einer zusätzlichen frontalen Pelotten-Spange mitbehandelt werden. Aber bisher hat sich Herr Lukas trotz Bitten von 2 mir bekannten TüKO-Usern leider geweigert, Thoraxdeformationen in der TüKO mitzubehandeln.
Aber wenn solche Thoraxdeformationen nicht vorliegen oder durch die TüKO nicht provoziert werden (z.B. durch sehr hohen Abdominaldruck können die unteren Rippenbögen regelrecht nach vorne oben raus gedrückt werden), dann ist die TüKO sicher ein hervorragendes Korsett.
Es ist sicher wesentlich angenehmer zu tragen und zu ertragen, als ein Rahmouni-KO, wenn die Ersteingewöhnung überwunden ist.
Diese fällt im Rahmouni mit Sicherheit wesentlich schwerer.

Nun ist es aber erst mal nötig Deine Tochter überhaupt von der Notwendigkeit einer Korsett-Behandlung und Schroth-Reha zu überzeugen und die Akzeptanz und Einsicht in diese Notwenigkeit zu schaffen. Am besten wäre es, wenn sie selbst hochmotiviert ist, die Kyphose erfolgreich zu behandeln und dafür "Alles" tun würde, das Erfolg und Heilung verspricht.
KEIN ZWANG kann den EIGENEN WILLEN ersetzen!

das ist ja das Schöne daran: Eine rechtzeitig und konsequent behandelte Kyphose ist wirklich heilbar!
Ich würde mir diese Chance auch noch mal wünschen.
Gruß Toni
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gauklerdavid
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Beitrag von gauklerdavid »

Hallo Toni!

Das hast du ja wieder einen sehr interessanten Punkt aufgeworfen. Nämlich die Frage wieviel es ausmacht wenn man den ganzen Tag in korrigierter Haltung ist gegenüber wenn man ein bis zwei Stunden nicht in korrigierender Haltung ist. Ist es tatsächlich nachgewiesen dass ein 24 h Korsett versorgung nochmal wirkungsvoller ist als eine ich sag mal 21 h KOrsettversorgung?
Wenn das so währe , dann währe dass schon ein pluspunkt fürs Tübinger, weil damit währe ein 24 Stunden Tragezeit erträglicher (und vielleicht auch gesünder) als in einem Rahmoni die Beweglichkeit doch höher ist in dem Ding.
Ich bin bis jetzt davon ausgegangen dass es für eine teilweise Regeneration im Wachsum ausreichend ist wenn der Wirbelkörper über die meiste Zeit ventral entlastet ist und regelmässig reklinierende Muskelreize (wie bei Schroth ) gesetzt werden.


andere Frage
Hast du eigentlich bei dir auch eine regeneration auf dem niveau der Bandscheiben feststellen können?

Gruss
David
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Thomas
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Beitrag von Thomas »

Hallo Toni,

gilt das was Du gesagt hast auch für Erwachsene mit Kyphose oder nur für Heranwachsende? Konkret gefragt: Hälst Du es auch bei Erwachsenen für schädlich, wenn sie sich in ihre Kyphose inklinieren während der Korsett-freien Zeit?

Ich bin gegenwärtig bei einer täglichen Tragezeit zwischen 20 und 22 Stunden und hab eigentlich bisher in den Korsett-Pausen kein allzu schlechtes Gewissen, wenn ich auch manchmal in mich zusammenfalle, mich bücke und all das tue, von dem Du gesprochen hast. Allerdings bin ich bei dieser Trageweise auch absolut schmerzfrei, was ja der Hauptbeweggrund für mich ist, überhaupt ein Korsett zu tragen.

Wenn es so wäre, dass die Korsett-Pausen auch für Erwachsene so schädlich sind, dann käme nämlich auch für mich eine TüKO on Frage, gerade auch unter dem Aspekt, dass das TüKO ja wohl einiges leichter zu tragen ist wie das Rahmouni.

