Korsett oder OP bei 63° und 93°?

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Sarius
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Korsett oder OP bei 63° und 93°?

Beitrag von Sarius »

Hallo,

ich bin grad in Bad Sobernheim, und meine Zimmernachbarin hat 93° und 63° und bekommt trotzdem noch ein Korsett. Nun frägt sie sich, ob das überhaupt noch was bringt und ob sie nicht sowieso operiert werden muss.
Sie ist noch nicht hier angemeldet, aber ich denke, das holt sie bald nach :D

lg, Sarius und Kim (meine Zimmernachbarin)
Wenn du einen Menschen glücklich machen willst,
dann füge nichts zu seinen Reichtümern hinzu,
sondern nimm ihm ein paar von seinen Wünschen.
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Deutschfrau
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Re: Korsett oder OP bei 63° und 93°?

Beitrag von Deutschfrau »

Hallo,

Meine Tochter (14) hat auch eine höhergradige Skoliose.
Für sie kommt im Moment eine OP nicht in Frage, wir waren in 2 Spezialkliniken (Schlierbach und Langensteinbach) und haben uns dort informiert.
Sie hat sich selbst über Fachbücher und Internet mit Ihrer Erkrankung beschäftigt und für sie sind die Risiken einfach zu hoch.
Meine Tochter trägt ihr Korsett mit viel Disziplin und macht viel Sport, außerdem geht sie einmal pro Woche zur KG (eine von Sobi ausgebildete Schroththerapeutin/ macht auch Osteopathie), damit sie die Übungen auch richtig zuhause nachmacht.

Mein Eltern haben sich vor 40 Jahren auch gegen eine OP entschieden, ich habe diese Entscheidung als Teeny oft verflucht. Bei mir ist die Verkrümmung stark sichtbar und ich bin durch die Stauchung auch nur 153 cm. Ich hatte ein Gipsbett (dort Mittel der Wahl) und ein Korsett (nicht vergleichbar mit den heutigen Korsetts, es hat lediglich versucht die Wirbelsäule zu strecken und nicht auszugleichen). Ich weiß aber noch, dass die Eltern der operierten Kinder aus meiner KG-Gruppe einen Heidenangst hatten, dass die Kinder auf die Wirbelsäule fallen könnten und es zu Lähmungen kommen könne. Heute bin ich froh, dass meine Eltern dagegen waren. Ich mache viel Sport,(eben auch Sportarten mit Hinfallgarantie wie Skilaufen und Reiten), lasse mir regelmäßig KG verschreiben und gehe jetzt im Januar nach BaSa.

Jede Operation hat Risiken und eine Wirbelsäulen-OP ist ein sehr schwerer Eingriff und danach ist die Rekonvaleszens-Zeit sehr lange.
Deshalb muss es genau überdacht werden und jeder muss für sich selbst entscheiden, ob man die OP oder eine Korsett/Schrothversorgung vorzieht.
(Es gibt natürlich eindeutige OP-Indikationen, z.B. wenn innere Organe geschädigt werden, etc., aber allein von der Gradzahl ist es kein "Muss-Eingriff")
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Re: Korsett oder OP bei 63° und 93°?

Beitrag von Dolphingirl94 »

Hallo Sarius und Kim,

Eine OP-Empfehlung können wir im Forum natürlich auf keinen Fall aussprechen, wir sind ja nur Laien.

Das Problem bei der Skoliose ist ja nicht, dass die Wirbelsäule einfach Kurven macht. Das Problem ist, dass dadurch Schmerzen und bei sehr großen Kurven Einschränkungen der Organe hervorgerufen werden können. Außerdem steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Kurve immer weiter zunimmt. Besonders im zunehmenden Alter können die Gelenke, Bandscheiben etc. wegen der zusätzlichen "Belastung" verschleißen und Schmerzen werden immer wahrscheinlicher und stärker.

Das Problem ist nur: Die Skoliose gibt es nicht. Es gibt Menschen, die mit vergleichsweise hohen Gradzahlen kaum Schmerzen haben und Menschen, die mit kleinen Kurven sehr starke Schmerzen haben.

Dann kommt es auch auf weitere Faktoren an, wie zum Beispiel die Rotation, die Lotabweichung der Wirbelsäule und die Zunahme der Krümmung.

Solltest du, Kim, wirklich ernsthaft überlegen, dass nur noch eine OP dir helfen kann, dann solltest du vielleicht mit deinem behandelndem Orthopäden (wenn ihr gerade in Sobernheim seid, dann vllt. auch mit Dr. Verres / Dr. Steffan) darüber reden und eventuell einen Beratungstermin bei einem Operateur ausmachen.

LG, Dolphingirl
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Re: Korsett oder OP bei 63° und 93°?

Beitrag von SchwarzeSchnecke »

Hallo,

Wenn Deiner Freundin noch ein Wachstumsschub bevorsteht, kann das Korsett schon sinnvoll sein: Es kann einer Verschlechterung entgegenwirken, bis sie ausgewachsen ist. (Bei einer operierten Wirbelsäule kann der versteifte Teil nicht mehr wachsen.)
Danach kann dann immer noch operiert werden, sofern nicht irgendeine andere Erkrankung dagegen spricht.

VG, Anne
Ausgewachsen und trotzdem korrigierendes Korsett? - Na klar!

Letzter Korsett-Thread: viewtopic.php?t=20971 • Reha in Bad Salzungen: viewtopic.php?f=9&t=10543 • Hypermobilität: viewtopic.php?f=4&t=21414

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Re: Korsett oder OP bei 63° und 93°?

