Buchempfehlung für wirbelsäulengerechtes Krafttraining

Infos zu weiteren WS-Deformitäten, die mit Skoliose zusammen oder alleine auftreten
Antworten
Christian
Newbie
Newbie
Beiträge: 22
Registriert: Sa, 31.05.2003 - 15:52
Wohnort: Stuttgart (Großraum)

Buchempfehlung für wirbelsäulengerechtes Krafttraining

Beitrag von Christian »

Hallo zusammen!

- Als nahezu un-therapierter (vor Jahren mal KG) Scheuermann mit Rundrücken (männlich, 26 Jahre) und dem durch vielerlei Orthopädenbesuche (ebenfalls vor Jahren) bestärkten Glauben, man könne nichts gegen den Hohl-Rundrücken tun, außer zu hoffen, daß es nicht schlimmer wird, stieß ich in meiner Verzweiflung vor etwa einem Jahr in der KG- und Reha-Ecke einer Buchhandlung auf folgendes Buch:

Differenziertes Krafttraining mit Schwerpunkt Wirbelsäule
von Axel Gottlob
Urban und Fischer Verlag

Bild

Hier wird zunächst in voller Breite auf sämtliche Grundlagen, derern Kenntnis für ein verantwortungsbewußtes Krafttraining unentbehrlich sind, eingegangen; anschließend werden die wichtigesten Übungen und Geräte für das Training der Rumpfmuskulatur ausführlich vorgestellt.

Mit dem Wissen aus diesem Buch gefüttert und in dem eisernen Willen meine Situation zu verbessern habe ich dann letzten August in einem ganz normalen Fitness-Studio "auf eigene Faust" zu trainieren begonnen und - soweit ich das beurteilen kann - meine Haltung hat sich erheblich verbessert und meine WS ist viel, viel beweglicher geworden.

Ich denke, dieses Buch kann hier jedem helfen sich sein eigenes Rücken-Trainingsprogramm zusammen zu stellen oder sein vorhandenes Programm zu überprüfen und zu ergänzen (Hinweis: Ich bin, was die Auswahl der Übungen und das Zusammenstellen meines Trainingsprogramms angeht, insbesondere von den Übersichten Tab. D-9, S. 196 und Tab. D-11, S. 201 ausgegangen).

Für jeden, der wirbelsäulenbezogene Trainingsliteratur sucht kann ich o.g. Buch daher uneingeschränkt empfehlen.

- Bei meiner Internet-Recherche bin ich übrigens auf eine neuere Dissertation der FU Berlin gestoßen mit dem Titel "Prävalenz des M.Scheuermann in Europa". Ich habe zwar nicht den Eindruck, daß da viel neues drin steht, aber einiges, was man über M. Scheuermann wissen kann oder muss oder will ist hier schön zusammengefasst. Mich hat besonders interessiert der Abschnitt "Radiologische Zeichen des M. Scheuermann" (ab S. 10), in dem die WS-Veränderungen erklärt werden(mit Röntgenbild-Material: schön anschaulich), die bei M. Scheuermann auftreten. Mir hat das jedenfalls geholfen, zu verstehen, was die Krankheit in meinem Körper angerichtet hat, da mir das bisher keiner erlärt hat. Link:

http://darwin.inf.fu-berlin.de/2002/49/

- Nachdem ich vor einigen Tagen auf dieses Forum gestoßen bin (Begeisterungs-Sturm), bin ich nun vom Korsett-Fieber dahingerafft worden; bei mir hieß es damals: Ausgewachsen - nützt nix mehr (ging ja vielen so, wie ich gelesen habe). Nun habe ich die Hoffnung, daß eine Versorgung mit Korsett meine durch das Krafttraining erzielten Erfolge ergänzen kann. Insbesondere gefiele mir natürlich, wenn es tatsächlich stimmte, daß sich manchmal sogar Keilwirbel ganz oder zum Teil zurückbilden!?? Ich habe das hier öfter gelesen, kann das aber nicht wirklich glauben.

- Zum Schluß noch eine Frage, an die, die sich auskennen. In einem kürzlich erhobenen orthopädischen Befund heißt es unter anderem: Schober-Ott 33 cm; FBA 10; RS 1/3 reduziert. Kann mir jemand sagen, was das heißt?

Liebe Grüße an alle
Christian
Spila
treues Mitglied
treues Mitglied
Beiträge: 364
Registriert: Mo, 16.12.2002 - 00:00
Wohnort: St. Gallen und nähe Basel, Schweiz

Beitrag von Spila »

Hallo Christian

Herzlich willkommen im Forum

Deine Frage kann ich leider nicht beantworten.

