J-Maria hat geschrieben:BZebra hat geschrieben: Auf die Frage "Ist es da noch sicher?", würde ich persönlich eben antworten "Ist es noch nie gewesen!" (zumindest für Jugendliche ohne Begleitperson), und du, J-Maria, würdest wahrscheinlich antworten "Genauso sicher oder unsicher, wie anderswo, wo man seine Kinder alleine ohne Aufsicht hin lässt!". Die Bedeutung ist die gleiche.
Ja, so gesehen okay.
Wenn Du nur noch von Deiner Empfehlung, mit einer 13-jährigen trinken üben zu müssen, abrückst, dass sind wir da fast übereinstimmend
und können Eins trinken gehen.

Ja, daraus wird nichts.
Ich kann abschließend aber noch ein paar Hintergrund Informationen geben, warum ich das Ganze nicht für so ungewöhnlich halte, sondern von Seite der Eltern sogar sehr vernünftig.
In meiner Familie ist das Thema Alkohol folgendermaßen behandelt worden:
Es gab zu Sylvester oder zu besonderen Familienfeiern immer auch mal ein bisschen Alkohol für uns Kinder. Trotz ausufernder Diskussionen über die diversen Geschmacksnoten und überschwänglichem Lob über den "edlen Tropfen" usw., hat das alles jedes mal gleich schlecht für mich geschmeckt, so dass ich zu irgend einem Sylvester dann dankend abgelehnt habe, hier gäbe es ja auch Orangensaft, mit ich anstoßen könnte. Nach dem ich also nicht mehr zu überzeugen war, dass dieser Sekt jetzt ganz anders schmeckt als die ganzen anderen, und ich das meinen Geschmacksnerven nicht mehr antun wollte, hat meine Mutter mich über den Sinn und Zweck des Ganzen aufgeklärt: Ich solle es schon trinken, auch wenn es mir nicht schmeckt - bräuchte mir auch nicht schmecken

- damit ich mit Alkohol vertraut werde und lerne damit umzugehen. Und wenn es mir eh nicht schmeckt, dann könne ich jetzt auch mal ein bisschen mehr trinken!
Als ich kleiner war gab es nur mal nen Schluck, als ich älter war auch mehr. Das wurde nach und nach gesteigert.
Als ich dann die ersten Male in Sobernheim gewesen war, und meine Eltern mitbekommen hatten, was dort so abläuft (möglicherweise hatte ich da auch schon von einer Alkoholvergiftung berichtet), haben sie mir zu diversen Anlässen wesentlich mehr Alkohol angeboten als ich wollte (ich wäre davon besoffen geworden), und haben am Schluss sogar noch meinen Geschmack berücksichtigt. Nach ein paar erfolglosen Versuchen, haben sie dann die Karten auf den Tisch gelegt, und mir gesagt, ich könnte hier gerne mal so viel Alkohol trinken wie ich wollte, es wäre ihnen sogar sehr recht, weil sie wollten, dass ich hier bei ihnen in ihrer Anwesenheit meine Grenzen kennen lerne, damit ich weiß, wie viel ich vertrage. Sie wollten nicht, dass das dann irgendwo anders passiert und dort vielleicht schief läuft. Ich müsste mich ja auch nicht vollkommen besaufen, ich soll ja nur die Wirkung und Grenzen kennen lernen und ich könne mich da ja langsam ran tasten. Das wäre auch am optimalsten so.
Darauf habe ich mich nicht eingelassen, weil mir das vor meinen Eltern zu peinlich gewesen wäre. Was ich gedacht habe war: Die machen sich dann bestimmt über mich lustig, und was ich dann da fabrizierte - man kennts ja aus dem Fernsehen - bekomme ich dann Jahre lang aufs Brot geschmiert. Dafür hat das Vertrauensverhältnis zu meinen Eltern halt nicht ausgereicht.
Nichtsdestotrotz haben meine Eltern mit den Mengen, die ich in ihrer Anwesenheit getrunken habe und zu denen sie mich langsam (mit minimalem Risiko also) hingeführt haben, ohne auch nur annähernd davon betrunken zu werden, sichergestellt, dass ich zumindest keine besonders schwere Alkoholintoleranz habe.
Rückblickend finde ich das Angebot meiner Eltern, mich das erste Mal in ihrer Anwesenheit zu betrinken, sehr verantwortungsvoll. Sie sind davon ausgegangen, dass ich das sowieso irgendwann mache und hatten im Hinblick auf Sobernheim wahrscheinlich auch größere bedenken.
Schlussendlich hat wahrscheinlich auch jeder Erwachsene, der Alkohol trinkt, entsprechende Erfahrungen gemacht. Und Erwachsene trinken ja nicht immer nur Alkohol in Maßen, bei guten Feiern unter sich auch mal zu viel, und trotzdem kommt dabei nie eine Alkoholvergiftung bei raus. Das wird wohl an den einschlägigen (mehr oder weniger unangenehmen) Erfahrung liegen, die sie alle in ihrer Jugend gesammelt haben.
