Morbus Scheuermann - Angst vor einem "Hexenbuckel"!

Infos zu weiteren WS-Deformitäten, die mit Skoliose zusammen oder alleine auftreten
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Lalelu
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Morbus Scheuermann - Angst vor einem "Hexenbuckel"!

Beitrag von Lalelu »

Hallo, liebe LeidensgenossInnen!

Kurz zu meiner Geschichte:
Mir wurde vor ca. 18 Jahren die Diagnose Morbus Scheuermann gestellt. Anscheinend hatte ich zu dem Zeitpunkt nicht den richtigen Arzt an meiner Seite. Er sagte mir nur: „Gerade halten!“ und verschrieb mir 10 Sitzungen Krankengymnastik, die mir nicht wirklich weiterhalf. Da meine Eltern damals auch nicht den Ernst der Lage nicht erkannten, begnügte ich mich damit und unternahm nichts Weiteres. Natürlich habe ich immer unter meinen unschönen Rundrücken gelitten. Aber da ich durch viele Sachen und Stress abgelenkt war, ignorierte ich mehr oder weniger mein Problem. Nun bin ich mittlerweile 36 J. alt und leide zunehmend unter den Beschwerden (ständige Verspannungen). Außerdem hatte mir letztlich mein Freund etwas Angst gemacht, als er mit der Hand über meinen Rücken ging: In Höhe der Brustwirbelsäule scheint nämlich die Wirbelsäule „herauszukommen“, ich weiß nicht, wie ich es anders beschreiben soll und hoffe, Ihr versteht, was ich meine. Nun habe ich natürlich große Sorge, dass sich mein Zustand verschlechtern wird und totalen Schiss, im Alter einen so genannten „Hexenbuckel“ zu bekommen. Abgesehen von den Schmerzen, die – ohne Behandlung – schlimmer werden können.
Habe erstmal einen Termin bei einem neuen Orthopäden gemacht (in 4 Wochen kann ich hin) und hoffe, dass er mir irgendwie helfen kann. Auch habe ich 11 Kilo abgenommen, da jedes Kilo den Rücken zusätzlich belastet. Dann habe ich in den letzten Wochen im Internet nach Infos recherchiert: Stichwort OP: Eine OP wird ja nur in extremen Fällen gemacht (ich kenne meinen Kyphosewinkel nicht), aber so ein Extremfall bin ich wohl nicht und hätte auch zu große Angst vor einem Eingriff. Dann habe ich von der Schroththerapie viel Gutes gehört – leider gibt es in Nähe meines Wohnortes keine Schroththerapeuten. Blieben nur noch Krafttraining und/oder ein Korsett.
Ich habe gelesen, dass man so ein Korsett 20 Stunden am Tag tragen müsste – das würde ich in Kauf nehmen, wenn ich wüsste, dass es hilft. Glaubt Ihr, der Orthopäde kann mir (trotz meines „hohen“ Alters) noch eins verschreiben? Und wie ist das mit Krafttraining? Reicht da ein normales Fitnessstudio aus oder muss es ein spezielles sein??

Zu meinen weiteren Selbsthilfeaktionen: Ich versuche oft, im Alltag mich gerade zu halten, was allerdings sehr anstrengend und schmerzhaft ist, besonders im Sitzen.

Was kann ich noch tun? Ich hoffe, da gibt es noch was….

Lieben dank.
Ricky
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Re: Morbus Scheuermann - Angst vor einem "Hexenbuckel"!

Beitrag von Ricky »

Hallo,
willkommen im Club :-)

Weißt du zufällig, ob der Orthopäde ein Röntgengerät hat, mit dem er ganze Bilder von Deiner Wirbelsäule machen kann?
Die wären zum Ausmessen dringend angeraten. Einmal von Vorne, um eine eventuelle Skoliose zu erkennen und einmal von der Seite, wegen einer Hyperkyphose ( Rundrücken)
Falls dieser Arzt kein solches Röntgengerät hat, würde ich Dir dringend empfehlen zu einem anderen zu gehen, denn von der Schwere der Verkrümmung hängt auch die darauf folgende Therapie ab.

Korsett tragen manche, auch im hohen Alter, meist wegen den Schmerzen, aber es kann wohl auch noch korrigieren - aber da gibt es wohl verschiedene Meinungen dazu.

Hier gibt es ein Unterforum, bei dem Du mal nach einem Orthopäden schauen kannst, der sich auskennt.

Lieben Gruß
Ricky
Sylvia
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Re: Morbus Scheuermann - Angst vor einem "Hexenbuckel"!

Beitrag von Sylvia »

Hallo Lalelu,

Herzlich Willkommen hier im :forum: .

Gruß Sylvia
Lalelu
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Re: Morbus Scheuermann - Angst vor einem "Hexenbuckel"!

Beitrag von Lalelu »

Danke sehr. Gut, dass es so eine Hilfsplattform gibt. :)
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Kypho60
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Re: Morbus Scheuermann - Angst vor einem "Hexenbuckel"!