Allerdings habe ich mir gerade erst ein Rezept für ein neues Rahmouni abgeholt. So wird das nächste Korsett wohl wieder ein Rahmouni werden, aber da auch dieses Korsett sicher nicht mein letztes sein wird, wer weiss, vielleicht wird dann auch mein drittes Korsett ein TüKO!

Viele Grüße

Thomas
gauklerdavid
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Beitrag von gauklerdavid »

Ich für meine Teil habe das Gefühl dass kurze (wenige Stunden ) Korsett Pausen mit Bewegung und bewuster Haltung gefüllt mir gut tun. Zu oft an und aus und zuwenig Tragezeit allerdings soll ja nach Dr Steffan eine Lockerung begünstigen. Hängt vielleicht auch davon ab wie stark das KOrsett nun korrigiert und wie gross demnach der Unterschied ist zwischen an und aus.
Grundsätzlich kann ich mir nicht vorstellen dass kurzzeitige Inklination so schädlich ist, macht ja jeder und gehört zum normalen Bewegungsrahmen dazu.
Was mir persönlich nicht gut getan hat war das KOrsett nach intensiver mehrmonatiger Tragezeit dann plötzlich sehr wenig bis gar nicht zu tragen. Den ersten MOnat hat das noch prima funktioniert hat, dann kamen aber , nach und nach Schmerzen, Blockaden und Unstabilitätsgefühle. Mittlerweile geht es mir schmerztechnisch und Belastungstechnisch wieder ziemlich gut, (mit Korsett tragen) es kracht nur oft. Probleme die ich immoment habe scheinen auch etwas mit der Rotation oder mit Assymetrien zu tun haben, da sie immer einseitig sind.

Gruss
David
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Beitrag von Toni »

Zur Biologie der Knochen und Entstehung und Heilung von Keilwirbeln.

In unseren Knochen sind ständig und lebenslang 2 gegensätzliche Arten von Zellen aktiv:

1. die Knochen aufbauenden Osteoplasten.

2. die Knochen abbauenden Osteoklasten.

Bei einem jungen Menschen sind die aufbauenden Osteoplasten stärker. Das Skelett wächst.

Beim adulten Menschen sind die aufbauenden Osteoplasten und die abbauenden Osteoklasten im relativen Gleichgewicht.

Beim alten Menschen sind die abbauenden Osteoklasten stärker.
Das Skelett schrumpft (Osteoporose).

Wenn bei einem jungen Menschen bestimmte Teile des Skelettes ständig unter einem fehlstatischen Druck stehen, wie bei einer BWS-Kyphose/Scheuermann die ventralen Wirbelkörperkanten der BWS, dann bauen die Osteoklasten im komprimierten Bereich die Knochenmasse schneller ab, als sie die Osteoplasten wieder aufbauen können.

Die abbauenden Osteoklasten "arbeiten" mit relativ starken Säuren und "ätzen" die Knochenmasse im Druckbereich regelrecht weg. Wenn dieser Bereich unter hohem Druck steht , dann "ätzt" es wesentlich stärker!

Das kann jeder selbst in einem kleinen Versuch ausprobieren.
2 Wattebäusche mit Essig tränken und an ein Hühnerei anlegen. 1 Essig-Wattebausch mit Gummiband fest aufpressen, den anderen nur locker anlegen.
Schon nach wenigen Stunden sieht man, daß die Essigsäure unter Druck wesentlich stärker korridiert.

Werden die ventralen Wirbelkörperkanten dauerhaft entlastet, dann gewinnen zumindest bei einem wachsenden Menschen die Osteoplasten die Oberhand und können durch Wachstum die Keilwirbel wieder begradigen.
Aber eben nicht, wenn immer wieder stundenlang Fehlbelastungs-Druck drauf kommt.

Gerhard berichtete, daß sich bei ihm die Keilwirbel regeneriert haben und er nun die Kyphose-Korrektur mühelos halten kann. Gleiches berichten ehemalige Vollzeit-TüKO-User. Herr Lukas kennt viele solche Beispiele aus seiner Berufserfahrung.
Ich habe zwar auch eine enorme Korrektur erreicht.
Aber ich kann von mir bisher nicht behaupten, daß ich meine begradigte Kyphose mühelos auch ohne Korsett halten kann.
Es ist für mich immer noch sehr anstrengend, aufrecht und rekliniert zu bleiben. Aber nur dann kann ich meinen schmerzfreien Zustand halten.

