Von 0 auf 42 in 8 Wochen

Fragen und Antworten rund um das Thema Skoliose
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ramade
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Diagnose: Skoliose bei Sohn (geb. 2001) LWS 42, thorakal 23, Kyphose 69

Von 0 auf 42 in 8 Wochen

Beitrag von ramade »

Hallo an alle hier im Forum,
bisher habe ich nur mitgelesen und von Euren Beiträgen profitiert - möchte mich aber etwas aktiver daran beteiligen.

Bis vor etwa 8 Wochen war der Bergriff Skoliose für uns ein Fremdwort. Das hat sich leider mittlerweile geändert.
Durch die ganzen U-Untersuchungen & Co ist unser Sohn ohne jegliche Probleme durchmarschiert und wir hatten Skoliose überhaupt nicht auf dem Radar..
Ich muss da auch immer an den Vergleich zu einer Wanderung in den Bergen decken – bisher waren wir auf einem leicht geschwungenen, soliden Wanderweg am Südhang unterwegs. Das schattige Tal war weit entfernt.

Angefangen hat unsere Skoliose-Reise mit einem Kieferorthopäden-Besuch Ende Januar. Unser 16 jähriger Sohn kam nach Hause und erzählte, dass der Kieferorthopädie bei ihm eine krumme Wirbelsäule festgestellt hat, die bei ihm zu einem Fehlbiss führe. So merkwürdig sich das auch anhörte, nach einem Blick unter das T-Shirt war klar, dass der Kieferorthopäde leider recht hat.
Kurz darauf waren wir dann mit unserem Sohn beim "örtlichen" Orthopäden. Diagnose: Skoliose, Massnahmen: unspezifische KG verschrieben und weiterhin Sport – sonst könne man nichts machen. Um bei dem Bergwandervergleich zu bleiben: Das war der erste Abstieg in Richtung Tal.
Gleichzeitig hatte ich auch schon angefangen mich über Skoliose zu informieren. Dabei bin ich dann auch auf dieses Forum gestoßen und habe sehr viele Informationen sammeln können.
Das war/ist zwar nach wie vor echt nicht leicht für mich zu lange in den Beiträgen zu stöbern, da manche Beiträge echt schwer zu verdauen sind. Aber ich habe mich erst mal im Forum auf die Suche nach einer Orthopäden- und KG-Empfehlung gemacht.
Mit KG-Rezept vom ersten örtlichen Orthopäden konnten wir direkt mit Schroth-Therapie anfangen ( DANKE -für die Schroth-Empfehlung hier im Forum)

Ende Februar hatten wir dann einen Termin bei Dr. Hoffmann in Leonberg (da war übrigens Frau Dr. von Richthofen schon mit ihm in der Sprechstunde).
Leider ging es an diesem Tag recht weit hinab in des dunkle, schattige Tal zum Wasser.
Lumbal 42Grad mit 23Grad thorakalem Gegenschwung, sowie 69Grad Kyphose. Risserzeichen III-IV verspricht noch "etwas" Wachstum.
Viele KG-Rezepte, Orthesenverordung, Reha-Empfehlung Bad Sobernheim und die Aussicht auf "OP in 1-2Jahren wenn sich die Lage nicht bessert" und wir sollen Gas geben um das restliche Wachstum noch zu nutzen .... erst mal ein Mega-Schock.
( DANKE -für die Dr. Hoffmann-Empfehlung hier im Forum. Aber leider keine positive Diagnose)

Wie kann man sowas als Eltern nicht erkennen – wir machen uns Vorwürfe, das nicht früher erkannt zu haben, kramen Rückenbilder vom Urlaub raus - letztes Jahr, Strand – nichts zu erkennen. Kann das wirklich so schnell gekommen sein?? Alles lamentieren hilft nicht.

Also ein paar Tage danach zu Rahmouni zum Gipsen und warten auf's Korsett.
Dazwischen noch zu einem Osteopathen, der auch Orthopäde ist (Termin hatten wir schon ausgemacht bevor wir bei Dr. Hoffmann waren). Dieser sagte: Keinesfalls Korsett – aber sehr viel Sport und regelmäßiges Lösen von Blockaden. Wir alle stehen dieser Empfehlung als alleiniger Behandlung skeptisch gegenüber...aber evtl zusätzlich zum Korsett??

