10 Jahre nach Behandlungsbeginn nun doch Operation

Fragen zum Thema Wirbelsäulen OP's
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robinho
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10 Jahre nach Behandlungsbeginn nun doch Operation

Beitrag von robinho »

Hallo,

vor ziemlich genau zehn Jahren, damals war ich 20 Jahre alt, habe ich mich hier angemeldet. Nach der Diagnose "34°Thorakalskoliose mit 27° lumbalen Gegenschwung" durchlief ich quasi alle konservativen Therapien: 5 Wochen Schroth-Reha in Bad Salzungen mit anschließender ambulanter Fortsetzung, Rahmouni Korsett, CCtec Korsett. Darüber hinaus probierte ich einige "exotische" Therapien, etwa die "geistige Aufrichtung nach Pjotre Elkunoviz" und "Functional Patterns".
Fast jede Therapie brachte kurzweilige Erfolge, jedoch hielten diese nie lange an. Insbesondere beim Tragen des Korsetts bemerkte ich mit der Zeit eine Art Korsett-Abhängigkeit, was sicherlich nicht Ziel der Therapie sein sollte.
Die Schmerzen nahmen also mit den Jahren zu und die Krümmung landete immer wieder auf dem Ausgangslevel. Aus meiner Sicht kann man als Erwachsener keine Verbesserungen im Sinne einer Begradigung mit konservativen Therapien erzielen. Ist einfach zwecklos.

Parallel zu den Therapien machte ich zudem zwischen 6 und 7 mal die Woche vergleichsweise ambitioniert Sport. Immer Laufen/Schwimmen im Wechsel mit Krafttraining. Ich fühlte mich grundsätzlich besser bzw. schmerzfreier, nachdem ich Sport gemacht hatte. Außerdem erlangte ich dadurch für Hobby Sportler eine sehr gute Fitness.

Doch ich war einfach nicht zufrieden: Die schiefe Wirbelsäule störte mich und außerdem war ich überzeugt, dass die Krümmung mit dem Alter zunehmen wird.

Schließlich wurden im November 2019 neue Röntgenbilder angefertigt, bei denen ich mich zum ersten Mal locker hinstellte, und nicht möglichst aufrecht wie bei der 34° Diagnose. Man hat die neu entstandenen Bilder mit 45° thorakal vermessen. Ich stellte mich in den Wirbelsäulenzentren Augsburg und Wiesbaden vor und entschied mich für Wiesbaden.

Die OP fand Anfang März statt. Es wurde von Th4 bis Th12 versteift und auf 7° und 9° korrigiert. Die Rotationskomponente konnte ebenfalls sehr gut korrigiert werden, sodass ich zum ersten Mal in meinem Leben ein halbwegs symmetrisches Skelett habe. Ferner wurde sehr sorgsam auf mein sagittales Profil geachtet, wodurch ich von einem Fast-Flachrücken nun auf einen Kyphosewinkel von 25° komme.

Ich habe die OP super gut verkraftet. Die Schmerzen waren insbesondere durch die PDK stets auszuhalten. Bereits am ersten Tag post OP lief ich mit Gehwagen gute 100 m über den Flur. Ab Tag 2 lief ich grundsätzlich ohne Gehhilfe. Treppen waren von Anfang an kein Problem. Sehr erfreut bemerkte ich, dass ich quasi keine Bewegungseinschränkungen habe aufgrund der nicht operierten Lendenwirbelsäule: Ich kann mich jetzt schon fast so weit drehen und bücken wie vor der OP. Ich blieb insgesamt 8 Tage im Krankenhaus, da ich so lange brauchte, bis ich ohne PDK und nur oralen Schmerzmitteln klarkam. Ich fuhr die 3,5 Stunden Zug allein nach Hause.

Bald bin ich bei 2 Wochen post OP und es wird von Tag zu Tag besser. Natürlich fühlt sich der Rücken noch sehr fremd an, haben sich doch die Muskeln über viele Jahre an das schiefe Skelett gewöhnt. Auch habe ich immer noch einige Schmerzspitzen über den Tag verteilt-vor allem in der Nacht. Es ist aber insgesamt sehr gut auszuhalten und ich bereue die Entscheidung keineswegs. Eher, dass ich so lange damit gewartet habe.
Ich plane, bereits 18 Tage post OP wieder auf Arbeit (Bürojob) zu gehen.


Wenn jemand Fragen hat, kann er oder sie mich gerne kontaktieren.
robinho
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Re: 10 Jahre nach Behandlungsbeginn nun doch Operation

Beitrag von robinho »

Kurzes Update:
Ich bin tatsächlich wieder nach knapp 3 Wochen auf Arbeit gegangen und es ging wirklich gut. Ich bin jetzt mittlerweile bei knapp 8 Wochen post OP und Sitzen fühlt sich auch über viele Stunden hinweg absolut normal an. Ebenso fahre ich wieder Fahrrad und merke wirklich keinen Unterschied zu vorher. Genausowenig sind stundenlange Spaziergänge, Liegestütze und andere Übungen mit dem eigenen Körpergewicht ein Problem. Auch die Narbe verheilt sehr gut.
Das einzige, was mir noch zu schaffen macht, ist Liegen ab ca. 5 Stunden. Dann tut mir der Rücken weh, so dass ich in der Nacht aufwache und erst einmal einige Minuten sitzen oder stehen muss, bis es wieder geht. Manchmal nehme ich dann noch eine Tablette (50 mg Tapentadol), ansonsten nehme ich aber schon seit 2 Wochen gar keine Schmerzmittel mehr. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass dieser Liegeschmerz irgendwann aufhören wird.