Das sind alles durchaus ernstzunehmende Gründe, die für eine dauertragbare Reklinationsorthese sprechen.
Anderseits liebe ich die Momente, wo ich "Amors Schraubstock" abschnallen und in die Ecke werfen kann.

Neben Rahmounis "Meisterstücken" und der Option auf ein TüKO habe ich selbst ein Kyphosen-Korsett erfunden, das ich für das OPTIMUM halte. Leider habe ich bisher noch keine Zeit gefunden die ToKO (Tonis Kyphosen-Orthese) zu bauen.
Gruß Toni
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Beitrag von gauklerdavid »

Spannender Beitrag, Toni :zustimm:

Und auf dein ToKo währen wir wohl alle sehr gespannt!!!
Wohl so eine Art Kombination aus Tübinger und Rahmoui mit enigen spezial Toni features?!

Gruss
David
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Beitrag von Matthias »

Hallo Toni,

das war ja wieder ein sehr informativer Beitrag von Dir wie eigentlich immer. Ich habe auch gerade mein zweites Rahmouni von der KK genehmigt bekommen. Gibt es etwas worauf man beim 2. Korsett am meisten achten sollte?
Toni hat geschrieben:Neben Rahmounis "Meisterstücken" und der Option auf ein TüKO habe ich selbst ein Kyphosen-Korsett erfunden, das ich für das OPTIMUM halte. Leider habe ich bisher noch keine Zeit gefunden die ToKO (Tonis Kyphosen-Orthese) zu bauen.
Gruß Toni
Hast Du eine Beschreibung oder Bilder Deines Entwurfs, das finde ich nämlich sehr interessant, denn ich bin auch immer am basteln.

Viele Grüße

Matthias
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Beitrag von Thomas »

Hallo Toni,

ebenfalls vielen Dank für die Erklärung! Sehr interessant!
Toni hat geschrieben:Neben Rahmounis "Meisterstücken" und der Option auf ein TüKO habe ich selbst ein Kyphosen-Korsett erfunden, das ich für das OPTIMUM halte. Leider habe ich bisher noch keine Zeit gefunden die ToKO (Tonis Kyphosen-Orthese) zu bauen.
Die würde mich auch brennend interessieren! Wünsche Dir (und uns :D), dass Du bald mal Zeit dafür findest!

Ich könnte übrigens auch noch Tipps brauchen, auf was ich bei meinem zweiten Korsett (morgen geh ich zum Gipsen) achten sollte bzw. um was ich Meister Rahmouni noch bitten sollte!

Viele Grüße

Thomas
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Beitrag von Thomas »

Hallo Ursah,

was kam denn bei dem Termin mit Herrn Lukas heraus? Habt Ihr den Gipsabdruck machen lassen und habt Ihr Euch für eine Version der TüKO entschieden (verschlossen oder unverschlossen?)?

Viele Grüße

Thomas
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Keilwirbel Regeneration

Beitrag von benking »

Hallo Toni,
wenn ich Dich richtig verstanden habe, empfehlst Du bei Keilwirbelbildung, dass das Korsett 24 Std am Tag getragen wird, um die Regenerationsphase nicht zu beeinträchtigen und das der Wirbel sich besser regenieren kann.

Dies würde dann bedeuten, das ein versiegltes Korsett ala Tübinger dies am besten garantiert.

Gruß ben
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Beitrag von ursah »

Hallo allerseits,

gestern waren wir in Münsigen und haben die TÜ-KO abgeholt. Seit gestern 17.30 Uhr trägt Antonia das Teil, jammert zwar aber hat mich noch nicht zum Öffnen gedrängelt.

Nachher gehen wir zusammen zur Schule und sie versucht, dort eine Weile durchzuhalten.

Wir werden weiter berichten

Gruß von Ursah
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