Weiter geht's mit Info sammeln - Skoliose Infotage in Heidelberg (alleine ohne Sohn) – sehr informativ , aber doch sehr "chirurgisch" geprägt. Da will ich gar nicht daran denken ... noch tieferes Tal, Schlucht, Wasserfall und so.

So seit einer Woche hat unser Sohn nun sein Korsett - sehr tiefes Tal.
Er fühlt sich stark eingeengt, es zwickt/schmerzt hier und da, behindert beim Atmen, sitzen fällt schwer und selbst Schuhe binden klappt kaum. An Schlafen mit Korsett ist nicht zu denken. Auch die Wirkung nach "außen" macht ihm sehr zu schaffen, aber den guten Freunden hat er es schon mal gezeigt.
Ok – da muss er sich sicher noch Zeit lassen um sich daran zu gewöhnen und wir versuchen ihn zu unterstützen so gut wir können, aber im Augenblick scheint dieser Weg recht weit zu sein. Jetzt sind noch Schulferien, wie das aber mit Schule, Studienfahrt, ... gehen soll, macht ihm/uns auch noch sehr zu schaffen.

Im Augenblick hoffen wir auf einen leichten Anstieg und dass unser Weg nicht noch weiter in die dunkle, tiefe, kalte Schlucht führt.

Ein paar Fragen:
- Wie seht ihr ergänzende osteopathische Behandlung? Wir wollen unserem Sohn so wenig wie möglich Termine reinlegen ... wenn aber ein positiver "Gegenwert" zu erwarten wäre ?...
- Ein guter Freund hat uns Vitalogie empfohlen. Gibt es da im Forum aktuelle Erfahrungen?
- Hat jemand Erfahrung mit Selbsthilfegruppen in diesem Altersbereich? Keine Ahnung ob das überhaupt für unseren Sohn in Frage kommt, aber ich könnte mir aber vorstellen, dass ein Erfahrungsaustausch unter etwa Gleichaltrigen helfen könnte.

Vielen Dank schon mal vorab
Blocks
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Diagnose: BSV c5/6; c6/7 th 9/10 Hws Steilstellung/Kyphosierung
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Lordose 73Grad, Th links grossbogig 29 Grad
Therapie: Normale KG, ambulante Reha klassische WS-Gym, Schroth, Kypho-Skoliose-Korsett von Rahmouni seit 1.12.2017

Re: Von 0 auf 42 in 8 Wochen

Beitrag von Blocks »

Hallo!

Ja, ich glaube es ist wirklich ein Schock als Eltern sowas zu hören und eigentlich in guten Glauben alles getan zu haben mit U-Vorsorge etc, ich bin selbst Mama und würde ( wenn ich es nicht ähnlich erlebt hätte genauso fassungslos sehen )
Ich habe ebenfalls eine jahrelange „Facharzt“-Behandlung hinter mir, niemand erkannte meine Probleme mit Taubheit, Kribbeln, Bsv etc, alle sagten Sport. Ja, Problem war, ich habe immer Sport gemacht, spielte in der 2. BL Badminton und war als Aerobic und Tanzlehererin während meines Studiums tätig. Und bis zum heutigen Tag sportel ich so rum ( nebenbei sagte Dr Hoffmann zu mir das der Sport mich gerettet hätte, sonst wäre es noch schlimmer, ganz sicher ) und trotzdem reichte es nie zum schmerzfrei leben oder nicht Taube arme, Beine usw zu haben. Meine Option war einzig das Korsett, wenn ich eine op umgehen will. Bitte auf den Rat von Dr Hoffmann hören, ich habe 20 Jahre nach einem fähigen Orthopäden gesucht, der versteht was bei mir los ist. Sie haben mir alle Infiltrationen angeboten, obwohl ich immer sagte es ist irgendwie alles, meinen Unfall erwähnte ( als Kind stumpf auf Kopf vom Klettergerüst gefallen und 3 Wochen Klinik wegen Schädel Hirn Trauma ). Alle sagten Sport und ich übertreibe... Dr Hoffmann sagte man nennt mich Schmerzpatient. Tja, bitte osteopathen osteopathen sein lassen, die sind toll und ich habe da viel Hilfe bekommen, aber bei dem Grundproblem hilft mir grad nur noch das Korsett. Ich kann schmerzen nicht mal mehr auslösen, nutzt das Wachstum und schrothen schrothen schrothen. Alles liebe euch
AthousandColours
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1. Reha Bad Sobernheim März 2016
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Re: Von 0 auf 42 in 8 Wochen

