Skoliose, Job und Behindertenausweis

Schreibe deinen Erfahrungsbericht zur Skoliose, Schmerzbekämpfung etc. oder tausche Erfahrungen mit Leidensgenossen aus
Alex
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Skoliose, Job und Behindertenausweis

Beitrag von Alex »

Hallo,
ich werde in Kürze mein Studium beenden und derzeit erkundige ich mich nach den Rechten und Pflichten von Schwerbehinderten beim Eintritt in die Arbeitswelt. Ich bin operiert (1986) und hatte bis 2001 einen Schwerbehindertenausweis mit GdB 60. Ich habe ihn mittlerweile zur Verlängerung eingeschickt, weiss also nicht, ob das noch gilt. Hab ihn nie benutzt.

Die Frage, die sich stellt ist: Soll ich von mir aus meinen Arbeitgeber über die Skoliose unterrichten - auch wenn er mich nicht fragt? Dann ist die Gesetzeslage ja klar und ich muss daraufhinweisen (sofern die 60% noch bestehen). Eigentlich fühle ich mich nicht "behindert" und werde einen Job auch ausfüllen können. Allerdings haben Schwerbehinderte ja längere Kündigungsfristen und Extra-Urlaub, was Arbeitgeber von einer Einstellung abhalten könnte.

Hat irgendjemand im Forum gute oder schlechte Erfahrungen gemacht oder hat irgendwelche Tipps?

Danke!
Alex
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BZebra
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Beitrag von BZebra »

Ich habe keine persönlichen Erfahrungen damit, aber es gibt durchaus unterschiede in Bezug auf die Einstellung der Arbeitgeber.

Große Unternehmen müssen ein Mindestsoll an Behinderten einstellen, und dabei kann es ihnen natürlich ganz gelegen kommen, wenn sie einen Behinderten einstellen können, der streng genommen garnicht behindert ist.
Aber das gilt wohl wirklich eher für die großen Mammutunternehmen, die recht sozail sind und in denen der Betriebsrat stark ist, und da würde ich mich evt. auch erkundigen, beim Betriebsrat der entsprechenden Unternehmen, was die zu den Praktiken in ihrer Firma sagen können. Einfach anrufen und durchstellen lassen.

Auf der anderen Seite wechselt man als Berufsanfänger meist öfters den Arbeitgeber, wobei dann so ein Behindertenausweiß vielleicht nicht gerade förderlich ist. Angeben, daß man behindert ist, muss man dann so weit ich weiß schon, wg. veränderten Bedingungen beim Kündigungsschutz und Urlaub.

Gruß,
BZebra
Zuletzt geändert von BZebra am Fr, 06.06.2003 - 23:56, insgesamt 1-mal geändert.
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SteffiH
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Beitrag von SteffiH »

Hallo Alex,

BZebra hat geschrieben:
Große Unternehmen müssen ein Mindestsoll an Behinderten einstellen, und dabei kann es ihnen natürlich ganz gelegen kommen, wenn sie einen Behinderten einstellen können, der streng genommen garnicht behindert ist.
Wenn die aber lesen, daß man Schwerbehindert ist, dann lehnen die auch oftmals ab weil sie Angst haben, daß der/diejenige wegen der Behinderung öfter ausfallen kann. Das sind meine Erfahrungen dazu.

Ich habe dann einen Job im öffentlichen Dienst (Postgiroamt) bekommen. - Das war 1985 -

Warum sollen deine 60% nicht mehr gültig sein?
Meinen Ausweis habe ich vor 2 Jahren neu ausstellen lassen, weil der Alte bereits vollgestempelt war. Der nette Mann vom Amt für soziale Angelegenheiten fragte mich, ob da noch was besser werden kann und ich habe dann wahrheitsgemäß mit nein geantwortet. Daraufhin hat der mir den neuen Ausweis gleich für die Dauer von 16 Jahren ausgestellt.
Ich nutze diesen Ausweis für vergünstigte Eintritte in Schwimmbäder, Ausstellungen, Messen etc.

Meine OP war im Okt. 1982 / Schwerbehindertenausweis habe ich seit März 1983.

LG Steffi
sisp2100
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Beitrag von sisp2100 »

Hallo Alex,

natürlich sind Deine 60% noch gültig es sei denn das Versorgungsamt stellt fest, dass es sich gebessert hat und dann werden die Pozente gekürzt.
Bei der Bwerbung habe ich immer die Erfahrung gemacht, dass wenn ich eine Kopie meines Schwerbehindertenausweises beigelegt habe auch gleich eine Absage bekam.
Viel besser war es immer beim Bewrbungsschreiben nichts zu erwähnen und auch keine Kopie beizulegen dann kam es fast immer zu einem Bwewerbungsgespräch.
Bei einem persönlichen Gespräch ist das gleich anders.
Es ist nicht so so wie BZEBRA sagte, dass Du verpflichtest bist Deine Behinderung anzugeben denn ach eine schwangere ist nicht verpflichtet bei einem Einstellungsgespräch den Arbeitgeber daraufhinzuweisen, dass Sie ei Kind erwartet.
Wann man es dem Arbeitgeber sagt ist natürlich ein gewisses Fingerspitzengefühl.
Ich hoffe Dir damit weitergeholfen zu haben.