Insgesamt habe ich es mir wirklich viel schlimmer vorgestellt.
Zuletzt geändert von robinho am Do, 30.04.2020 - 15:02, insgesamt 1-mal geändert.
Lady S
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Re: 10 Jahre nach Behandlungsbeginn nun doch Operation

Beitrag von Lady S »

Super, dass es für Dich so gut gelaufen ist!
Bei Dir wurde ja ausschliesslich die BWS versteift, was bei Erwachsenen wohl selten der Fall ist. Fällt Dir da eine Einschränkung der Beweglichkeit gegenüber früher auf?
Grüsse, Lady S
robinho
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Re: 10 Jahre nach Behandlungsbeginn nun doch Operation

Beitrag von robinho »

Hi!

Du hast völlig recht: Es ist ein enormer Vorteil, wenn nur die BWS versteift wird. Man hatte in den Bending Aufnahmen gesehen, dass ich die LWS allein mit Muskelkraft absolut gerade kriege (oder sogar überkorrigieren kann) und dort nichts rotiert ist. Es ist/war eine rein kompensatorische Krümmung.
Dafür war die BWS umso fixierter (ich bin ja mittlerweile auch immerhin schon 30): Statt den 3 geplanten Stunden hatte meine OP 5 gedauert, weil sie so viel zusätzliche Arbeit beim Aufbrechen/Mobiliseren hatten (es wurden an einigen Wirbeln auf der konvexen Seite kleine v-förmige Knochenstücke abgetrennt). Ich hatte ja auch sowohl ein Rahmouni- als auch Cctec-Korsett: In beiden kam ich nie unter 20°, obwohl das schon fast 10 Jahre her ist!

Ich merke kaum bis keine Einschränkungen hinsichtlich der Beweglichkeit. Nach 4 Wochen haben ich mal meinen Finger-Boden-Abstand überprüft und kam auf ca. 15 cm. Vor der OP hatte ich ca. 10 cm (ich war schon immer ein ziemlich schlecht beweglicher Mensch). Auch Drehen und Seitneigen geht rein subjektiv wie vorher.
Die Rippen und auch die Muskeln im Lendenbereich fühlen sich allerdings immer noch etwas steif an. Aber kein Wunder: Trotz der rein kompensatorischen Krümmung hatte ich einen ziemlichen Lendenwulst, der direkt nach der OP zu 95 % weg war. Somit wurden da in kürzester Zeit Muskeln und andere Weichteile enorm umpositioniert. Klar, dass die noch einige Zeit irritiert sind.

Demnächste werde ich mal ein paar Bilder hochladen.
SkoRaSch97
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Re: 10 Jahre nach Behandlungsbeginn nun doch Operation

Beitrag von SkoRaSch97 »

Hallo Robinho,

da ich selbst auch kurz vor einer möglichen OP stehe, frage ich mich wie es dir momentan geht.
Hättest du Lust ein kurzes Update diesbezüglich zu geben?
Auch würde mich interessieren wer dich operiert hat.
In Wiesbaden habe ich demnächst auch ein Gespräch.

Lieben Gruß
SkoRaSch
robinho
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Re: 10 Jahre nach Behandlungsbeginn nun doch Operation

Beitrag von robinho »

Hallo,

ich bin mittlerweile bei Woche 16 post OP und mir geht es weiterhin sehr gut.

Seit Woche sechs post OP trainiere ich täglich zwischen 30 und 60 Minuten, und zwar immer eine Einheit Krafttraining im Wechsel mit einer Einheit Ausdauertraining. Was das Krafttraining angeht mache ich schon ziemlich viel: Bankdrücken, Klimmzüge, Rudern, Armübungen, Übungen am Seilzug... Eigentlich alles, bei dem keine vertikalen Lasten von >10 kg zu bewältigen sind. Damit werde ich erst ab Monat sechs post OP beginnen.

Was das Ausdauertraining angeht, habe ich zunächst mit dem Radergometer begonnen. Das ist eine super schonende Variante. Mein Chirurg hatte mir jedoch ab Woche zehn erlaubt zu joggen. Das hat sich zu Beginn sehr seltsam angefühlt, etwa als wäre ich enorm im Hohlkreuz. Generell ist es so, dass mein Rumpf noch enorm viel arbeiten muss, aber es wird besser: Inzwischen bin ich schon wieder in der Lage 10 km in ca. 45 Minuten zu laufen.

Die Fotos zeigen meinen aktuellen Zustand. Es ist leider so, dass ich trotz der recht geringen Krümmung von 45° eine deutliche Rippendeformität ausgebildet hatte, die auch nach der OP natürlich nicht weg ist. Man wird also immer eine gewisse Asymmetrie erkennen. Im Vergleich zum Zustand vor der OP liegen jedoch Welten.