Beitrag von AthousandColours »

Hey,
tut mir Leid für euch, dass das alles so schnell und "unerwartet" kam, aber man gewöhnt sich relativ schnell an die neue Situation.
Macht euch keinen Stress, es ist ganz normal, dass mit Korsett am Anfang alles komisch und mies ist.

Ich war selber eine Zeit lang auch einmal pro Monat beim Osteopathen, hat auch kurzzeitig sehr gut geholfen. Die ganze Art der Behandlung bzw das Umfeld war aber nicht unbedingt meins. Deswegen bin ich zweimal die Woche bei einer Physiotherapeutin (schroth) und davon machen wir einmal die Schrothübungen und das andere mal Massage/Lockerung. Hat für mich insgesamt einen besseren Effekt.
Probierts auf jeden Fall mal aus, aber wenn dein Sohn es nicht mag lasst es lieber.

Ich würde es nicht Selbsthilfegruppe nennen, aber es gibt mehrere WhatsApp Gruppen mit Jugendlichen (wenn ihr da einen Kontakt wollt, sag Bescheid :) )
lg Julia
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Klaus
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Re: Von 0 auf 42 in 8 Wochen

Beitrag von Klaus »

Hallo ramade,
Lumbal 42Grad mit 23Grad thorakalem Gegenschwung, sowie 69Grad Kyphose.
Bei männlichen Skoliose-Patienten ist häufig auch eine Hyperkyphose vorhanden, die leider oft übersehen oder ignoriert wird. Der Normalwert einer BWS Kyphose liegt im Bereich von 25-40 Grad.
Somit handelt es sich bei Deinem Sohn um eine Kyphoskoliose, zumindest was den 42 Grad Bogen angeht. Bei einer Hyperkyphose kann man eine Skoliose bis ca. 20 Grad nämlich als begleitende relativ geringe Skoliose bezeichnen. Dann läge der Fokus auf der Behandlung der Hyperkyphose.
Wie seht ihr ergänzende osteopathische Behandlung?
Wie Blocks und AthousandColours schon angedeutet haben, kann das nur temporär Beschwerden beseitigen, weil es nicht an die Ursache geht, wie z. Bsp. das Korsett.
Ein guter Freund hat uns Vitalogie empfohlen. Gibt es da im Forum aktuelle Erfahrungen?
Bislang wurde nur in 2003 kurz darüber gesprochen, wie die Suchfunktion des Forums sagt. Es ist auf jeden Fall nur eine Ergänzung, genauso wie die Ostheopathie. Ihr solltet Euch nicht verzetteln und erst einmal auf das Korsett und Schroth konzentieren!
- Hat jemand Erfahrung mit Selbsthilfegruppen in diesem Altersbereich? Keine Ahnung ob das überhaupt für unseren Sohn in Frage kommt, aber ich könnte mir aber vorstellen, dass ein Erfahrungsaustausch unter etwa Gleichaltrigen helfen könnte.
Hier wird am meisten davon berichtet, dass bei einer stationären Schroth REHA der Austausch untereinander eine ganz große Hilfe ist! Für Manche scheint es dann ein schwerer Abschied gewesen zu sein. Was hat denn Dr. Hoffmann zur REHA gesagt?
Dazwischen noch zu einem Osteopathen, der auch Orthopäde ist (Termin hatten wir schon ausgemacht bevor wir bei Dr. Hoffmann waren). Dieser sagte: Keinesfalls Korsett – aber sehr viel Sport und regelmäßiges Lösen von Blockaden.
Ihr solltet Euch klar machen, dass jede Form von Muskelaufbau bzw. Muskelpflege in den fehlgestellten Strukturen kontraproduktiv ist!! Entweder zementiert man diese Situation weiter oder man verschlimmert das Ganze sogar.
Die Idee des Ostheopathen ist sicherlich, dass man sowieso nichts mehr machen kann und immer nur temporär Blockaden löst, die durch die fehlgestellten Strukturen (Muskeln, Bänder und Sehnen) aufgrund der ständigen Überlastung auch immer wieder auftreten können.