Die Diss ist aber wirklich interessant (obwohl ich mich ja mit dem Naturraumpotenzial der Südsee befassen sollte, hab ich da kurz reingeschaut!)

Super Fund, Danke!

Das Buch werd ich mir bald möglichst von der Uni Bibliothek ausleihen (die haben das, was bedeutet, dass das wirklich kein schlechtes Buch sein kann).
Zuletzt geändert von Spila am So, 01.06.2003 - 23:29, insgesamt 1-mal geändert.
... that's life, but we've got only one, so let's make the best out of it!
Benutzeravatar
BZebra
Profi
Profi
Beiträge: 4915
Registriert: Mo, 20.05.2002 - 15:06

Beitrag von BZebra »

Hallo Christian,

Vielen Dank erstmal, für den klasse Buchtipp.

Zum Thema Korsett kann ich nur sagen, daß das auf alle Fälle eine super Ergänzung zum Krafttraining ist. Man kann auch Krankengymnastik oder Krafttraining im Korsett machen, ich denke Du kannst Dir vorstellen, um wieviel effektiver das dann noch ist.

Was die Keilwirbel betrifft, kann ich Dir nur das sagen, was ich von unseren beiden Scheuermännern Toni und Gerhard gehört habe:

Um sie wieder zu begradigen, ist es erforderlich das Korsett rund um die Uhr zu tragen, was nur mit einer Tübinger Kyphose Orthese möglich ist.
Das es funktioniert, da bin ich mir eigentlich aus eigener Erfahrung ziemlich sicher.
Ich habe zwar keinen Scheuermann sondern nur eine Skoliose und ursprünglich auch keine Keilwirbel, mittlerweile haben sich aber durch den ständigen einseitigen Druck auf die Wirbelkörper ein paar kleine gebildet. Das ist genau der umgekehrte Effekt. Auf die selbe Weise können sie auch wieder verschwinden.
Keilwirbel verursachen Skoliosen und Skoliosen verursachen Keilwirbel. :juggle:

LG,
BZebra
many4y

sehr guter Beitrag

Beitrag von many4y »

Hallo!
Ich bin 50 Jahre alt und habe urplötzlich den bisher nicht beachteten Scheuermann mit voller Wucht auf sehr schmerzhafte Art zu spüren bekommen. Mein Orthopäde hat mir (was soll man anderes erwarten) keine Besserungschancen in Aussicht gestellt. Ich war jetzt 2 Wochen in einer orthopädischen Klinik, gebracht hat´s nix. Ich werde mir dieses Buch zulegen, mal sehen was daraus wird - Krafttraining (möglicherweise mit Korsett). Ich denke, es ist dafür nie zu spät (ich schlafe vor Schmerzen maximal 2 Stunden).

Beste :juggle: Grüße

Manfred
Benutzeravatar
Toni
Profi
Profi
Beiträge: 4374
Registriert: Sa, 20.04.2002 - 19:07
Geschlecht: männlich
Diagnose: M. Scheuermann Kyphose (urspr. 68°)
M. Baastrup
Therapie: 1 Boston B.O.B.
1 Milwaukee
2 Rahmouni´s
1 TüKO
Und SCHROTHen bis bis die Sprossenwand qualmt und sich die Spiegel krümmen!
Wohnort: Allgäu

Beitrag von Toni »

Hallo Manfred
Willkommen. So gehts uns allen! Der in der Jugend und im Erwachsenenalter vernachlässigte Scheuermann hohlt uns ein. Das büßen wir mit Schmerzen.
Aber leg nicht los mit Deiner Therapie mit irgendeinem Krafttraining und irgendeinem Korsett. Die Unterschiede sind gravierend und die Chance, daß es schiefläuft und du Dich in noch mehr Schmerzen hineintrainierst ist groß! Auch gute Korsette für uns gibts nur extrem wenig gute und wirksame.
1. Beantrage eine SCHROTH-REHA. Zuallererst Schroth lernen. das hat absoluten Vorrang!
2. Nur Korsette, die auch beim Erwachsenen noch eine echte Korrekturwirkung haben sind auch wirklich schmerzbefreiend weil nur solche die ventralen Wirbelkörperanteile wirklich entlasten. Solche Kyphosenkorsette macht nur Rahmouni gut ( zur Zeit extrem heiß!!!) und Nusser&Schaal mit der Tübinger-KO sogar sehr gut.

Gruß Toni
Charlie

Mobilisierung der WS

Beitrag von Charlie »

Hallo Christian,

es interessiert mich, wie Du es geschafft hast, Deine versteifte WS mit Übungen zu mobilisieren.