Jedenfalls kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass man nicht ein Jahr lang körperlich völlig degeniert. Ich habe mir die OP einschließlich der Folgen deutlich schlimmer und langwieriger vorgestellt aufgrund der vielen negativen (und leider häufig unqualifizierten) Äußerungen im Forum.
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robinho
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Re: 10 Jahre nach Behandlungsbeginn nun doch Operation

Beitrag von robinho »

Mal ein Update 2 Jahre und 3 Monate post OP:

Es geht mir nach wie vor wunderbar, d.h.:
*Keinerlei (!) Rückenschmerzen
*Keine spürbare Einschränkung der Beweglichkeit
*Weiterhin gute Entwicklung der Kraft- und Ausdauerwerte (bspw. 150 kg im Kreuzheben und 19:10 im 5-km-Lauf)
*Das letzte Röntgenbild (1 Jahr post OP) zeigt eine minimale weitere Aufrichtung der Wirbelsäule

Nachteilig empfinde ich die bleibende Taubheit um die Narbe herum und natürlich die Sichtbarkeit der Narbe als solche. Für mich persönlich überwiegen aber die Vorteile ganz deutlich.

Ich leben weiterhin ohne Einschränkungen, insbesondere was meine sportlichen Aktivitäten angeht.
1.jpg
Röntgenbild 1 Jahr postOP
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OK vorn
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OK hinten
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Röntgenbild präOP
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Re: 10 Jahre nach Behandlungsbeginn nun doch Operation

Beitrag von Raven »

Hi robinho,

danke für dein Update. Sehr schön zu lesen, dass es dir so gut geht!
robinho hat geschrieben: Mo, 06.06.2022 - 16:13 *Keine spürbare Einschränkung der Beweglichkeit
*Weiterhin gute Entwicklung der Kraft- und Ausdauerwerte (bspw. 150 kg im Kreuzheben und 19:10 im 5-km-Lauf)
Das liegt bestimmt auch an deiner relativ kurzen Versteifungsstrecke. (Bei einer im Vergleich zu dir viel längeren Versteifungsstrecke könnte ich das von dir Beschriebene nicht annähernd leisten, obwohl es mir grundsätzlich gut (oder konkreter: richtig super auch noch 25 Jahre nach OP) geht. Z.B. auch beim Laufen (Joggen) fällt gleich auf dass das nicht mehr richtig funktioniert (die Wirbelsäule rotiert nicht mehr mit, sodass jegliches Joggen extrem holperig wird), während mir z.B. Wanderungen oder lange Spaziergänge mit großer Ausdauer möglich sind (z.B. 20 - 40 km an einem Tag wandern, Gepäck trage ich allerdings nicht komplett selbst).)
Nachteilig empfinde ich die bleibende Taubheit um die Narbe herum und natürlich die Sichtbarkeit der Narbe als solche. Für mich persönlich überwiegen
aber die Vorteile ganz deutlich.
Die Taubheit um die Narbe herum hat sich bei mir (auch) erst nach längerer Zeit, deutlich über ein Jahr, gegeben. Da kann sich also noch etwas tun.
Die Sichtbarkeit der Narbe stört mich persönlich nicht (jetzt zum Sommer hin trage ich auch wieder rückenfreie Tops; bei der Auswahl von Bekleidung beachte ich die Narbe gar nicht und lebe nach dem Motto "wer fragen will darf fragen und bekommt von mir eine vernünftige Antwort, und wenn jemand glotzt oder tuschelt ist mir das egal"). Wenn es dir wichtig ist, könntest du dich aber über eine Narbenkorrektur (Lasern) informieren.

Weiterhin alles Gute jedenfalls! :)

Viele Grüße
Raven
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Re: 10 Jahre nach Behandlungsbeginn nun doch Operation

Beitrag von robinho »

Hallo Raven,

so kurz finde ich neun versteifte Wirbel jetzt nicht, gerade ventral operierte Patienten haben fast immer eine kürzere Fusionsstrecke. Ich finde da die Lokalisation, also in meinem Fall ausschließlich BWS, ausschlaggebender.

Einen Punkt möchte ich noch anfügen: Seit deiner OP wurde das Instrumentarium meines Wissens locker 2x in wesentlichen Punkten überholt (wie die Schrauben gesetzt werden, der Stabverlauf angepasst wird, etc.). Leider kann man deine verlinkten Bilder schon lange nicht mehr sehen, ich meine mich aber zu erinnern, dass dein sagittales Profil gerade was die physiologische Lordose anbelangt aus Sicht der heutigen Möglichkeiten nicht optimal ist. Möglicherweise würde man deine Krümmung heutzutage sogar mit zwei kurzen ventralen Strecken behandeln.

Insofern: Deine ausführlichen Beschreibungen sind natürlich für neue Patienten wertvoll, aber zur Einschätzung der Risiken und Möglichkeiten meines Erachtens nur noch bedingt geeignet - man argumentiert ja auch nicht mit den Korsetts von vor 25 Jahren.
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Raven
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Re: 10 Jahre nach Behandlungsbeginn nun doch Operation

Beitrag von Raven »