Beitrag von Kypho60 »

Hallo lalelu,
der Hexenbuckel oder manchmal auc Witwenbuckel genannt, ist oft eine Folge von Osteoporose, bei der Wirbelkörper keilförmig einbrechen.
Wenn Du Scheuermann hattest, bei dem auch Keilwirbel zum Krankheitsbild gehören, kann das evtl. den selben äußeren Effekt haben.

Der große Unterschied von Scheuermann zu Osteoporose besteht aber darin, dass sich bei Sch. die Keilwirbel in der Jugend bilden und danach die Knochen relativ stabiel bleiben (die Krümmung der Wirbelsäule kann sich aber im laufe vieler Jahre noch erhöhen, obwohl die Wirbelkörper sich nicht mehr großartig durch den abgelaufenen Scheuermann verformen können).
Bei Osteoporose dagegen wird die Knochenstruktur immer schwächer und (meist in älteren Jahren) kann es dann zu Wirbelkörpereinbrüchen kommen, die äußerlich einem Scheuermann-Wirbel nicht ganz unähnlich sind.

LG
Kypho 60
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Klaus
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Re: Morbus Scheuermann - Angst vor einem "Hexenbuckel"!

Beitrag von Klaus »

Lalelu hat geschrieben:Gut, dass es so eine Hilfsplattform gibt. :)
Das heißt auch, dass es hier konkrete Tipps gibt, die zunächst mal unverständlich erscheinen können.
Habe erstmal einen Termin bei einem neuen Orthopäden gemacht (in 4 Wochen kann ich hin) und hoffe, dass er mir irgendwie helfen kann.
Bei Hyperkyphose (Rundrücken) und Skoliose sind die meisten Orthopäden leider inkompetent, das zeigen hier fast täglich die entsprechenden Erfahrungsberichte. Und möglicherweise hast Du auch noch ein Hohlkreuz (Hyperlordose), das keinesfalls vergessen werden kann, sowie eine geringe begleitende Skoliose, die meistens nicht das Problem ist.
Ricky hat geschrieben:Weißt du zufällig, ob der Orthopäde ein Röntgengerät hat, mit dem er ganze Bilder von Deiner Wirbelsäule machen kann?
Die wären zum Ausmessen dringend angeraten. Einmal von Vorne, um eine eventuelle Skoliose zu erkennen und einmal von der Seite, wegen einer Hyperkyphose (Rundrücken)
Das ist zwar eine Bedingung für eine konkrete und kompetente Diagnose, aber keine Garantie, dass das auch passiert. Und erst recht nicht, dass dann auch die richtige Behandlung eingeleitet wird!

Ich würde Dir raten, gleich einen Spezialisten aufzusuchen. s.a. Rubrik Gesucht/Gefunden und da insbesondere "Überregionale Sprechstunden" !
Lalelu hat geschrieben:Ich habe gelesen, dass man so ein Korsett 20 Stunden am Tag tragen müsste – das würde ich in Kauf nehmen, wenn ich wüsste, dass es hilft. Glaubt Ihr, der Orthopäde kann mir (trotz meines „hohen“ Alters) noch eins verschreiben?
Mit 36 Jahren wird Dir mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nur Dr. Hoffmann in Stuttgart ein korrigierendes Korsett verordnen!
Und wie ist das mit Krafttraining? Reicht da ein normales Fitnessstudio aus oder muss es ein spezielles sein??
Krafttraining ist zwar eine gute zusätzliche Möglichkeit beim Rundrücken, aber das kann man nur machen, wenn man dass richtige individuelle Körpergefühl einsetzt. Das erlernt am besten in einer stationären Schroth REHA. Dann reicht auch ein normales Fitness Studio, dass allerdings bezüglich Rückentraining gut ausgestattet sein sollte. Die Trainer sind dabei Nebensache, die sollten bestenfalls auf grundsätzliche Fehler hinweisen. Bezüglicher Deiner Situation musst Du sozusagen Deine eigene Kompetenz entwickeln.

Gruss
Klaus
Lalelu
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Re: Morbus Scheuermann - Angst vor einem "Hexenbuckel"!

Beitrag von Lalelu »

Oh, gleich so viele Antworten! Das ist ja nett von Euch. Danke Euch allen! :)
An Ricky: Ich weiß nicht, ob der Orthopäde solch ein Röntgengerät besitzt, kann aber dort mal nachfragen.

An Kypho: Danke für die Aufklärung: Das erleichtert mich nun ein wenig, dass der schlimme "Witwenbuckel" ursächlich von Osteoporose kommt. Aber auch da möchte ich mich nicht in Sicherheit wiegen. Ich habe letztlich eine Knochendichtemessung vorgenommen, um meinen "Ist-Zustand" zu checken. Resultat: Es ist alles in Ordnung, könnte aber noch viel besser sein. D.h. für mich: Meine Ernährung noch mehr zu optimieren und mit Sport anfangen. Ich möchte nun alles tun, um im Alter keine (oder vermeidbare) Probleme zu bekommen.

