Dr. Steffan hat geschrieben:
Das sehen viele Jugendliche definitiv anders. Ich würde mal behaupten wollen, dass locker 80% der Jugendlichen lieber ein modisches Korsett tragen würden
Das sehe ich genauso wie Sie: Deshalb schrieb ich
Raven hat geschrieben:Allein die Form eines Korsetts hat für Skoliosepatienten, die an einer ernsthaften Therapie interessiert sind und gut informiert sind, nur eine unwesentliche Bedeutung. Wichtig ist zunächst einmal die Korrektur, und dann ließe sich über die Optik eines Korsetts diskutieren.
Für mich als informierter Patient (heutzutage kein Korsettträger mehr) hätte die Korrekturwirkung Priorität. Ich würde allerdings (auch) in der Tat fast wetten, dass sich z.B. ein Teenager, oder auch ein wenig informierter Erwachsener (der z.B. nicht weiß, wie hoch eine Korrektur in einem Korsett sein kann und sich von z.B. jeglicher Korrektur als Erfolg blenden lässt) meist für ein dezenteres oder anderweitig "schöneres" (bunt, sieht mehr nach coolem/punkigem Accessoire denn nach Hilfsmittel aus) Korsett entscheiden würde.
Auch ich kann mich aus der Selbsthilfe - hier im Forum, bei Treffen, andere Foren, andere Selbsthilfegruppen, private Kommunikation - daran erinnern,
dass Korsetts, die für Unwissende nicht durch altersentsprechende Kleidung erkennbar sind, durch Jugendliche abgelehnt wurden, da man nicht mehr
alles an Kleidung tragen kann. Ich kann mich bei manchen auch an regelrechte "Kämpfe" sowie trotzige Aussagen, eine spätere stärkere Verkrümmung sei ihnen egal, es ging ihnen jetzt erstmal um die Jugend, erinnern. Ebenso sind mir Eltern, die von einer Korsetttherapie ihrer Kinder absehen wollten, um sie nicht in, Zitat, "sowas einzuzwängen", gut im Gedächtnis geblieben.
Gerade darum bin ich eben, wie auch Sie
[quote ="Dr. Steffan"]Sollte nicht die erste Frage bei einem medizinischen Hilfsmittel nach der medizinischen Wirksamkeit sein? Was nützt das schönste Korsett, wenn es nicht wirkt. [/quote]
der Meinung: An erster Stelle die Wirksamkeit, und dann das Design.
und die Eltern auch gerne, zur Steigerung der Akzeptanz, einen Beitrag leisten würden. Sollte natürlich im Rahmen bleiben.
Genau das ist meine Meinung. Potenzial sehe ich in dem hier gezeigten Korsettmodell sehr wohl: materialsparend auf funktionale Elemente reduzieren, 3D-Druck.
Wenn sich daraus Korsettmodelle mit sehr guter Korrektur und gleichzeitig einer dezenten Form - auch die Belüftung finde ich, als ausgesprochener "Outdoormensch" und da ja auch die generelle Empfehlung lautet, auch mit Korsett die Bewegung nicht zu vernachlässigen, nicht minder wichtig - ergeben, wäre das selbstverständlich eine sehr gute Sache!
(Noch mehr Träumerei: Ein hochkorrigierendes Korsett, das trotzdem annähernd natürliche Bewegungsabläufe erlaubt, unter der Kleidung nicht aufträgt und Schweiß so gut verdunsten lässt, als wäre da maximal ein dünnes Unterhemd(chen) . Wie es um die Umsetzbarkeit aussieht, ist mir natürlich klar!)
Wenn man sich Fotos von früheren gängigen Korsettmodellen ansieht (auch als heutiger Patient kann man sich diese ansehen und ggf. froh darüber sein, dass es heutzutage verhältnismäßig unauffällige und gut korrigierende Korsetts gibt), oder ggf. selbst mit solchen behandelt wurde (meine Behandlung fand mit Boston-Wiesbaden-Korsetts in den 90er Jahren statt), werden einem Korsetts von Rahmouni oder cctec als verhältnismäßig klein und leicht erscheinen.
Zum direkten Vergleich:
Über meinem Boston-Wiesbaden-Korsett trug ich als Zwölfjährige Kittelblusen und Sleepshirts (extralange, weite T-Shirts, die man als Nachthemden trägt) in Größe 42/44 und Jogginghosen. Meine echte Kleidergröße war 158 (die habe ich sogar noch als Erwachsene, was darauf hinweist: eigentlicher Körperbau war klein, zierlich) und ich war normalgewichtig, tendenziell untergewichtig. (Hätte man mir ein unauffälligeres Korsett angeboten, ich hätte es sofort genommen! Altersabhängig auch ohne Nachdenken, ob das unauffälligere seinen Zweck erfüllt, oder doch darüber nachgedacht, ob eine erfolgreichere Therapie mit einem auffälligeren Korsett nicht doch die pragmatischere - "Augen zu und durch", ein paar Jahre tragen, dafür aber wahrscheinlicher später mehr korsettfreie Jahre genießen - Lösung ist.)