Hallo robinho,
robinho hat geschrieben: Di, 07.06.2022 - 13:24 Hallo Raven,

so kurz finde ich neun versteifte Wirbel jetzt nicht, gerade ventral operierte Patienten haben fast immer eine kürzere Fusionsstrecke. Ich finde da die Lokalisation, also in meinem Fall ausschließlich BWS, ausschlaggebender.
Genau das meinte ich mit "kurz":
Es ist bei dir die LWS nicht betroffen.
Einen Punkt möchte ich noch anfügen: Seit deiner OP wurde das Instrumentarium meines Wissens locker 2x in wesentlichen Punkten überholt (wie die Schrauben gesetzt werden, der Stabverlauf angepasst wird, etc.). Leider kann man deine verlinkten Bilder schon lange nicht mehr sehen, ich meine mich aber zu erinnern, dass dein sagittales Profil gerade was die physiologische Lordose anbelangt aus Sicht der heutigen Möglichkeiten nicht optimal ist. Möglicherweise würde man deine Krümmung heutzutage sogar mit zwei kurzen ventralen Strecken behandeln.
Das ist mir bekannt. Die Hauptauswirkung ist, dass heutige Implantate glücklicherweise primärstabil sind - die bei mir noch vorhandene sehr umständlich erfolgende Genesungszeit (6 Monate Korsett das nur zur Körperpflege durch eine andere Person entfernt werden durfte, ohne Korsett durfte sich nicht bewegt werden; 6 Monate absolutes Sitzverbot auch für die Toilette) wegfällt.
Jedenfalls würden auch heutige Implantate bei gleich langer Versteifungsstrecke die selben Bewegungseinschränkungen hervorrufen: Z.B. muss für niedriges Sitzen die LWS ihre Stellung ändern, was sie logischerweise bei Versteifung der entsprechenden Wirbel nicht mehr kann. Ebenso würde sich eine bewegliche Wirbelsäule an verschiedene Untergründe zum Liegen anpassen, was eine versteifte Wirbelsäule nicht mehr kann. Und auch solche "verqueren" Sitzpositionen halb zwischen Sitzen und Liegen
https://previews.123rf.com/images/racor ... n-buch.jpg
https://previews.123rf.com/images/lesze ... -lesen.jpg
gehen einfach nicht mehr, wenn die Wirbelsäule steif ist.

Rein optisch ist mein sagittales Profil nicht optimal, sieht aber nicht störend auffällig aus (ich ziehe auch Bikini an) und verursacht auch keine Beschwerden.
Meine einzigen Beschwerden beziehen sich auf Bewegungseinschränkungen, die im Vergleich zu Menschen mit beweglicher Wirbelsäule (keine Skoliose, keine OP) oder Versteifung allein der BWS doch merklich sind. Wie gesagt, aber auch nicht verwunderlich, und schaue ich mir andere Patienten an, würde ich sagen, dass ich glücklicherweise nur die minimal zu erwartenden Einschränkungen habe. Ich kenne einige mit Versteifung bis L5 wie bei mir, und anders als bei mir sind bei etlichen dieser Patienten z.B. die Gehstrecken eingeschränkt, kann auch in Büroberufen nicht beschwerdefrei gearbeitet werden, sind diese Patienten oft noch weiter in Behandlung.

Die verlinkten Bilder sind leider durch Schließung des Forums, in dem sie sich befinden, kürzlich weggefallen. Ich werde mich in den nächsten Tagen um eine neue Möglichkeit, sie online zu stellen, bemühen, da mich bereits mehrere User danach fragten.
Insofern: Deine ausführlichen Beschreibungen sind natürlich für neue Patienten wertvoll, aber zur Einschätzung der Risiken und Möglichkeiten meines Erachtens nur noch bedingt geeignet - man argumentiert ja auch nicht mit den Korsetts von vor 25 Jahren.
Es geht hier um die dauerhaften Bewegungseinschränkungen - diese hängen von der Versteifungsstrecke ab und haben nichts mit der Art der Implantate zu tun.
Nicht mehr gültig für heutige Patienten sind:
- die sehr schlechten Ergebnisse (= gar keine) meiner damaligen Korsettbehandlung nebst die Auffälligkeit des damaligen Korsetts (meines war ein Boston-Wiesbaden, hergestellt von einem Orthopädietechniker der allenfalls gelegentlich Korsettorthesen anfertigte)
- die lange Genesungszeit nebst Sitzverbot nach der OP.

Ich kenne heutige Patienten mit der selben Versteifungsstrecke: Die Bewegungseinschränkungen entsprechen meinen. Wie sollte es auch möglich sein, mit einer Versteifung Th3-L5 wie in den oben verlinkten Bildern auf der Couch zu liegen/sitzen, oder beim Sitzen auf dem Boden die LWS und die obere BWS abzubiegen um den Körper auszubalancieren wie hier
https://cdn.shopify.com/s/files/1/0485/ ... 1639329147 (die LWS und die obere BWS zeigen ein ganz anderes Profil als beim Stehen, während die versteifte WS normalerweise in einer Stellung die gut fürs Stehen, Gehen und Sitzpositionen mit Gesäß nicht niedriger als Knie geeignet ist für fixiert ist), oder beim Rennen/ schnellen Laufen/ Joggen die Wirbelsäule im LWS- und oberen BWS-Abschnitt mitrotieren wie das ein Läufer normalerweise macht?
Wenn ich mir hingegen deine Versteifungsstrecke ansehe, die glücklicherweise kurz/ nur die BWS betreffen ausgefallen ist, verwundert es mich nicht, warum du (was ich natürlich gut finde!) noch so beweglich bist und beweglicher als im Korsett, das üblicherweise die ganze WS fixiert, bist.