Klaus:
Ja, das mit den inkompetenten Orthopäden habe ich schon oft feststellen müssen. Das versteh ich einfach nicht, denn es sind doch Fachleute und müssten bei Krankheiten, die nicht gerade selten sind, zielsichere Diagnosen stellen UND die richtigen Therapien verordnen.
Aber ich werd dann mal schauen, was es für Spezialisten gibt.
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Re: Morbus Scheuermann - Angst vor einem "Hexenbuckel"!

Beitrag von Toni »

Hallo Lalelu
Herzlich Willkommen!

Hexenbuckel, Witwen-Buckel, Lehrlingsbuckel, Schneider-Buckel, Dichterbuckel sind Volksmund-Krankheitsbegriffe!

Der Hexenbuckel ( so wie er in den Original-Illustrationen der Gebr. Grimm´schen Märchenbücher dargestellt ist) ist eigentlich der Rippenbuckel ( in Schroth-Terminologie: Paket) einer Rotations-Skoliose!
In den klassischen Hexendarstellungen der deutschen Romantik hat die Hexe einen Raben oder einen schwarzen Kater oben auf dem "Paket" hocken. Das lag daran, daß sich im Mittelalter junge Frauen, die an Skoliose erkrankten in den damaligen Urwäldern vor der "Heiligen Inquisition" verstecken mussten und (wenn überhaupt) ein armseliges Leben als "Kräuterweiblein" gefristet haben. Mache davon haben sich intensiv mit Tieren angefreundet, da sie von der "menschlichen" Gesellschaft als abartig und mit dem Teufel im Bunde verstoßen wurden. Unendlich viele Skoliose-Patienten sind noch vor wenigen Jahrhunderten nach grauenhafter Folter auf dem Scheiterhaufen geendet. Soviel zum "Hexenbuckel". Aber einige den Hexenwahn überlebende Skoliose-Frauen wurden kräuter- und heilkundige Heilpraktikerinnen und als solche von der "Kirche" besonders verfolgt. Aus solchen Frauen entstanden die Hexen-Märchen.

Der sogenannte "Witwenbuckel" ist wie bereits erklärt durch eine Entkalkung der Knochen verursacht, was bei Frauen ( und teilweise auch bei Männern!) hormonbedingt ab Beginn der Menopause "Wechseljahre" mehr oder weniger stark und mehr oder weniger früh auftritt. Im schlimmsten Fall führt Osteoporose ähnlich wie schwerer M. Scheuermann zu Wirbelkörpereinbrüchen, zu Keilwirbeln und "Fisch-Wirbelkörpern" was alles zu einer verstärketen Kyphoisierung der Brustwirbelsäule führt. Der Buckel oder Rundrücken wird dann immer stärker. Leider verursachen auch mehrere Medikamente ( z.B. Cortison) und andere Krankheiten eine Osteoporose, so daß nicht nur ältere Menschen von Osteoporose betroffen sind!

"Lehrlingsbuckel" (neudeutsch: AZUBI-Haltungs-Schaden) ist der Eigentliche Morbus Scheuermann, weil im Gegensatz zu Skoliose überwiegend Jungs im Alter von 14 bis 18 von M. Scheuermann betroffen sind. ich schätze aber inzwischen den Anteil der "Scheuerfrauen" auf 30 bis 40%.
Da früher die Schneiderlehrlinge im Schneidersitz stark vornübergebeugt auf dem Nähtisch sitzend genäht haben, wurden diese armen Schneiderbuben besonders bucklig!

Leider schließen sich die Osteoporose und der M. Scheuermann nicht gegeseitig aus. Im Gegenteil. Patienten mit durch M. Scheuermann vorgeschädigten Wirbelkörpern sind besonders anfällig auf Kyphoisierung und Wirbelkörpereinbrüche, wenn bei fortschreitendem Alter auch noch Osteoporose hinzukommt. Ab 40 etwa wachsen Menschen rückwärts!
Daher muss eine Scheuermann-WS mit zunehmendem Alter besonders gepflegt und trainiert werden. Dazu halte ich die SCHROTH-Methode für das Beste, was Physiotherapie für uns bieten kann. Auch ein gutes Korsett kann einen hervorragenden Beitrag zur Schmerzbefreiung und zu Verhinderung weiterer Krümmungszunahme und bei entsprechender Compliance ( Schroth und Korsett) zur echten langfristigen Aufrichtung und Haltungsverbesserung leisten.
Der "Dichterbuckel" Spondylitis ankylopoetica" ist eine gefährliche Autoimmunkrankheit des rheumatischen Formenkreises. Das Bilderbuch-Paradebeispiel des armen rheumatisch-buckligen Dichters findest Du in dem Gemälde "Der arme Poet" von Spitzweg.
In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas!
Ricky
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Re: Morbus Scheuermann - Angst vor einem "Hexenbuckel"!

Beitrag von Ricky »

Hey Toni,

dass hat sich gerade richtig interessant gelesen
Danke schön :-)

LG
Ricky
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