Grüße, Charlie :rolleyes:
Christian
Newbie
Newbie
Beiträge: 22
Registriert: Sa, 31.05.2003 - 15:52
Wohnort: Stuttgart (Großraum)

Beitrag von Christian »

Hallo Charlie,

ich bin bei der Erstellung meines Trainingsplanes und der Auswahl meiner Übungen von dem hier vorgestellten Buch ausgegangen. Es enthält das nötige Wissen, um nicht blauaügig draufloszutrainieren und stellt insbesondere die für die Stabilisierung der WS zuständigen Muskelgruppen in einzelnen Kapilteln ausführlich vor und bringt anschließend Übungen für die jeweilige Muskelgruppen.

Die Mobilisierung der versteiften WS ist eine langwierige Angelegenheit und geht nicht von heute auf morgen, aber es geht.

Auszugehen ist von der Überlegung, daß der erector spinae der einzige Muskel ist (eigentlich ist es nicht ein Muskel, sondern nur die Sammelbezeichnung für viele kleinere und größere Muskeln, die im Verbund dann das ergeben, was als e.s. bezeichnet wird), der die Aufrichtung aus einer Rundrückenhaltung in eine gerade Körpgerhaltung vollbringt.

Es ist also für die Mobilisierung der versteiften BWS elemantar wichtig diesen Muskel zu stärken, da nur er die Beweglichkeit aktiv herstellen und erhalten kann. Zu Beginn des Trainings des e.s. ist zu bedenken, daß dieser Muskel im Zweifel völlig ungerentwickelt ist, die BWS sowieso generell aufgrund der Fixierung durch den Brustkorb weniger flexibel ist, als die LWS, und daß beim Vorliegen einer Kyphose der Brustkorb zusätzlich deformiert, i.d.R. eingesunken ist, was die Kyphose dadurch zusätzlich fixiert, daß der Brustkorb wenig dehnbar ist. Hiergegen gilt es anzukämpfen. Genauso wichtig wie die Mobilisierung der BWS ist also die Dehnung des Brustkorbes.

Übungen die den e.s. gezielt auftrainieren sind im Buch beschrieben. Ich würde Dir vorschlagen zunächst die Übungen im Stehen ohne Hilfsmittel (es gibt jeweils eine für die lumbalen und thorakalen Anteile des e.s.) zu machen, später evtl. mit Langhantelstange auf den Schultern um das Gewicht zu steigern und dann nach einem Fitnesstudio Ausschau zu halten, das eine e.s.-Maschine hat (Übungen sind auch im Buch beschrieben), bei der sich die Drehachse verstellen läßt, da die "normalen" e.s.-Maschinen das nicht können. Für das Training der thorakalen Anteile des e.s. ist das aber wichtig.

Für die Übungen zu Hause brauchst Du unbedingt zwei große Spiegel, die Du so aufstellst, daß Du Deinen Rücken gut sehen kannst, damit Du kontrollieren kannst, ob Du die Übungen richtig ausführst. Mit der Zeit kommt dann das Gefühl für den e.s. und seine einzelnen Anteile, so daß Du die Fähigkeit bekommst auch ohne Spiegel und im Alltag die Mobilisierung aktiv durchzufühern und zu erhalten.

Alternativ kannst Du auch mit PartnerIn, der/die dich kontrolliert trainieren.

Das Training sollte sich natürlich nicht ausschließlich auf den e.s. beschränken; der thorakale Anteil des e.s. hat aber bei mir die höchste Prioritätsstufe. Zusätzlich sollten grds. alle die WS stabilisierenden Muskelgruppen gestärkt werden; in der Intensität jedoch abhängig von der vorliegenden WS-Verkrümmung (siehe die angegebenen Tabellen im Buch), so daß grds. die der Verkrümmung entgegenwirkenden Muskelgruppen überproportional gegenüber denjenigen, die die Verkrümmung verstärken, an Kraft zulegen. Zu Beginn meines Trainings habe ich eine Zeit lang sogar ausschließlich erstere trainiert um absichtlich der Krümmung entgegenwirkende muskuläre Dysbalancen zu erreichen.

Nicht verschweigen möchte ich, daß bei diesem "Mobilisierungs-Training" zeitweise starke Schmerzen im Bereich der BWS auftreten können, i.d.R. am Tag nach dem Training. Entgegen dem Rest der Welt (Ärzte, Forums-Mitglieder, Familie, Freunde und Bekannte) halte ich das aber nicht für ein schlechtes Zeichen oder werte das gar als Hinweis für falsches Training. Im Gegenteil glaube ich an die "guten" Schmerzen als Zeichen, daß ich meiner WS wieder ein paar Millimeter Streckung abgerungen habe.