Wie gesagt: Auch im Vergleich zu vielen heutigen Patienten mit gleich langer Versteifung geht es mir extrem gut und deutlich besser als für den langfristigen Ausgang erwartet: keine Schmerzen solange ich mich rückengerecht verhalte (was ich mache), aktives Leben (Langstreckenwanderungen bis 40 km pro Tag, langjährige Auslandsaufenthalte und schließlich dauerhaft ausgewandert (Krankenversicherung zahlte in den entsprechenden Ländern keine Physiotherapie, keine Orthesen, bei OPs hoher Eigenanteil fällig, würde ich nicht machen wenn ich abschätzungsweise derartiges eher nicht mehr benötige), kann alles im Haushalt selbst (bis auf extreme Sachen wie Möbel aufbauen), muss nicht damit rechnen dass wegen Beschwerden etwas abgesagt werden muss (Dinge die grundsätzlich nicht gehen muss ich absagen, z.B. Camping mit Autoübernachtung oder Klettergartenausflug vom Verein; es kam aber noch nie vor dass ich etwas das grundsätzlich möglich ist wegen spontaner Beschwerden absagen musste), muss mich nie zwischendurch tagsüber hinlegen), nach Abschluss der Genesungszeit noch nie wegen rückenbedingter Beschwerden krankgeschrieben gewesen oder ausgefallen (über immerhin 24 Jahre hinweg; ich vermute, dass auch die meisten "gesunden" Menschen in 24 Jahren mal wegen Rückenproblemen in Behandlung/ krankgeschrieben sind), arbeite in Vollzeit, brauche keine weiteren Behandlungen, benötige keinerlei Rehas, keine Leistungen des Integrationsfachdienstes oder der Schwerbehindertenvertretung... bin im Prinzip ein gesunder Mensch der sich nur nicht ganz so gut bewegen kann.

Viele Grüße
Raven
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Re: 10 Jahre nach Behandlungsbeginn nun doch Operation

Beitrag von robinho »

Hallo Raven,

um die Optik geht es mir gar nicht, sondern ausschließlich um die Funktionalität. Und da ist meine Vermutung, dass die ROM-Parameter weniger stark beeinträchtigt werden, wenn das sagittale Profil möglichst physiologisch ist. Andernfalls sind ja irgendwelche Gewebe im dauerhaften Zustand zu lang oder zu kurz, was sich mutmaßlich negativ auf die ROM auswirkt. Ich kann mich aber auch irren und schaue mal bei Gelegenheit nach, was die aktuellen Studien dazu hergeben.
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Re: 10 Jahre nach Behandlungsbeginn nun doch Operation

Beitrag von Raven »

Hallo Robinho,

das würde mich durchaus interessieren!
ROM-Parameter sagten mir nämlich bislang gar nichts (eben erst nachgelesen).
Hierfür Vergleichswerte zu finden, dürfte vermutlich schwierig zu sein:
Personen/ Patienten mit verschiedenem sagittalen Profil, aber ansonsten gleichem Gesundheitszustand. Oder besser: Personen/ Patienten mit gleich langer WS-Versteifung auch im LWS-Bereich und verschiedenem sagittalen Profil. In ersterem Fall könnte es nämlich der Fall sein, dass das sagittale Profil die Beweglichkeit beeinflusst sofern in dem Bereich überhaupt Bewegung stattfinden kann. (Analog dazu: Die Form der Augenlinse beeinflusst die Sehschärfe - spielt aber keine Rolle mehr, wenn aus einem anderen Grund gar nicht mehr gesehen werden kann, z.B. der Sehnerv fehlt.)
Probleme mit dem sagittalen Profil sind mir im Zusammenhang mit operativen Wirbelsäulenversteifungen v.a. als Flatback-Syndrom bekannt. Ich zeige keines der typischen Symptome wie z.B. Schmerzen, geringe Gehstrecken, vornübergebeutes Stehen und Gehen, aufrechtes Stehen nur mit gebeugten Knien möglich. Auch liegt keine zunehmende Verschlecherung der Bewegungsfähigkeit vor, wie sie ganz typisch für ein Flatback-Syndrom ist: meine Bewegungsfähigkeit ist so gut wie ca. 1,5 - 2 Jahre nach OP (was damals der Abschluss der Genesungszeit war; zuvor waren bestimmte Bewegungen/ Körperhaltungen nicht erlaubt und danach musste erst wieder Muskulatur aufgebaut und Beweglichkeit trainiert werden).

Selber kommt es mir so vor, als wenn die Bewegungseinschränkungen "knöchern" sind - sprich, ich kann da auch nichts dehnen, lockern etc., sondern es fühlt sich ungefähr so an, wie man auch den Unterarm nicht zwischen Ellenbogen und Handgelenk abbiegen kann, oder Unterschenkel nicht mittendrin, wenn es mir z.B. nicht möglich ist, mich an eine geschwungene Rückenlehne anzulehnen oder niedrig zu sitzen. Mir wirkt das betreffend die WS selbst auch logisch, wenn die Wirbel miteinander verschraubt und zusätzlich durch während der OP durchgeführter Knochenmaterialanlagerung versteift wurden.