Gruß

Simon
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BZebra
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Beitrag von BZebra »

Das wußte ich nicht, daß man das verschweigen darf.

Was mir bei meinen Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz damals aufgefallen ist (allesamt in Pharma-Großkonzerne), daß auf Fragebögen oft die Frage nach einem Behinderten-Grad gestellt wird.
Nun kann ich mir schwer vorstellen, daß man dies tut, um alle Behinderten von vorneeherein auszusortieren, denn es ist ja für Großkonzerne Pflicht, eine gewisse Anzahl von Behinderten einzustellen (?).

Hinzu kommt aber noch, daß vor einer Einstellung immer eine Untersuchung beim Werksarzt ansteht. Einen so schwehrwiegenden Eingriff wie eine Skoliose-OP darf man glaube ich dort nicht verschweigen, dies wäre meine ich ein Kündigungsgrund, es geht ja hier auch um Arbeitsschutz und Versicherungen.

LG,
BZebra
Zuletzt geändert von BZebra am Sa, 07.06.2003 - 13:46, insgesamt 3-mal geändert.
Alex
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Angeben des GdB

Beitrag von Alex »

Soweit ich weiss ist es folgendermassen: Mann muss von sich aus nicht auf eine Behinderung hinweisen. Wird allerdings im Gespräch oder auf dem Personalbogen danach gefragt, muss man wahrheitsgemäß antworten, sonst ist der Arbeitsvertrag ungültig. Anders als bei Schwangerschaft DARF MAN NICHT lügen.

Wird nicht gefragt und weisst man selbst nicht darauf hin, verzichtet man aber auf die "Extrawürste".

Es ist leider so, dass ein behinderter Angestellter, wenn einmal eingestellt, auch später für ein Unternehmen eine echte Kostenfalle werden kann, da der Arbeitgeber verpflichtet ist, z.B. den Arbeitsplatz behindertgerecht zu gestalten (auch im nachhinein, wenn eine Verschlechterung auftritt). Deswegen gehen viele das Risiko nicht ein und zahlen lieber den Ausgleich (kleine Unternehmen müssen das noch nicht mal).

Blöde Sache, das Ganze. Ausser im öffentlichen Dienst sieht es nicht so rosig aus.
sisp2100
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Beitrag von sisp2100 »

Liebe BZEBRA,

nicht ganz Deutschland besteht aus Grosskonzernen wo man von einem Werksarzt untersucht wird.
Etwa 80% der Arbeitnehmer sind in Klein- und Mittelbetrieben beschäftigt.
Natürlich ist man verpflichtet wenn man darauf angesprochen wird den Grad der Behinderung anzugeben aber nicht welche Krankheit ich habe. Der Arbeitgeber hat auch nicht das Recht ein ärztliches Attest bei einer Erkrankung irgend eines Arbeitnehmers zu verlangen. da genügt auch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.
Es liegt immer an einem selbst wie man das am besten mit Fingerspitzengefühl macht.
Es gelten doch nicht andere Bestimmungen für die ärztliche Schweigepflicht bei Behinderten als bei nicht Behinderten. Auch Werksärzte haben sich an die ärztliche Schweigepflicht zu halten.
Bei solchen Untersuchungen geht es lediglich darum, dass die körperliche Eignung für die entsprechende Stelle festgestellt wird.
Man kann schlecht einen Menschen der ein Korsett trägt als Dachdecker einstellen.

Gruss

Simon
wicky
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Beitrag von wicky »

moin moin

mal ne frage. mir wurden letztes jahr 40% bescheinigt.
was heißt das genau? welche vorteile und nachteile hat dies noch?

habt ihr noch infos?

danke gruß wicky
Lady S
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Beitrag von Lady S »

Hallo, soviel ich weiss, hast Du aktuell nicht allzuviel davon, ausser dass Du Dich - falls Dein Arbeitsplatz gefährdet ist - per Antrag einem Schwerbehinderten gleichstellen lassen kannst und damit einen verbesserten Kündigungsschutz geniesst. Ausserdem hast Du vermutlich eine bessere Ausgangsbasis bei einem Verschlechterungsantrag auf 50 oder mehr Grad in der Zukunft.
Schau doch mal in der Stadtbücherei nach Literatur dazu.
Grüße, Lady S
Alex
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Frange an Simon

Beitrag von Alex »

Hallo Simon,

wurdest Du konkret gefragt? Und wie hat der Arbeitgeber reagiert?