Ähnlich Gottlob:

"Beim Einsatz von Krafttraining für chronische Rückenpatienten stellte man fest, dass in den ersten vier Wochen das Krafttrainingseinsatzes die Patienten über vermehrte Schmerzen im Rückenbereich klagten! Trotz der temporären Schmerzzunahme wurde das Training weiterhin durchgeführt. Die vermehrt empfundenen Schmerzen klangen ab, und nach 12 Wochen waren viele der chronischen Rückenpatienten trotz eines meist mehrjährigen schmerzhaften Beschwerdeverlaufs schmerzfrei! ... Offensichtlich handelt es sich bei der anfänglichen Schmerzzunahme um keinen schädigungsbedingten Schmerz, sondern um einem Bewegungsschmerz, dessen Ursprung u.a. möglicherweise Gewebsverklebungen und Einsteifungen zugeordnet werden muss." (Gottlob, S. 137)

"Entsprechend dramatisch sind die Erfolge für Rückenpatienten mittels zielgerichtetem Krafttraining. ... Interessanterweise klagten nach einem Monat mehrere Patienten der Krafttrainingsgruppe über erhöhte Schmerzen, die dann jedoch im weiteren Verlauf verschwanden. Hier handelte es sich vermutlich um Bewegungsschmerzen, die von Muskelverklebungen und Einsteifungen herrühren ... Am Ende konnen 62 % nahezu schmerzfrei das Programm verlassen; 80 % empfanden eine Verbesserung ihres körperlichen Befindens!
..., dass bei Patienten mit Morbus Scheuermann die Beschwerden umso geringer waren, je stärker die Rumpfmuskulatur entwickelt war. ...
Es drängt sich die Vermutung auf, dass diejenigen Patienten, welche die größten Verbesserungen der muskulären Parameter erzeilen, die ausgeprägtesten Verbesserungen des Beschwerdebildes aufweisen. Natürlich gilt es insbesondere bei den diagnostizierbaren Beschwerdebildern entsprechende spezifische Krafttrainingskonsequenzen zu ziehen." (Gottlob, S. 202f.)

Was die entsprechenden "spezifischen Krafttrainingskonsequenzen" für einen Scheuermann-Kyphotiker sind, ist nicht leicht zu sagen. Ich habe das für mich so gelöst, daß ich auf meinen Körper höre: Was ihm gut tut, wird gemacht, was nicht, wird gelassen. No matter, what they say.

Im übrigen wurde durch den Vergleich von älteren mit aktuellen Röntgenbildern nun festgestellt, daß sich mein Kyphosewinkel um 10 Grad verbessert hat. Außer meinem Krafttraining habe ich bisher jedoch nichts gemacht. Noch Fragen?!

Liebe Grüße
Christian

PS.: Um sich ein bisschen mit Krafttraining an sich vertraut zu machen kann es auch nicht schaden, sich mal eine Bodybuilding-Zeitschrift am Kiosk mitzunehmen.
Bernd
treues Mitglied
treues Mitglied
Beiträge: 259
Registriert: Fr, 27.02.2004 - 18:08
Geschlecht: männlich
Wohnort: Stuttgart

Krafttraining bringt einiges bei Wirbelsäulenproblemen

Beitrag von Bernd »

Hallo Christian,

ich kann Deine Erfahrungen mit dem Krafttraining nur bestätigen.
Ich (m, 36) habe meine Skoliose auch lange vernachlässigt.
Deshalb habe ich seit Mitte letzten Jahres Probleme im LWS-Bereich.
Mit viel viel Kieser Training (jeden 2. Tag seit Anfang Dezember) bekomme ich meine Schmerzen immer besser in den Griff. (Ursache Wirbelgleiten
am LWK 5)

Kieser gibts übrigends 2x in Stuttgart, währe vielleicht auch ein Thema
für Dich.

Gruss, Bernd.
Chaney
treues Mitglied
treues Mitglied
Beiträge: 376
Registriert: Di, 20.01.2004 - 19:43
Wohnort: Darmstadt

Beitrag von Chaney »

Hallo,
Christian hat geschrieben: PS.: Um sich ein bisschen mit Krafttraining an sich vertraut zu machen kann es auch nicht schaden, sich mal eine Bodybuilding-Zeitschrift am Kiosk mitzunehmen.
DIe FitForFun hat übrigens grad wieder mit einer Serie zum Muskelaufbau angefangen, die es auch im Internet zum Abrufen gibt. Evtl. wird da ein bißchen übertrieben, was die Optik angeht, aber was soll's? ;)

http://fitforfun.msn.de/fitness/bauchworkout

Viele Grüße
Anne
(die inzwischen ihre tägliche Schroth-Gymnastik dem Krafttraining im Studio vorzieht, sich demnächst auch ein Trainingsbuch zulegen wird und dann vielleicht auch eine Rezension schreibt)
Antworten