Bewegungen in z.B. den Beinen, Armen... scheinen mir nicht eingeschränkt (Eindruck, keine Messung!), ich habe auch keine Verspannungen, aber komplexe natürliche Bewegungsabläufe umfassen fast immer die Wirbelsäule: joggen, weit nach oben greifen, hinsetzen und v.a. tief sitzen etc. Hatte hierbei interessehalber auch mal Videoaufnahmen von diesen Bewegungen bei mir mit Beobachtungen dieser Bewegungsabläufe bei meinem Mann (keinerlei orthopädische Einschränkungen) verglichen - joggt er, rotiert die Wirbelsäule, greift er nach oben, streckt sich die Wirbelsäule asymmetrisch, setzt er sich auf den Boden, bewegt er die LWS, lehnt er sich bequem in einem Sessel zurück, bewegt er die obere BWS um den Kopf so auszurichten dass er noch auf den Fernseher blicken kann (während bei mir die obere BWS starr bleibt und ich dafür massiv in der HWS abknicken muss, um zurückgelehnt in einem Sessel überhaupt den Fernseher und nicht nur die Zimmerdecke zu sehen). Versucht ein normalweglicher Mensch wie mein Mann, im Sitzen sich vornüberzubeugen um einen Gegenstand zu erreichen der am Boden liegt, ist das auch möglich, wenn direkt vor einem ein Sitz ist (z.B.: im Flugzeug runtergreifen um die Tasche unterm Sitz vorzuziehen, als Beifahrer auf der Auto-Rückbank Flasche vom Boden aufheben obwohl der Fahrersitz weit zurückgelassen wurde), da die Wirbelsäule gebogen und so "verkürzt" werden kann. Ich kann mich sehr wohl auch im Sitzen vornüber beugen (= beweglich genug außerhalb der Wirbelsäule, kann den Oberkörper auf den Oberschenkeln ablegen), wenn sich vor mir nichts befindet, aber nicht in einem so schmalen Bereich, weil die Wirbelsäule nunmal gerade nach vorne gebeugt wird und dafür der Platz fehlt (und mein Kopf theoretisch durch den Vordersitz gehen müsste). Länge es nur oder v.a. an der Muskulatur, dürfte es mir wohl in beiden Fällen nicht gelingen.

Wenn man sich Fotos von manchen Körperhaltungen normalbeweglicher Personen ansieht, wie z.B. die von mir verlinkten, sieht man auch, dass die Wirbelsäule bei diesen eine andere Stellung gegenüber der fürs z.B. Stehen einnimmt - der am Boden sitzende Mann macht den oberen BWS-Bereich und die LWS rund, die Person auf der Couch biegt die WS asymmetrisch seitlich ab. Das geht einfach nicht wenn Implantate die entsprechenden Wirbel fixieren. (Ausnahme: OP-Verfahren mit flexiblen Implantaten, die hin und wieder schon angewandt werden. Ich habe Videoaufnahmen solcher Patienten gesehen: selbst bei langstreckigen die LWS umfassenden Versteifungen kann z.B. ein "Katzenbuckel" gemacht, auf der Couch lässig gesessen etc. werden.)

Viele Grüße
Raven
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Re: 10 Jahre nach Behandlungsbeginn nun doch Operation

Beitrag von robinho »

Hallo Raven,

ich bin relativ schnell fündig geworden: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8653949/

Das ist die kostenlose Vollversion einer aktuellen Metastudie. Da du, wenn ich es richtig im Kopf hast, ebenfalls einen wissenschaftlichen Hintergrund hast, wird dir das Textverständnis sicher leicht fallen.

Kernpunkte, die ich entnehmen konnte, sind:
  • Bereits vor einer OP ist mal als Skoliosepatient umso unbeweglicher, je größer die Krümmung ist
  • Der tiefste versteifte Wirbel scheint einen größeren Einfluss auf die Beweglichkeit zu haben als die Anzahl aller versteiften Wirbel
  • Die OP-Technik hat einen Einfluss auf die Methode. So weisen Harrington-Operierte die schlechteste Beweglichkeit auf. Beim dorsalen Zugang wird man unbeweglicher als beim ventralen (wobei das natürlich auch mit dem tiefsten versteiften Wirbel korreliert).
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Therapie: OP: 1997 mit 13 Jahren Versteifung Th3 - L5 / Hessing-Klinik Augsburg; kaum Restgrade

Re: 10 Jahre nach Behandlungsbeginn nun doch Operation

Beitrag von Raven »

Hallo robinho,

danke, ich lese mir die Studie durch :)
robinho hat geschrieben: Mi, 08.06.2022 - 09:45 Das ist die kostenlose Vollversion einer aktuellen Metastudie. Da du, wenn ich es richtig im Kopf hast, ebenfalls einen wissenschaftlichen Hintergrund hast, wird dir das Textverständnis sicher leicht fallen.
Das ist korrekt :ja: (im englischsprachigen Raum arbeitender promovierter Physiker)
robinho hat geschrieben: Mi, 08.06.2022 - 09:45 Kernpunkte, die ich entnehmen konnte, sind:
  • Der tiefste versteifte Wirbel scheint einen größeren Einfluss auf die Beweglichkeit zu haben als die Anzahl aller versteiften Wirbel
Das entspricht auch a) meiner Erfahrung, b) meinem medizinischen Verständnis, da die LWS einen großen Einfluss auf viele Bewegungen und Körperhaltungen hat.
Meiner Einschätzung nach wirst du im Vergleich zu mir v.a. davon profitieren, dass deine LWS unversteift ist (hier im Forum ist mit "kurz" üblicherweise gemeint, dass die LWS nicht betroffen ist, deshalb schrieb ich in meinem ersten Posting "kurz"; User, bei denen zwar auch nur wenige Wirbel, aber dafür in der LWS versteift sind, schreiben üblicherweise "kurze Versteifung in der LWS").
Ebenso, meiner Einschätzung nach, profitierst du genauso wie ich gegenüber Patienten denen es schlechter geht (Schmerzen, im Alltag wenig leistungsfähig, größere Einschränkungen als jeweils du oder ich bei gleicher Versteifungsstrecke) von wahrscheinlich einem guten OP-Ergebnis, einem Körper der die Umstellung auf die Versteifung gut annimmt, und wahrscheinlich einem der körperlichen Situation angemessenen Lebensstil (fit bleiben aber nicht überlasten).
In einem Forum - welches immer eine "anekdotische" Beobachtung darstellt - ergibt sich zwar der Effekt, dass sich tendenziell mehr Menschen mit Problemen (an-)melden, jedoch gibt es hier (wie auch: gab es in einem anderen, mittlerweile aufgegebenen Forum) viele langjährige User, die sich zu Beginn ihrer Behandlung anmelden und weiter berichten, egal wie es ihnen geht.
  • Die OP-Technik hat einen Einfluss auf die Methode. So weisen Harrington-Operierte die schlechteste Beweglichkeit auf. Beim dorsalen Zugang wird man unbeweglicher als beim ventralen (wobei das natürlich auch mit dem tiefsten versteiften Wirbel korreliert).
Hier werde ich mir u.a. ansehen, ob a) die Methode mit der Anzahl der versteiften Wirbel korreliert, b) ob die OP-Methode mit bestimmen Beschwerden und Folgeerkrankungen korreliert (z.B. Flatback-Syndrom, ist bei Harrington-Operierten häufiger mit den entsprechenden von mir zuvor genannten Symptomen, die bei mir nicht vorliegen).