Alex
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Beitrag von sisp2100 »

Hallo Alex,

bei mir ist es so. dass man meine Behinderung auch sieht.
Natürlich hat der Arbeitgeber gefragt und ich sagte, dass ich Schwerbehindert sei und ich sagte ihm, dass die Behinderung keinerlei Auswirkungen hätten. Mehr geht ihm auch nicht an.
In den meisten fällen habe ich doch gute Erfahtungen gemacht jedoch gibt es auch abschreckende in denen man allgemein der Meinung ist das sich eine Schwerbehinderung auch geistig auswirkt.
Man muss sich auch nicht wundern, da auch der Staat in manchen Fällen anscheinend dieser Auffassung ist.

Gruß

Simon
Alex
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Arbeitsvertrag

Beitrag von Alex »

Hallo Simon,

darf ich fragen, ob Du einen "normalen" Arbeitsvertrag hast oder die Vergünstigungen wahrnimmst?

Gruss
Alex
sisp2100
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Beitrag von sisp2100 »

Hallo Alex,

was meinst Du mit Vergünstigungen wahrnehmen?

Gruß

Simon
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SteffiH
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Beitrag von SteffiH »

Hi Simon,
mit Vergünstigungen meinte der Alex bestimmt Sachen wie steuerl. Vergünstigungen, ein Paar Tage Urlaub mehr und den verlängerten Kündigungsschutz.

LG Steffi
sisp2100
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Beitrag von sisp2100 »

Hallo

wenn man 50% oder mehr hat dann hat man automatisch díe Vergünstigungen wenn man das so nennen will.

Gruß

Simon
Alex
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Beitrag von Alex »

Hallo Simon,

ja genau, ich meinte den Zusatzurlaub. Ich habe auch andere Foren verfolgt. Dort haben einige Leute mit Ihrer Behinderung hinter dem Berg gehalten, aus Angst, entlassen oder gar nicht erst eingestellt zu werden und haben auf die Ausgleichsleistungen verzichtet.

Gruss
Alex
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sloopy
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Beitrag von sloopy »

Moin Alex,

ich glaube nicht, dass man entlassen werden kann, weil man seine Behinderung bekannt gibt. Mir wurde geraten, mich erst einstellen zu lassen und dann den Behindertenausweis zu beantragen, dann gibt's keine Probleme. Der Vertrag wird geändert und gut is.

Gruß, sloopy
Mein Thread: Mein CCtec (Erwachsenen)korsett und ich

"Bewahre mich vor dem naiven Glauben,es müsse im Leben alles glatt gehen. Schenke mir die nüchterne Erkenntnis, dass Schwierigkeiten, Niederlagen, Misserfolge, Rückschläge eine selbstverständliche Zugabe zum Leben sind, durch die wir wachsen und reifen." (Antoine de Saint-Exupéry)
Alex
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Beitrag von Alex »

Hallo Sloopy,

ich habe das auch schon mal gedanklich mit Freunden durchgespielt. Es kamen Bedenken auf, dass der Chef sich evtl. verar**** fühlen könnte. Man stellt jemanden ein und nach sechs Monaten zückt er seinen Ausweis und bekommt 5 Tage Mehrurlaub sowie 6 Monate Kündigungsfrist. Das ist schon happig.

De facto ist es bei mir so, dass ich im Anschluss ein Praktikum absolvieren werde. Bei dem Einstellungsgespräch wurde nicht nach Behinderungen gefragt - also hab ich auch nix gesagt. Sollte sich nach dem Praktikum etwas ergeben, werde ich aufgrund der Erfahrungen entscheiden, ob ich direkt darauf hinweise oder evtl. erst nach sechs Monaten. Manchmal kriegt man ja mit, wie das Unternehmen so drauf ist und ob auch andere "Behinderte" dort arbeiten.

Gruss
Alex
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Beitrag von sisp2100 »

Hallo Alex,

also entlassen werden kannst Du sicherlich nicht wenn Deine Behinderung später festgestellt wird aber es ist bei einigen Arbeitgebern durchaus möglich, dass Sie Dich bei einer Behinderung erst garnicht einstellen.
Diese Praxis ist nicht unüblich. Leider

Gruß

Simon
Alex
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Beitrag von Alex »

Hallo Simon,

genau das ist die Krux. Ich habe letztens nur die Ergebnisse einer Studie im Internet gelesen, die untersuchte, ob Unternehmen behinderte Praktikanten einstellen. Viele DAX-Unternehmen haben keinerlei Auskünfte gegeben. Einige, z.B. Ford, waren sehr offen.

alex
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