Beitrag von Raven »

Hallo Anne,

dem stimme ich auch zu - hätte auch gerade sowas schreiben wollen wie du :ja: . In einem solchen Fall finde ich, selbst wenn (was ja nicht mal gewiss ist) ziemlich sicher später operiert werden soll, ein Korsett zwischenzeitlich sehr sinnvoll.
@Sarius und Kim
Es gibt zwar auch mitwachsende OP-Systeme; hier müssen jedoch mehrere OPs erfolgen und werden eher für sehr junge Patienten mit hohen Krümmungswerten verwendet.

Viele Grüße,
Raven

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Hallo Deutschfrau,
Mein Eltern haben sich vor 40 Jahren auch gegen eine OP entschieden [...] Ich weiß aber noch, dass die Eltern der operierten Kinder aus meiner KG-Gruppe einen Heidenangst hatten, dass die Kinder auf die Wirbelsäule fallen könnten und es zu Lähmungen kommen könne. Heute bin ich froh, dass meine Eltern dagegen waren. Ich mache viel Sport,(eben auch Sportarten mit Hinfallgarantie wie Skilaufen und Reiten), lasse mir regelmäßig KG verschreiben und gehe jetzt im Januar nach BaSa.
bei der früheren OP-Methoden kann ich mir die sehr große Vorsicht gut vorstellen.
Bei heutigen sind zumeist (!) Stürze bzgl. der Implantate kein schwerwiegendes Problem sofern die OP einige Zeit her ist (ca. ein Jahr für die Verknöcherung); Vorsicht ist dennoch angebracht: Versteifung macht es schwieriger, sich bei Stürzen oder unvorhergesehenen Bewegungen von außen (geschubst werden, Bus ruckelt o.ä.) abzufangen, Implantate können brechen sodass ggf. eine OP erfolgen muss - Lähmungen sind aber sehr selten. Ich gehe mit mir nicht um wie mit einem "rohen Ei", Freizeitbeschäftigungen mit erhöhter Sturzgefahr setze ich mich daher aber auch nicht aus, bin im Winter sehr vorsichtig, das, obwohl meine Implantate (und ich ;)) schon mehrere Autounfälle - Auffahrunfälle seitlich und von hinten, einmal mit Tempo 60 ungebremst gegen starres Hindernis geknallt - unbeschadet überstanden haben.

Jedenfalls: Alles Gute für die Reha :)

Viele Grüße,
Raven
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Deutschfrau
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Re: Korsett oder OP bei 63° und 93°?

Beitrag von Deutschfrau »

Hallo Raven,

Danke für Deine Info und Deine Erfahrungen mit einer operierten Wirbelsäule.

Mir ist wichtig, dass man nicht sagt, so ab dem und dem Grad wird operiert und Schluß aus, wie die Vorredner geschrieben haben, kann das Korsett auch bei höhergradigen Skoliosen was bringen und soweit ich weiß muss man nach der OP auch ein Korsett tragen, wenn auch nicht mehr solange wie bei der konservativen Therapie.

Ich finde gerade den jungeren Menschen muss man deutlich machen, dass man nicht leichtfertig eine solche Operation durchführen lassen sollte. Es ist eben keine Blinddarm-OP, sondern ein sehr schwerwiegender Eingriff und bedarf gründlicher Überlegung und umfassender Information.

Für meine Tochter ist klar, erstmal die konservativen Methoden ausreizen, allerdings ist die OP im Hinterkopf, wenn sich die Verkrümmung stark verschlimmert, starke Schmerzen auftreten oder innere Organe beschädigt oder eingeschränkt wären. Wir sind keine strikten Gegner einer Operation, aber eine Skoliose lässt sich eben nicht einfach so "wegmachen".

Auf jeden Fall finde ich eine umfassende Betreuung notwendig, wir lassen "unsere" Skoliosen durch (mehrere) Orthopäden - zuhause + Kontrolluntersuchungen in Sobi - sowie bei unserer Hausärztin (Innere Medizin) begutachten, wichtig für mich als Mitarbeiterin in einer psychologischen Praxis ist auch eine psychologische Unterstützung. Eben eine ganzheitliche Betrachtung der Erkrankung.
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Re: Korsett oder OP bei 63° und 93°?

Beitrag von Raven »

Hallo Deutschfrau,
Deutschfrau hat geschrieben:Ich finde gerade den jungeren Menschen muss man deutlich machen, dass man nicht leichtfertig eine solche Operation durchführen lassen sollte. Es ist eben keine Blinddarm-OP, sondern ein sehr schwerwiegender Eingriff und bedarf gründlicher Überlegung und umfassender Information.
das finde ich auch ganz wichtig :ja: Da die OP auch im besten Fall mit bleibenden Einschränkungen einher geht, es eben eine schwere OP ist und diese auch nicht rückgängig gemacht werden kann, muss dieser Schritt wohlüberlegt sein.
Deutschfrau hat geschrieben:Auf jeden Fall finde ich eine umfassende Betreuung notwendig, wir lassen "unsere" Skoliosen durch (mehrere) Orthopäden - zuhause + Kontrolluntersuchungen in Sobi - sowie bei unserer Hausärztin (Innere Medizin) begutachten, wichtig für mich als Mitarbeiterin in einer psychologischen Praxis ist auch eine psychologische Unterstützung. Eben eine ganzheitliche Betrachtung der Erkrankung.
Auf die psychologische Betreuung wird heutzutage wert gelegt, was ich als sehr gute Entwicklung empfinde.
Zur Zeit meiner OP (1997), sowie auch davor, als ich ein Korsett trug, war leider nur die körperliche Untersuchung und Behandlung üblich, aber keine psychologische Unterstützung, sodass ich das alles psychisch alleine "wuppen" musste - nicht optimal, kann ich aus eigener Erfahrung sagen.

Viele Grüße,
Raven
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