Viele Grüße
Raven
Ich bin nicht auf die Welt gekommen, um so zu sein, wie andere mich haben wollen.
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Re: 10 Jahre nach Behandlungsbeginn nun doch Operation

Beitrag von Raven »

Kurz zur Studie:

In those undergoing spinal fusions, the lowest instrumented vertebra and surgical approach appear to minimize further reductions in ROM; however, the findings are mixed.

--> "minimize further"
Bezieht sich eher auf eine Vermeidung/ Verringerung einer langfristigen, fortschreitenden Bewegungseinschränkung.
(Kann selbst sagen: Keine fortschreitende Bewegungseinschränkung, sondern so beweglich wie nach abgeschlossener Genesung.
Bei vielen Harrington-Patienten: Flatback-Syndrom das im Zeitverlauf die Beweglichkeit zusätzlich zur Versteifung einschränkt.)

Vertebral body tethering (VBT) shows promising preliminary results in treating AIS while preserving motion; however, long-term outcomes have yet to be assessed for this novel procedure.

--> Zustimmung

"For example, forward flexion and axial rotation for picking up an object, and axial rotation, lateral bending, and forward flexion for throwing a ball fast."
.... alles Bewegungen, die mir schwer fallen bzw. die ungeschickt wirken da ich sie nunmal ohne relevante Wirbelsäulenbewegung durchführen muss.
(Kam auch nicht selten vor, dass unwissende Personen bei sportlichen Betätigungen mir genau vormachen wollten, wie die Wirbelsäule zu bewegen sei, damit es besser geht... auch konkret beim Fangen und Werfen von Bällen, Frisbee.)
Ich vermute, dass du (anders als ich) keine Einschränkungen beim Werfen eines Balles, beim Schlagen eines Balles mit einem Schläger (wird bei Versteifung nicht als regelmäßiger Sport empfohlen, dagegen es mal auszuprobieren spricht aber meist nichts), beim Fegen mit einem Besen (kann ich natürlich schon, die Bewegung kommt dann aber allein aus den Armen anstatt dem Oberkörper), Aufsetzen eines Rucksacks bemerkst, oder?

"They also found significant reductions in the forward flexion and trunk rotation following fusion surgery that was maintained at the two-year follow-up."
Nicht verwunderlich...

"Interestingly, no correlation was found between the number of levels fused, LIV/highest instrumented vertebra (HIV), and any of the aforementioned reductions in ROM."
Hier steht, durchaus erstaunlich, dass keine Korrelation zwischen dem tiefsten versteiften Wirbel und der Bewegungseinschränkung gefunden wurde.
(Da würden mich die Daten interessieren. Waren darunter etwa wenig Patienten mit LWS-Versteifung, oder seltene Ausnahmefälle wie z.B. nur Versteifung von zwei LWS-Wirbeln?)


"Specifically, those who were fused to the L3 level saw reductions in lateral bending following surgery that were significantly greater than those who were only fused to the L1-L2 level."
Auch nicht verwunderlich. (Selbst, somit natürlich nur anekdotisch, ist mir auch aufgefallen, dass jeder noch freie LWS-Wirbel hilft. Gerade Körperhaltungen, die mir extrem schwer fallen oder unmöglich sind, oder nur eine sehr unbequeme Körperhaltung
zulassen, wie z.B. niedriges Sitzen, scheinen mir Menschen mit weniger versteiften LWS-Wirbeln als bei mir leichter zu fallen.)

"With a sample size of 66 patients, they showed that FFD increased significantly as the LIV moved inferiorly from T11-T12 down to L3."

Auch nicht verwunderlich.
(Interessehalber meine, nachgemessen: 35 cm. Vor OP, mit 13 Jahren: 8 - 9 cm (habe noch Untersuchungsberichte). Bei durchgestreckten Knien mit den Fingerspitzen den Boden zu erreichen habe ich noch nie geschafft.)

Viele Grüße
Raven
Ich bin nicht auf die Welt gekommen, um so zu sein, wie andere mich haben wollen.
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Re: 10 Jahre nach Behandlungsbeginn nun doch Operation

Beitrag von robinho »

Hallo Raven,

zu deiner einen Frage: Ich bemerke bei all diesen Dingen in deiner Aufzählung keine Einschränkungen. Ich glaube auch, dass das bei nur BWS-versteiften Patienten die Regel ist.