Es geht hier um einen Muskelumbau, der dann sozusagen als eigenes Muskelkorsett dafür sorgen soll, später möglichst ohne Korsett auszukommen.

Gruß
Klaus
ramade
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Diagnose: Skoliose bei Sohn (geb. 2001) LWS 42, thorakal 23, Kyphose 69

Re: Von 0 auf 42 in 8 Wochen

Beitrag von ramade »

Blocks, Julia, Klaus - Vielen Dank für Eure Antworten!
Es ist gut zu erfahren, dass man nicht nur auf die kurzen Sprechstunden bei den Ärzten angewiesen ist, um sich mit dem Thema Skoliose auseinander zusetzten und Unterstützung bekommt.
Großes Lob an dieses Forum!
Also wenn ich Eure Antworten richtig einordne denke ich, wir sind schon mal auf dem richtigen Weg mit einem guten Arzt (dem hoffentlich eine gute Nachfolgerin folgt!!) , mit Korsett und mit Schroth.
Was hat denn Dr. Hoffmann zur REHA gesagt?
3 Wochen Bad Sobernheim hat Dr. Hoffmann empfohlen. Da sind wir dran. Den Kostenübernahmeantrag haben wir gestellt, mündliche Zusage bekommen und Aufnahme in der Klink ist beantragt. Mal schauen wann wir da was bekommen.
... aber es gibt mehrere WhatsApp Gruppen mit Jugendlichen (wenn ihr da einen Kontakt wollt, sag Bescheid :) )
Danke Dir - das behalten wir mal im Hinterkopf, im Augenblick möchte er es nicht in Anspruch nehmen. Schau mer mal ... Ich denke wenn unser Sohn zur Reha ist und doch andere persönlich kennenlernt, dann ist gar kein Problem mehr.

...und ja ... nicht verzetteln. Ich denke auch, dass wir Ruhe rein bringen müssen. Aber es fällt schon schwer nicht zu versuchen, nach allen evtl. Möglichkeiten zu greifen um nichts unversucht zu lassen. Die Erkenntnis muss sich erst noch bei uns verfestigen, dass wir das Richtigen machen und die bestmögliche Unterstützung bieten.


Nochmals vielen Dank und viele Grüße Euch zusammen..
cbeam
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Therapie: Seit 2012: Schroth KG

Re: Von 0 auf 42 in 8 Wochen

Beitrag von cbeam »

Hallo ramade,

ich kann eure Stimmung ganz gut nachvollziehen. Ich selbst habe ähnliche Gradzahlen wie euer Sohn, nur eine etwas schwächere Kyphose (und bin natürlich deutlich älter). Bei meiner Tochter wurde diese Woche auch eine Skoliose, allerdings noch deutlich schwächer ausgeprägt, festgestellt. Ich war ja vorgewarnt.

Den richtigen Behandlungsweg habt ihr ja beschritten. Der Schlüssel ist sicher das Korsett mit fleißigem Schrothen (Reha unbedingt machen). Sonst soll ein junger Mensch das tun, was ihm Spaß macht. Ich kann mir gut vorstellen, dass ihr noch eine gute Besserung erreicht. Und dann hat euer Sohn gute Karten ein einigermaßen beschwerdefreies Leben zu führen. Ich denke es wäre ein Fehler nun zuviel zu wollen, alles zu optimieren und ihn zu stressen.

Schroth oder ähnliches wird ihn wohl Zeit seines Lebens begleiten. Bei mir war die Krankheit immer der Treiber ein aktives und sportliches Leben zu führen.

Alles Gute!
Claus
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