Über einem Rahmouni kann man ein T-Shirt oder eine Business-Bluse, sogar tailliert, in normaler Kleidergröße oder eine Nummer größer tragen, oder ein Top mit einer offenen Bluse darüber, sowie eine altersentsprechende Hose wie z.B. eine Jeans oder Leggins. Kleidung, an die mit Boston-Wiesbaden nicht im Traum zu denken war. Als ich - meine eigene Korsettbehandlung war bereits abgeschlossen - Orthesen dieser zwei modernen Hersteller sah, war ich absolut erstaunt!
(Auch über dem hier gezeigten Korsett ließe sich nicht alle Kleidung tragen. Besteht die Nutzerin etwa auf knallengen Tops, wird man dennoch die Schnallen - die hier nicht gezeigt sind, ich sehe jedenfalls keine Verschlüsse - sowie die Aussparungen sehen können. Mit einer engen Hose wird man nachwievor, sofern nicht durch ein langes Oberteil kaschiert, eine Auffälligkeit am Gesäß erkenen, Das Korsett ist zwar kurz, wie auch Ihnen ist mir jedoch aufgefallen, dass es nicht zur thorakalen Korrektur geeignet ist. Ohne Verschlüsse und als rein lumbales Korsett gezeigt, wirkt es mitunter wesentlich kleiner und dezenter, als es sich in der tatsächlichen Anwendung zeigen würde. Ferner wirkt mir das Korsett, bis auf die Verlängerung zur rechten Hüfte und unter die linke Achsel hin, symmetrisch, Pelotten fehlen ebenso, sodass das reale Korsett auch etwas auffälliger werden wird (dicker aufgrund von Pelotten und/oder stärker asymmetrisch in seiner gesamten Bauform ähnlich eines cctec-Korsetts).)
Ein gering korrigierendes, aber dafür dezenteres Korsett fände ich allenfalls tolerierbar, wäre die Alternative, dass dieser Patient gar kein Korsett trägt bzw. die Tragezeit wesentlich geringer ausfällt. Eine Doppelversorgung - sehr stark korrigierendes Korsett für zu Hause, ein durchaus aber nicht derart stark korrigierendes dezenteres Korsett wie nach dem hier vorgestellten Modell für Schule, Beruf* und Sport/Freizeit** - halte ich für vorstellbar. (Hier wäre die Frage: Wohl keine Übernahme durch Krankenkassen.)
* Häufig geben auch hier Korsettträger an, ihr Korsett nicht im Beruf tragen zu können. Teils ist dies aufgrund der korsetttypischen Bewegungseinschränkungen der Fall, teils werden aber auch berufliche Nachteile (Kündigung) befürchtet, fällt ein Korsett z.B. im Kundenkontakt auf, insbesondere, ist die Kleidungsvorgabe sehr streng und kann das Korsett nicht durch eigene Kleidungswahl kaschiert werden
** hier insbesondere: großzügigere Belüftung
Allerdings bin ich der festen Überzeugung, sollte der Druck von Korsetten einmal problemlos möglich sein, würden die Kosten sogar deutlich sinken. Der Druck bietet zudem weitere ungeahnte Möglichkeiten.
Dem stimme ich als ingenieurswissenschaftlich vorgebildeter Mensch (Physiker) und sogenannter "Maker" zu und verfolge dabei auch die Anwendungen in der Orthesenherstellung, Orthopädie allgemein (Prothetik, Endoprothetik) und Medizintechnik allgemein
Ich habe auch bereits einige andere Korsettmodelle im 3D-Druck gesehen, darunter neben solchen die Chenau-Korsetts ähnelnde auch luftig und etwas skelettartig-futuristisch wirkende Modelle (teils solche, die sich sogar mit dem Körper mitbewegen), letztere allerdings nur als Prototyp ohne Korrekturwirkung (symmetrisch, keine Pelotten, eher wie eine Stützorthese wirkend und damit automatisch dezenter).
Kurz und knapp, zusammengefasst:
- Design wirkt erstmal gut
- große Frage: Korrekturwirkung des Korsetts
- das Korsett am Patienten wäre sicherlich etwas auffälliger: asymmetrische Bauform oder Pelotten um Korrektur zu erzielen, Verschlüsse, bei thorakaler Skoliose auch höher und somit z.B. im Ausschnitt, im Schulterbereich und unter der Achsel durch die Kleidung erkennbar oder direkt hervorschauend (wie auch bei anderen Korsettmodellen)
Viele Grüße
Raven