Das beeindruckendste Beispiel, das ich in diesem Zusammenhang kenne, ist die US-Amerikanerin Kyra Condie. Sie ist seit ihrer Jugend von Th2-Th12 versteift und hat es dennoch letztes Jahr in die US-amerikanische Nationalmannschaft für die Olympischen Spiele im Sportklettern geschafft, d.h. sie macht mit ihrem Körper Dinge, wie sie vielleicht ein Mensch unter 10.000-100.000 schafft.
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Re: 10 Jahre nach Behandlungsbeginn nun doch Operation

Beitrag von Raven »

Hallo robinho,
robinho hat geschrieben: Do, 09.06.2022 - 12:15 zu deiner einen Frage: Ich bemerke bei all diesen Dingen in deiner Aufzählung keine Einschränkungen. Ich glaube auch, dass das bei nur BWS-versteiften Patienten die Regel ist.
von letzterem gehe ich aus. Bei den aufgezählten Dingen, nebst niedrigem Sitzen, sind meine Einschränkungen so groß dass es anderen sofort auffällt dass da "etwas nicht stimmt". Die Vermutungen anderer gehen dann von schlichtweg körperlicher Ungeschicktheit über noch nicht abgeheilte Sportverletzung bis hin zu einer (was ja auch zutrifft) körperlichen Behinderung.
Bei z.B. dem Werfen eines Balles stehe ich normal aufrecht, Oberkörper bewegt sich nicht, werfe allein mit einer Armbewegung, versuche das ggf. noch mit einem Schritt vorwärts zu unterstützen (und es sieht tollpatschig aus und ich werfe nicht besonders weit).
Fegen, wischen: normal aufrecht stehen, Oberkörper bewegt sich nicht, bewege den Besen/ Mop langsam nur mit Armbewegungen und das geht nicht besonders flott.
Beim z.B. Aufsetzen eines Rucksacks kann ich ihn mir nicht mit der typischen Drehbewegung "draufwerfen", sondern muss den Rucksack auf einem Tisch abstellen, gehe leicht in die Knie um auf die passende Höhe zu kommen und gehe dann mit den Armen durch die Riemen.
Eine Jacke ausziehen während ich in einem Sitz sitze (z.B.: im Flugzeug, im Reisebus, als Autobeifahrer die Jacke ausziehen) fällt mir sehr schwer, da man das auf dem engen Raum nur mit Oberkörperdrehbewegungen gut schaffen würde. (Dabei bin ich eher klein mit 1,60 m, 50 kg, also nicht so riesig dass ich kaum in einen Sitz passen würde.)
Ebenso Laufen während der Untergrund schwankt (Bootssteg, fahrender Zug etc.): Sehr ungeschickt, kann mich dabei kaum ausbalancieren.

Ich bin daran gewöhnt, es gäbe definitiv Schlimmeres, aber dem ist nunmal so. Bei vielem bemerke ich, dass die Bewegungsabläufe wie im Korsett sind (daher kennst du ggf. obiges auch).
robinho hat geschrieben: Do, 09.06.2022 - 12:15 Das beeindruckendste Beispiel, das ich in diesem Zusammenhang kenne, ist die US-Amerikanerin Kyra Condie. Sie ist seit ihrer Jugend von Th2-Th12 versteift und hat es dennoch letztes Jahr in die US-amerikanische Nationalmannschaft für die Olympischen Spiele im Sportklettern geschafft, d.h. sie macht mit ihrem Körper Dinge, wie sie vielleicht ein Mensch unter 10.000-100.000 schafft.
Mir sind auch einige solche, wennauch nicht so extreme (Nationalmeisterschaft gewonnen) Fälle bekannt.
Bin dann immer froh darüber, dass ihre Versteifungsstrecke nicht zu lang (die LWS betreffend) ausfiel. Ich bin mir meinem Gesundheitszustand sehr zufrieden, kann im Prinzip alles das mir wichtig ist machen, kann mir aber schon vorstellen, mitunter unzufrieden zu sein, würden mich bestimmte Sportarten interessieren. (Ginge mir sicherlich auch so, wenn mir Dinge, die mir wichtig sind - z.B.: auch weite Strecken wandern können, meinen Beruf ausüben der es erforderlich macht selbstständig zu reisen und bei dem zeitlich Ausfallzeiten, Rehas etc. kaum unterzubringen wären - erschwert wären, wie es durchaus bei manchen WS-operierten Menschen der Fall ist.)

Viele Grüße
Raven
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Re: 10 Jahre nach Behandlungsbeginn nun doch Operation

Beitrag von robinho »

Hallo,

nun ist meine OP bereits 3,5 Jahre her. Ich bin immer noch sehr zufrieden: Wirklich keinerlei Schmerzen, hohe Belastbarkeit. Ich mache u.a. Kreuzheben mit knapp 170 kg und habe dieses Jahr Radmarathons von jeweils über 200 km Länge gemacht. Die gebückte Haltung auf dem Rennrad bereitet mir da keine Probleme.

Ganz symmetrisch wird der Rücken nie, dafür waren zu viele Knochen deformiert, aber ich vergleiche mit dem Zustand zuvor und da ist nach wie vor eine deutliche Verbesserung gegeben.
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