Zur Alkoholintoleranz:
Hat man eine schwere Alkoholintoleranz, die genetisch bedingt ist, dann fällt die, solange man anderweitig gesund ist, nicht auf. Probleme treten nur mit der Verträglichkeit bestimmter Medikamente auf. Ohne es praktisch getestet zu haben, kann man also in der Regel nicht wissen, ob man wenig oder praktisch keinen Alkohol verträgt.
Das Ganze rührt von einem genetisch bedingten Enzymdeffekt, durch den der Körper Alkohol schlecht bis fast gar nicht mehr metabolsieren und abbauen kann.
Wenn davon Betroffene das erste Mal Alkohol trinken, dann ist deren Körper schon mit den normalen Konsumeinheiten, die der übrigen Bevölkerung überhaupt nichts ausmachen, total überfordert. Diese Leute haben keine Chance, aus ihrem ersten Alkoholgenuss in üblichen Konsummengen nicht entweder volltrunken oder mit Alkoholvergiftung rauszugehen.
Abgesehen davon, dass eine Alkoholvergiftung, wenn nicht rechtzeitig behandelt, tödlich enden kann, kann auch volltrunken während der Reha erwischt zu werden für Jugendliche zum Rausschmiss und Reha-Abbruch führen, mit der Konsequenz, dass der Kostenträger zum einen Ersatz von den Eltern fordern kann (was wohl i.d.R. recht kulant gehandelt wird), und Wiederholungs-Rehas von Seiten der Klinik in den nächsten Jahren ausgeschlossen werden, weil die Klinik für diese Patienten die Verantwortung nicht mehr übernimmt.
Alkoholintoleranz ist in Europa weniger weit verbreitet als z.B. in Asien, was man darauf zurückführt, dass durch den weit verbreiteten Gebrauch von Alkohol als Getränk in Europa, ein größerer Selektionsdruck bestanden hat. Übersetzt heißt das, dass schon seit Uhrzeiten viele Menschen frühzeitig aufgrund ihrer Alkoholintoleranz an Alkoholvergiftungen gestorben sind, bevor sie sich fortpflanzen konnten. Junge Menschen sind offensichtlich schon seit Uhrzeiten an Alkoholvergiftungen in nicht geringem Ausmaß verstorben.
Ich habe mal gegoogelt, aber unterschiedliche Angaben über die Häufigkeit von Alkoholintoleranzen bei Europäern gefunden. Der Begriff ist auch nicht klar definiert und umfasst auch weniger kritische Intoleranzen, wie z.B. Übelkeit und Erbrechen nach geringsten Alkoholmengen, was alleine ja nicht negativ zu werten wäre. Angegeben werden ca. 5%; dies nur um zumindest die Größenordnung zu wissen. Ca. jeder 20. Europäer ist davon also betroffen.
Dann hat J-Maria weiter oben geschrieben,
"nur wenn sich gelegentlich Jugendliche in Sobernheim betrinken":
Die von mir aufgezählten Fälle waren nur die Alkoholvergiftungen. An den Abschlussfeiern an der Nahe, aus denen glaube ich sogar alle drei Alkoholvergiftungen resultiert sind, haben bis zu schätzungsweise über 1/3 der Patienten der Klinik teilgenommen, mit Hinterlassenschaften an leeren Flaschen an der Nahe, von denen Dr. Weiß darauf geschlossen hat, es müsse wohl die Hälfte der Klinik da gewesen sein, die das alles getrunken hat (die Nahe mussten wir dann noch aufräumen). Das Ganze ist damals aufgeflogen, wegen der einen Alkoholvergiftung, den Angaben darüber, wie es dazu gekommen ist, und der in derselben Nacht noch folgenden Kontrolle aller Patienten in der Klinik, um eventuell noch andere Patienten mit Alkoholvergiftungen zu finden.
Vielleicht gibt die Größe, die diese "undercover Events" annehmen können, einen Eindruck darüber, in welches Umfeld eure Kinder unter Umständen so geraten können. Ihr könnt euch ja überlegen, wie sich eure Kinder in so einer Situation verhalten würden und ob sie, als möglicherweise bis dahin kompletter Abstinenzler, auf die Gefahr einer möglichen Alkoholintoleranz dann auch auf den geringsten Alkoholkonsum verzichten würden.
Mit "12-jährige" meine ich jetzt auch nicht alle 12-jährigen. Die einen zählen in die 10/11/12-jährigen Gruppe und haben da ihre Freunde, die anderen eher in die 12/13/14-jährigen Gruppe, aber werden von den 14-jährigen im Umgang nicht mehr wirklich unterschieden; so meine Alterseinschätzung zumindest. Untere Grenze halt.
Gruß,
BZebra
p.s. Ach ja, Anmerkung vielleicht noch zum allgemeinen Alkoholkonsum meiner Eltern, nur um keine falschen Vermutungen aufkommen zu lassen: In der Minibar gibt es Spinnenweben und wer bei denen gerne ein Bier trinken möchte, der kann froh sein, wenn das Verfallsdatum noch nicht abgelaufen ist!